Japan – datensicherheit.de Informationen zu Datensicherheit und Datenschutz https://www.datensicherheit.de Datensicherheit und Datenschutz im Überblick Thu, 14 Aug 2025 08:12:59 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=5.6.16 Humanoide Roboter: Ergänzung und Erweiterung bestehender Technologien statt deren Ersatz https://www.datensicherheit.de/humanoid-roboter-ergaenzung-erweiterung-technologien-statt-ersatz https://www.datensicherheit.de/humanoid-roboter-ergaenzung-erweiterung-technologien-statt-ersatz#respond Thu, 14 Aug 2025 08:12:15 +0000 https://www.datensicherheit.de/?p=49631 Weltroboterverband IFR veröffentlicht Positionspapier zu Trends, Chancen und möglichen Grenzen humanoider Roboter

[datensicherheit.de, 14.08.2025] Menschenähnliche Roboter gelten offensichtlich als die nächste große Innovation in der Robotik: Der weltweit größte Markt für Industrieroboter, China, hat demnach bereits konkrete Pläne für die Massenproduktion von sogenannten Humanoiden festgelegt. Gleichzeitig kündigten Technologieunternehmen in den USA und Europa große Investitionsvorhaben in diesem Bereich an. Die Vision dabei sei, auf menschlicher Mechanik basierende Allzweckroboter zu entwickeln. Einblicke in Trends, Chancen und mögliche Grenzen humanoider Roboter soll nun das neue Positionspapier der International Federation of Robotics (IFR) bieten.

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Foto: IFR

Weltroboterverband IFR zeigt Trends, Chancen und mögliche Grenzen humanoider Roboter auf

Futuristisch anmutende humanoide Roboter faszinieren…

„Futuristisch anmutende humanoide Roboter, die in unserem Zuhause, in Unternehmen und in der Öffentlichkeit arbeiten, faszinieren die Menschen“, so der IFR-Präsident, Takayuki Ito.

  • Er führt weiter aus: „Da die Welt in der wir leben auf den menschlichen Körper zugeschnitten ist, liegt die Idee eines schnellen, universellen Helfers in der Produktion und bei Dienstleistungen auf der Hand. Ob und wann es aber zu einer massenhaften Nutzung von Humanoiden kommen wird, bleibt ungewiss.“

Nicht zu erwarten sei jedenfalls, dass Humanoide in Zukunft die derzeit auf dem Markt befindlichen Robotertypen ersetzen könnten – stattdessen würden sie bestehende Technologien ergänzen und erweitern.

Einsatz humanoider Roboter – großes Interesse in der Logistik und Fertigung

In den USA arbeiteten Tech-Unternehmen wie NVIDIA, Amazon und Tesla intensiv an KI- und Robotertechnologien. Neben der Finanzierung durch das Militär werde diese Entwicklung auch durch zahlreiche private Investitionen unterstützt. Dies führe zu einer bedeutenden Startup-Szene, welche sich auf humanoide Roboter spezialisiere.

  • Besonders groß sei das Interesse an Humanoiden in Branchen wie der Logistik und in der Fertigung.

Dabei würden humanoide Roboter weniger als soziale Begleiter gesehen, sondern eher als Werkzeuge, die dabei helfen sollten, Produktivität und Effizienz zu steigern. So liege der Schwerpunkt verstärkt auf praktischen Anwendungen und weniger auf der Integration von Robotern in das tägliche soziale Leben.

In China haben humanoide Roboter zentrale Stellung in der nationalen Robotik-Strategie

In China nähmen die Humanoiden eine zentrale Stellung in der nationalen Robotik-Strategie ein. Die Regierung möchte in diesem Technologiebereich Kompetenz und globale Wettbewerbsfähigkeit unter Beweis stellen.

  • Der Einsatzschwerpunkt liege dabei im Dienstleistungssektor, beispielsweise für die Kundenbetreuung.

Die Automatisierung von Produktionslinien in der Fertigung und der Einsatz von Humanoiden, um weniger von menschlichen Arbeitskräften abhängig zu sein, scheine nur auf zweiter Ebene wichtig zu sein. Kernelement der chinesischen Strategie sei der Aufbau einer skalierbaren Lieferkette für Schlüsselkomponenten.

