Aktuelles, Experten, Gastbeiträge - geschrieben von am Freitag, Juli 19, 2013 17:58 - noch keine Kommentare

Datenschutz im Internet und das Wettbewerbsrecht

Oder: Sind Abmahnungen wegen Verstößen gegen das Datenschutzrecht möglich?

Von unserem Gastautor RA Rolf Albrecht

[datensicherheit.de, 18.07.2010] Für den Betrieb von Internetseiten gelten bestimmte datenschutzrechtliche Vorgaben, soweit personenbezogene Daten erhoben werden. So z.B. in einem klassischen Onlineshop. Nicht selten ist es so, dass die entsprechenden Datenschutzerklärungen oder Datenschutzhinweise gar nicht oder unvollständig vorhanden sind. Ob und inwieweit dies wettbewerbswidrig ist oder nicht, ist in der Rechtsprechung bestritten.
Eine aktuelle Entscheidung des Hanseatischen Oberlandesgerichtes Hamburg (Urteil vom 27. Juni 2013, Az.: 3 U 26/12) hat ergeben, dass dieses Gericht zumindest von der Wettbewerbswidrigkeit einer fehlenden Datenschutzerklärung und damit den Erfordernissen des § 13 TMG ausgeht.
Im Rahmen einer wettbewerbsrechtlichen Auseinandersetzung hatte das Gericht die Frage zu klären, ob und inwieweit es wettbewerbswidrig, wenn auf einer Internetseite, auf der personenbezogene Daten erhoben werden, vor Erhebung dieser personenbezogenen Daten nicht in entsprechender allgemein verständlicher Form über Art, Umfang und Zweck der Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten aufgeklärt wird.
Grundlage des Rechtsstreites war die Darstellung einer Internetseite eines Anbieters für Blutzuckermessgeräte. Dieser hatte dort personenbezogene Daten von Interessenten erhoben und diese zu einer Registrierung veranlassen wollen, damit diese entsprechende Geräte zum „kennen lernen“ übermittelt bekommen könnten. Es fehlt jedoch jegliche Datenschutzerklärung.
Hier ist zu berücksichtigen, dass § 13 Abs. 1 Satz 1 TMG zwingend das Erfordernis einer solchen Datenschutzerklärung für Telemedienanbieter, somit auch hier des Internetseitenbetreibers, vorsieht. Für das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg war das Vorgehen des beklagten Anbieters wettbewerbswidrig.

Denn:

Für das Gericht ist § 13 Abs. 1 TMG eine so genannte Marktverhaltensregelung. Solche Marktverhaltensregelungen ermöglichen es, die Nichtdarstellung oder die unvollständige Darstellung als Wettbewerbsverstoß nach § 4 Nr. 11 des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) zu sanktionieren.

Das Gericht sieht hier eine solche Marktverhaltensregelung und begründet dies wie folgt:

 „…Bei dieser Norm handelt es sich nach Auffassung des Senats um eine im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG das Marktverhalten regelnde Norm (a.A. KG GRUR-RR 2012, 19). Diese Vorschrift setzt u.a. Art. 10 der Datenschutzrichtlinie 95/46/EG um, die nicht nur datenbezogene Grundrechte gewährleisten (Erwägungsgrund 1), sondern auch den grenzüberschreitenden Verkehr personenbezogener Daten auf ein einheitliches Schutzniveau heben soll (Erwägungsgründe 6 und 7), weil ein unterschiedliches Schutzniveau ein Hemmnis für die Ausübung von Wirtschaftstätigkeiten auf Gemeinschaftsebene darstellen und den Wettbewerb verfälschen könne (Erwägungsgrund 7 Satz 2)…Entgegen der Auffassung des Kammergerichts (a.a.O.) handelt es sich deshalb bei dem Verstoß gegen § 13 TMG nicht nur um die Mißachtung einer allein überindividuelle Belange des freien Wettbewerbs regelnden Vorschrift. Denn § 13 TMG soll ausweislich der genannten Erwägungsgründe der Datenschutzrichtlinie jedenfalls auch die wettbewerbliche Entfaltung des Mitbewerbers schützen, indem gleiche Wettbewerbsbedingungen geschaffen werden…Angesichts der vorgenannten, der Datenschutzrichtlinie zugrunde liegenden Erwägungen ist darüber hinaus anzunehmen, dass die Aufklärungspflichten auch dem Schutz der Verbraucherinteressen bei der Marktteilnahme, also beim Abschluss von Austauschverträgen über Waren und Dienstleistungen, dienen, indem sie den Verbraucher über die Datenverwendung aufklären und dadurch seine Entscheidungs- und Verhaltensfreiheit beeinflussen ..“

Mit dieser Entscheidung setzt sich das Hanseatische Oberlandesgericht im Gegensatz zu Rechtsansichten der anderen Gerichte. So hatte zum Beispiel das Kammergericht Berlin in einer Entscheidung (Beschluss vom 29. April 2011, Az.: 5 W 88/11) entschieden, dass genau diese Regelungen des § 13 TMG keine Marktverhaltensregelung sei, da keine wettbewerbsbezogene Schutzfunktion vorhanden sei. Im damaligen Rechtsstreit war die Frage zu klären, ob und inwieweit in Datenschutzerklärungen eines Onlineshops darauf hingewiesen werden muss, wenn und soweit der so genannte Like-Button des Sozialen Netzwerkes Facebook genutzt wird, ggf. personenbezogene Daten übermittelt werden.
Da in dem hiesigen Verfahren vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht es sich um ein vorläufiges Rechtsschutzverfahren handelte, ist hier keine grundsätzliche Entscheidung des Bundesgerichtshofes zu erwarten. Mit Spannung darf jedoch erwartet werden, wenn und soweit ein entsprechender Sachverhalt dem höchsten deutschen Zivilgericht vorliegt, wie dieses entscheiden wird.

Praxistipp:

Die Entscheidung des Hanseatischen Oberlandesgericht zeigt einmal mehr, dass so lange keine höchstrichterliche Entscheidung des Bundesgerichtshofes zur Frage der Eigenschaft des § 13 Abs. 1 TMG in Bezug auf mögliche Wettbewerbsverstöße vorliegt, Internetseitenbetreiber und auch E-Commerce-Anbieter darauf achten sollten, vollständige und umfassende Datenschutzerklärungen in ihren Onlineangeboten vorzuhalten und sich die Kenntnisnahme der entsprechenden Internetnutzer nach Möglichkeit auch durch eine so genannte Checkbox bestätigen zu lassen. Ansonsten laufen Sie Gefahr, zumindest auf Grundlage des hier nunmehr vorliegenden Urteils des Hanseatischen Oberlandesgerichtes wegen Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht abgemahnt zu werden.

© Rolf Albrecht

Rolf Albrecht ist in der Kanzlei „volke2.0“ tätig. Als Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz und Fachanwalt für Informationstechnologierecht (IT-Recht) betreut er international und national tätige E-Commerce-Anbieter vor allem in Fragen des Wettbewerbs-und Markenrechts.

Weitere Informationen zum Thema:

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