Japan als Pionier der Entwicklung humanoider Roboter

Japan sei ein Pionier in der Entwicklung humanoider Roboter: „Als frühes Beispiel wurde Hondas ,Asimo’ bereits im Oktober 2000 vorgestellt.“ Roboter sehe man in Japan eher als Gefährten, denn als bloße Werkzeuge an.

  • Humanoide Roboter wie „Pepper“ und „Palro“ seien demzufolge in erster Linie als Sozialroboter konzipiert und kämen in Bildungseinrichtungen, Geschäften und Altenpflegeeinrichtungen zum Einsatz.

Diese Ausrichtung spiegele die Nachfrage einer alternden Gesellschaft wider, mit der Japan konfrontiert sei. Ein wichtiger Schwerpunkt der Projekte liege auf Robotern, welche harmonisch mit Menschen zusammenleben könnten und als Teil der Gesellschaft akzeptiert würden. Führende Unternehmen wie Kawasaki entwickelten humanoide Roboter als eine Forschungsplattform.

Europa hat kollaborative Roboter im Fokus

In Europa werde auf die ethischen Implikationen von Robotik und KI besonderes viel Wert gelegt. Im Fokus stünden kollaborative Roboter, welche im industriellen Umfeld mit Menschen zusammenarbeiteten.

  • Kernthemen seien die Verbesserung der Sicherheit und Effizienz und die Nachahmung menschlicher Fähigkeiten. Die Arbeitskraft von Menschen zu kompensieren, stehe dagegen nicht im Fokus. Der Schwerpunkt liege vielmehr auf einem menschenzentrierten Design und den sozialen und gesellschaftlichen Auswirkungen von Robotern.

Die europäischen Unternehmen stünden dem Einsatz von Humanoiden generell eher zurückhaltend gegenüber, „wenn es um die kurz- bis mittelfristigen Automatisierungsaufgaben im Fertigungs- und Dienstleistungssektor geht“.

Derzeitiger Ausblick der IFR zur Bedeutung humanoider Roboter

Dank ihrer menschenähnlichen Geschicklichkeit und Anpassungsfähigkeit sein die Humanoiden prädestiniert, komplexe Aufgaben zu automatisieren, mit denen heutige Roboter durch herkömmliche Programmiermethoden Schwierigkeiten hätten.

„Einen massenhaften Einsatz als universelle Haushaltshelfer dürfte es jedoch kurz- bis mittelfristig nicht geben.“

Weitere Informationen zum Thema:

IFR International Federation of Robotics
About IFR

IFR International Federation of Robotics
Papers – Download

datensicherheit.de, 25.03.2025
Intelligente Produktion: Smarte Roboter erobern die Fabrik​ / Vier Beispiele für das Zusammenspiel von KI und Edge Computing

datensicherheit.de, 25.03.2025
China will 1 Billion Yuan in die Robotik- und Hightech-Industrie investieren / Chinas Volkskongress kündigt Risiko-Kapitalfonds an

datensicherheit.de, 06.08.2020
Schwachstellen erlauben es, Hausroboter auszutricksen / McAfee warnt vor Missbrauch – Cyber-Kriminelle könnten ohne jegliche Authentifizierung Hausroboter übernehmen

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Digitale Olympische Spiele: Erhöhte Anforderungen an IT-Sicherheit https://www.datensicherheit.de/digitale-olympische-spiele-erhoehung-anforderungen-it-sicherheit https://www.datensicherheit.de/digitale-olympische-spiele-erhoehung-anforderungen-it-sicherheit#respond Mon, 26 Jul 2021 13:36:24 +0000 https://www.datensicherheit.de/?p=40455 Chris Harris nimmt Stellung zur wachsenden Abhängigkeit der Abläufe von der IT-Infrastruktur

[datensicherheit.de, 26.07.2021] „Seit den Olympischen Spielen 2004 in Athen ist Cyber-Sicherheit ein immer wichtigeres Thema sowohl für Gastgeberländer als auch das Internationale Olympische Komitee (IOC)“, so Chris Harris, „EMEA Technical Director“ bei Thales. Die wachsende Abhängigkeit der Abläufe von der IT-Infrastruktur habe zu erhöhten Anforderungen an die IT-Sicherheit geführt, um sich auf mögliche Cyber-Attacken vorzubereiten und diese abzuwehren.

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Foto: Thales

Chris Harris: Cybersecurity-Bedrohungen für Olympischen Spiele nicht ohne Präzedenzfall…

Abhängigkeit der Olympischen Spiele von der Technologie verdeutlicht potenzielle Risiken, falls IT-Systeme infiltriert werden

Harris führt aus: „Auch wenn die Olympischen Spiele in Tokio ohne Zuschauer stattfinden werden, nachdem Japan nach einem Anstieg der ,COVID-19‘-Fälle erneut den Notstand ausgerufen hat, sind die Spiele dennoch auf eine Vielzahl modernster digitaler Infrastrukturen angewiesen, wie z.B. KI-gestützte Geräte zur Live-Übersetzung, Technologie zur Gesichtserkennung und das ,Robot Taxi‘ von ZMP, ein fahrerloses Auto.“
Die Abhängigkeit der Olympischen Spiele 2020 in Tokio, pandemie-bedingt erst jetzt stattfindend, von der Technologie verdeutliche die potenziellen Risiken, „für den Fall, dass die IT-Systeme infiltriert werden“. Das Gastgeberland und das Internationale Olympische Komitee müssten sich auf diese Unternehmen, ihr technisches Know-how und ihre digitale Infrastruktur verlassen können.

Japan und IOC haben IT-Sicherheit als überaus wichtigen Faktor identifiziert

Es sei daher nicht verwunderlich, dass Japan und das IOC die Cyber-Sicherheit als einen überaus wichtigen Faktor identifiziert und Pläne angekündigt hätten, in diesen Bereich zu investieren, um eine möglichst cyber-sichere Umgebung für die Spiele zu schaffen. Das IOC weise jedoch darauf hin, dass es die spezifischen Details seines Cyber-Sicherheitsplans nicht offenlegen werde, da Cyber-Kriminelle daraus Informationen schöpfen könnten.
„Cybersecurity-Bedrohungen für die Olympischen Spiele sind nicht ohne Präzedenzfall. Bei den Olympischen Winterspielen 2018 in Pyeongchang gab es bis dato die meisten Angriffe. Russische Hacker führten vor der Eröffnungsfeier Angriffe auf die Netzwerke des Austragungsorts durch, die den Einlass der Zuschauer verlangsamten und Wi-Fi-Netzwerke offline nahmen. Sie manipulierten auch Teile der TV-Übertragung“, so Harris.

Ergänzend zur physischen Sicherheit gewinnt IT-Sicherheit an Bedeutung

In der Vergangenheit habe der Schwerpunkt bei den Olympischen Spielen auf der physischen Sicherheit des Ereignisses gelegen. „Da jedoch heute das virtuelle Publikum in unserer immer stärker vernetzten Welt wächst, muss die Cyber-Sicherheit in den Mittelpunkt gerückt werden, um sicherzustellen, dass eine derartige Großveranstaltung ohne Unterbrechungen oder Sicherheitsrisiken durchgeführt werden kann. Wenn Länder aus der ganzen Welt zusammenkommen, werden böswillige Akteure zweifelsfrei versuchen, sich durch kriminelle Vorhaben zu bereichern oder die Gastgebernation auf der internationalen Bühne zu blamieren.“
Tatsächlich unterschieden sich die konkreten Risiken nicht wesentlich von denen, mit denen auch normale Unternehmen im Cyber-Raum konfrontiert seien, „aber die Verlockung einer solch großen und sichtbaren Bühne und eines hochkarätigen Ziels bedeutet, dass das Ausmaß und die Menge dieser Angriffe weit über das hinausgehen, womit andere Organisationen normalerweise konfrontiert werden“. Die RAND Corporation habe eine Studie veröffentlicht, die die Arten von Bedrohungen aufzeige, denen Tokio ausgesetzt sei, darunter:

  • Gezielte Angriffe, die sich gegen hochrangige olympische Einrichtungen, Personen oder Organisationen richten.
  • Distributed-Denial-of-Service-Angriffe (DDoS) gegen die Infrastruktur von Tokio 2021 oder zugehörige Netzwerke.
  • Ransomware-Angriffe, die eine Vielzahl von Geräten, Diensten und die zugrunde liegende Infrastruktur zur Unterstützung der Olympischen Spiele Tokio 2020 betreffen könnten.
  • Cyber-Propaganda oder Fehlinformationen zur Schädigung des Rufs von Einzelpersonen, Sponsoren-Organisationen oder der Gastgebernation.

Derselben Studie zufolge seien die wahrscheinlichsten Bedrohungsakteure ausländische Geheimdienste, Cyber-Terroristen, Cyber-Kriminelle, „Hacktivisten“ oder böswillige Insider.

IT-Sicherheit mitgedacht: umfangreiche Vorbereitungen in Tokio

Um diesem Ausmaß an Bedrohungen zu begegnen, sei eine solide Planung unerlässlich. Japan habe seit 2015 mit den Vorbereitungen für die Olympischen Spiele begonnen und Partnerschaften mit internationalen und nationalen Organisationen und Behörden geschlossen. „So wurde beispielsweise eine Partnerschaft mit dem U.S. Department of Homeland Security, dem NIST und einem israelischen Stromversorger geschlossen, um Cyber-Sicherheitsbedrohungen für Kritische Infrastrukturen während der Olympischen Spiele zu bewältigen“, berichtet Harris.
Noch wichtiger sei, dass alle führenden japanischen Unternehmen, welche die Olympischen Spiele unterstützen, das „NIST Cybersecurity Framework“ angepasst hätten, um ihre Bereitschaft und Reaktion auf das weltweit akzeptierte Rahmenwerk abzustimmen. Das Gastgeberland habe außerdem vor Kurzem erst Erfahrungen bei der Organisation eines Großevents sammeln können – so sei Japan Gastgeber der Rugby-Weltmeisterschaft 2019 gewesen, einer weiteren großen internationalen Sportveranstaltung, welche als Probelauf für Tokio 2021 gedient habe.

Sogenannte Ethical Hacker ausgebildet, um Mangel an IT-Sicherheitsexperten auszugleichen

Harris kommentiert: „Dies war eine einmalige Gelegenheit für das Land, vor den Olympischen Spielen einen Meilenstein zu setzen, um seine Bereitschaft und Fähigkeiten zur Reaktion auf Vorfälle im Voraus zu testen. Schließlich zeigte eine Überprüfung der japanischen Cyber-Sicherheitsstrategie für Tokio 2021, dass das Land nur über eine begrenzte Anzahl von Cyber-Sicherheitsexperten verfügt, da lediglich 28 Prozent der IT-Fachleute im Land arbeiten.“
Um dieses Problem zu lösen, habe Japan 220 „Ethical Hacker“ ausgebildet, in der Hoffnung, ein besser auf Cyber-Attacken vorbereitetes Tokio 2021 zu schaffen. Derselbe Bericht komme zu dem Schluss, dass es von äußerster Wichtigkeit sei, nicht nur die mit Tokio 2021 zusammenhängende Infrastruktur wie Strom, Transport und Veranstaltungsorte zu sichern, sondern auch die IT-Umgebung für die Remote-Arbeit.

IT-Sicherheit – ein Marathonlauf im Sprinttempo

Der Faktor Verschlüsselung werde eine übergeordnete Rolle beim Schutz der Informationen spielen, welche für den erfolgreichen und sicheren Betrieb der Spiele entscheidend seien. Netzwerke sollten verschlüsselt werden, „so dass alle erfassten Daten unlesbar sind“. Die Prinzipien von „Zero Trust“ müssten angewendet werden, „um sicherzustellen, dass Personen und Geräte innerhalb des internen Netzwerks authentifiziert sind und nur Zugriff auf die benötigten Ressourcen erhalten“. Jeder Server, jeder Datenspeicher, jedes IoT-Gerät, das z.B. die Bewegung von Fahrzeugen oder Sendungen verfolgt oder Videos aufnimmt, sollte verschlüsselte Informationen an vertrauenswürdige Stellen übermitteln und nur mit den Servern und Diensten kommunizieren können, „die für den Betrieb notwendig sind“.
Harris betont abschließend: „Und schließlich ist es angesichts der zunehmenden Ransomware-Angriffe wichtig, sicherzustellen, dass kritische Systeme und Netzwerke getrennt sind, und weiterhin zu gewährleisten, dass Backups und Berechtigungskontrollen auf Prozessebene vorhanden sind, um die Bedrohung der Kernsysteme zu begrenzen.“

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Japan: Die Zeichen an der Wand und die absurde Informationspolitik https://www.datensicherheit.de/japan-die-zeichen-an-der-wand-und-die-absurde-informationspolitik https://www.datensicherheit.de/japan-die-zeichen-an-der-wand-und-die-absurde-informationspolitik#respond Thu, 17 Mar 2011 22:23:48 +0000 http://www.datensicherheit.de/?p=14831 Herausgeber Dirk Pinnow zum Umgang mit Höherer Gewalt und den von Menschen zu verantwortenden Folgen

[datensicherheit.de, 17.03.2011] Blickt man sich dieser Tage in den deutschen und internationalen Medien in der Erwartung um, wenigstens ansatzweise ein klares Gesamtbild der gegenwärtigen katastrophalen Lage in Japan zu erhalten, so wird jedoch eine dissonante Collage angeboten. Fast möchte es scheinen, dass wir es mit zwei oder gar mehr Gemengelagen in voneinander separierten „Parallelwelten“ zu tun haben:
Bei solch fürchterlichen Vorfällen überschlagen sich die Medien sonst immer mit der Meldung der Opferzahlen – ganz so, als würde es um die Abstimmung bei einem Schlagerwettbewerb gehen. Diesmal ist bisher weitgehende Zurückhaltung zu bemerken, entsteht fast der Eindruck, die Zahlen lieber nach unten „abrunden“ zu wollen. So werden nach offiziellen Angaben derzeit noch über 8.600 Menschen vermisst [1]. Angesichts der Satellitenbilder der vom Tsunami am stärksten betroffenen Gebiete besteht wohl kaum noch Hoffnung, viele von ihnen lebend aufzufinden.
Das Verhalten von offizieller japanischer Seite gibt Rätsel auf. Während die Politik und Staatsführung eher hilflos erscheinen und fast Mitleid erregen, dilettieren die Repräsentanten der Betreiberfirma des Kernkraftwerk-Komplexes von Fukushima [2]. Allein das Erdbeben von Kōbe 1995 hat den Japanern und damit auch den dortigen Betreibern großtechnischer Anlagen doch sehr deutlich gemacht, in welcher Gefahr sie sich befinden. In den Zonen des Aufeinandertreffens von Erdplatten ist eben mit schweren Erdbeben zu rechnen – sie sind gewissermaßen das „sichere Ereignis“, allein das Datum des Eintretens weiß man nicht. Wer in solchen Gebieten z.B. Kernkraftwerke errichtet, muss bei der Planung grundsätzlich von dem schwerstmöglichen Störfall ausgehen – und mit einem mehrfachen Puffer Sicherheit (also Zuverlässigkeit im Betriebsalltag und Stabilität im Katastrophenfall) organisatorisch wie technisch garantieren können. Das heißt, dass gemäß dem Fail-Safe-Prinzip schon bei kleinsten Erdbewegungen die Kernspaltung ohne weiteres menschliches Zutun und ohne komplizierte Technik und Energiezufuhr sofort unterbrochen wird und die Funktionalität der Brennstab-Abkühlung in jedem Fall garantiert werden muss. Ist dies nicht zu leisten, darf es an solchen Orten derartig potenziell gefährliche Einrichtungen einfach nicht geben! An dieser Stelle soll die Frage der Energieversorgung gar nicht erst zu einer pseudo-religiösen Gesinnungsfrage stilisiert werden. Das Thema ist viel zu ernst, als dass es auf Stammtischniveau zerredet werden sollte – es geht um unsere Zukunft und die der kommenden Generationen, die gleichermaßen ein Recht auf Unversehrtheit und eine intakte Umwelt, aber eben auch auf zuverlässige Versorgung und vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten ihres Lebens haben. Wer sich auf der Sachebene diesem komplexen Thema widmen möchte, dem sei die Beschäftigung mit der Forschung der Helmholtz-Gemeinschaft [3] zum Thema „Energiemix“ anempfohlen! Demnach gibt es für die Energieversorgung rein wissenschaftlich betrachtet leider keinen „Königsweg“; bei allen Anstrengungen würden Wind- und Solarenergie vielleicht bis zu 20 Prozent des Bedarfs decken können – bei der Betrachtung der Bedarfsdeckung muss nämlich auf den Flächenverbrauch und die Bauzeit für ein Kraftwerk welcher Art auch immer geachtet werden.
Die Neuen Medien des frühen 21. Jahrhunderts tragen weit entfernte Geschehnisse in unsere Heime – so gesehen hat die Globalisierung sogar etwas Gutes, lässt sie doch das Gefühl entstehen, dass jetzt „Nachbarn“ in Not sind und die gegenwärtigen Ereignisse zugleich auch eine Warnung an uns sein sollten.
Japan ist offensichtlich ein zerrissenes Land – und das nicht nur im geologischen Sinne. Der energiehungrige Ballungsraum um Tokio zeugte bisher von einem „Leben auf der Überholspur“, wobei der Motor dieser zwischen Tradition und Moderne auf- und eingespannten Gesellschaft schon seit Jahren gefährlich stotterte…  Zudem bleibt kritisch zu hinterfragen, ob nicht der als Vorbild genommene US-amerikanische Ansatz zur Ökonomisierung sämtlicher Lebensbereiche, fatal gepaart mit der japanischen Kaizen-Philosophie, zur Pervertierung des Strebens nach Effizienz und Effektivität – zu Lasten der Sicherheit – führte. So sei die Möglichkeit eines Tsunamis nach Angaben eines Konstrukteurs des Kernkraftwerkes nie in Betracht gezogen worden – im Wesentlichen sollen dafür Pläne der US-Firma General Electric kopiert worden sein, so der Ingenieur [4]. Auf der anderen Seite stehen wohl fragwürdige Ehrauffassungen einer zeitnahen Inanspruchnahme ausländischer Hilfe entgegen – viel wertvolle Zeit zur Suche nach Überlebenden, Eindämmung der Katastrophe in den Reaktoren in Fukushima und zur Vorbereitung von möglichen Evakuierungen aus dem Tokioter Großraum wurde sinnlos vergeben.
Liest man in einem Onlinemedium von einer Verschlimmerung der Lage, wird es auf einer anderen Website schon wieder relativiert. Klar ist nur, dass Tausende von Menschen leiden und trauern – und zu allem Überfluss jetzt auch noch von Winterwetter heimgesucht werden. Man muss es leider auf den Punkt bringen: Die mit den Wagnissen, d.h. dem Leben und dem Betrieb kerntechnischer Anlagen in einer Verwerfungszone, verbundenen Gefahren (Erdbeben und Tsunamis) sind seit langer Zeit bekannt – das eigentliche Risiko, also die Möglichkeit der Einbuße des Lebens, der Gesundheit und der Heimat, liegen indes in weiten Teilen in der Verantwortung der Menschen. Natürlich gibt es keinen vollständigen Schutz gegen Höhere Gewalt, aber zumindest Folgeschäden – und damit ein Grauen ohne Ende – hätten den Japanern erspart bleiben können. Die WELT ONLINE spricht gar davon, dass die Tragödie in Japan „metaphysische Ausmaße“ anzunehmen scheint [5].
Aus anderen Ländern kann somit nur immer wieder Hilfe zur Selbsthilfe angeboten werden – den Sprung über die langen Schatten der Vergangenheit und die Glättung der Verwerfungen der Nachkriegszeit müssen die Japaner selbst bewerkstelligen! Jedoch sollten wir uns bei aller Kritik davor hüten, in Überheblichkeit zu verfallen, denn sämtliche G8-Staaten, wenn nicht gar jede Nation auf Erden, haben ihre historischen Altlasten und ihre Blinden Flecken bzw. ihre Scheuklappen… Wir sollten den Zustand unserer eigenen Gesellschaft, unseres wirtschaftspolitischen Systems und unseres Werteverständnisses wie auch unserer Notfall- und Wiederanlaufplanung umgehend – frei von Hysterie wie Ignoranz – auf den Prüfstand stellen und modifizieren, bevor Deutschland wieder einmal auf eine „Stunde Null“ zurückgeworfen wird!

Weitere Informationen zum Thema:

[1] stern.de, 17.03.2011
5200 Tote und 8600 Vermisste durch Erdbeben und Tsunami in Japan

[2] Berner Zeitung, 17.03.2011
Die Schuljungen von Tepco spielen Pressekonferenz

[3] Auf dem Campus, 16.11.2010
Kein Königsweg beim Energiedilemma der Menschheit: Ohne Kernfusion im Energiemix wird es nicht gehen / Helmholtz-Salon als neue Veranstaltungsreihe der Helmholtz-Gemeinschaft zum „Jahr der Energie“

[4] WELT ONLINE, Ulrich Kraetzer, 17.03.2011
KEIN TSUNAMI-SCHUTZ / Reaktor-Konstrukteur gibt schwere Planungspanne zu

[5] WELT ONLINE, Reginald Grünenberg, 16.03.2011
MEINUNG | NIPPONS NIEDERGANG / Schluss mit höflich! Japans Selbstbetrug muss enden

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