NetzDG – datensicherheit.de Informationen zu Datensicherheit und Datenschutz https://www.datensicherheit.de Datensicherheit und Datenschutz im Überblick Wed, 02 Mar 2022 12:49:04 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=5.6.14 eco kommentiert NetzDG-Urteil: Strafverfolgung Aufgabe des Staates https://www.datensicherheit.de/eco-kommentar-netzdg-urteil-strafverfolgung-aufgabe-staat https://www.datensicherheit.de/eco-kommentar-netzdg-urteil-strafverfolgung-aufgabe-staat#respond Wed, 02 Mar 2022 12:49:04 +0000 https://www.datensicherheit.de/?p=41597 Unternehmen erhalten nun aus eco-Sicht Rechts- und Planungssicherheit

[datensicherheit.de, 02.03.2022] Der eco – Verband der Internetwirtschaft e.V. geht in seiner aktuellen Stellungnahme auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln zum Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) ein. Demnach ist die Strafverfolgung Aufgabe des Staates und nicht die Sozialer Plattformen, so die Klarstellung. Oliver Süme, eco-Vorstandsvorsitzender, kommentiert diese Entscheidung.

eco-vorstandsvorsitzender-oliver-sueme

Foto: eco e.V.

Oliver Süme: Auch für Nutzer Sozialer Plattformen ist das Urteil sehr wichtig…

eco begrüßt Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln

Der eco begrüßt nach eigenen Angaben die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln zum NetzDG, welches nach Ansicht der Richter „teilweise gegen das EU-Recht verstößt“. In der Konsequenz seien bestimmte Soziale Plattformen vorläufig nicht verpflichtet, Verdachtsfälle bestimmter Straftaten an das Bundeskriminalamt (BKA) zu melden.

Süme betont: „Die Strafverfolgung ist Aufgabe des Staates und nicht die Sozialer Plattformen – das hat das Verwaltungsgericht Köln mit seiner Entscheidung klargestellt. Unternehmen erhalten nun Rechts- und Planungssicherheit im Umgang mit der Meldepflicht von Verdachtsfällen an das BKA.“

eco-Kritik: Bisherige Meldepflicht verschaffte Behörden sofort sensible Nutzerdaten

Auch für Nutzer Sozialer Plattformen sei das Urteil sehr wichtig: „Denn mit der Meldepflicht würden die Behörden faktisch sofort über sehr sensible Nutzerdaten verfügen – selbst wenn es sich dabei am Ende nicht um strafbare Inhalte handelt.“

Soziale Netzwerke müssten in Zigtausenden von Fällen jährlich personenbezogene Daten übermitteln, „ohne dass vorab eine fallbezogene Prüfung durch eine staatliche Stelle erfolgt wäre“. Süme abschließend: „Es ist richtig, dass das Verwaltungsgericht Köln dem vorläufig ein Ende bereitet hat.“

Weitere Informationen zum Thema:

Verwaltungsgericht Köln, 01.03.2022
Gericht entscheidet über Eilanträge von Google und Meta: Netzwerkdurchsetzungsgesetz verstößt teilweise gegen Unionsrecht

]]>
https://www.datensicherheit.de/eco-kommentar-netzdg-urteil-strafverfolgung-aufgabe-staat/feed 0
NetzDG-Evaluierung: eco fordert Verhältnismäßigkeit https://www.datensicherheit.de/netzdg-evaluierung-eco-forderung-verhaeltnismaessigkeit https://www.datensicherheit.de/netzdg-evaluierung-eco-forderung-verhaeltnismaessigkeit#respond Thu, 10 Sep 2020 16:34:35 +0000 https://www.datensicherheit.de/?p=37770 eco warnt vor Overblocking von Internetinhalten und plädiert stattdessen für gezieltere Strafverfolgung

[datensicherheit.de, 10.09.2020] Laut einer Meldung des eco – Verband der Internetwirtschaft e.V. hat das Bundeskabinett in seiner Sitzung am 0. September 2020 den Evaluierungsbericht des 2017 eingeführten Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) beschlossen. Mit diesem Bericht sollte die Wirksamkeit des Gesetzes überprüft und gegebenenfalls notwendige Änderungen für eine bessere Normenwirksamkeit herausgearbeitet werden. Der eco sieht nach eigenen Angaben „seine vorangegangene Einschätzung mit dem vorliegenden Evaluierungsbericht bestätigt, der belegt, dass die Ziele des NetzDG in ,erheblichen Umfang erreicht‘ wurden und kaum weiterer gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht“. Gleichzeitig wiederholt der eco seine Bedenken „hinsichtlich eines ,Overblocking‘ von Internetinhalten und plädiert stattdessen für eine gezieltere Strafverfolgung“.

Oliver Süme, Vorstandsvorsitzender des eco – Verbands der Internetwirtschaft e. V.

Bild: eco

Oliver J. Süme: Es droht eine Zersplitterung der Rechtsanwendung…

eco-Vorstandsvorsitzender betont, dass Rechtsverstöße in der digitalen Welt sehr ernstgenommen werden

Der eco-Vorstandsvorsitzende, Oliver J. Süme, betont: „Rechtsverstöße zu Hass, Hetze und Beleidigungen werden in der digitalen Welt sehr ernstgenommen. Netzwerkbetreiber hatten bereits in vergangenen Transparenzberichten Erfolge dokumentiert und gezeigt, dass sie ihre Inhalte von sich aus überprüfen und überwiegend aufgrund von Verstößen gegen die eigenen Community-Standards entfernen.“
Es sei daher natürlich erfreulich, dass nun auch der vom BMJV vorgelegte Evaluationsbericht zeige, dass das vom Gesetzgeber angestrebte Ziel einer „Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in Sozialen Netzwerken“ hinsichtlich „objektiv strafbarer Inhalte“ erreicht worden sei.

eco warnt davor, ausschließlich Unternehmen über Rechtswidrigkeit und Meinungsfreiheit entscheiden zu lassen

Trotzdem mahnt Süme, „dass die Verpflichtungen des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes verhältnismäßig bleiben müssen“. Ihre wiederholt geäußerten Befürchtungen hinsichtlich eines „Overblocking“ von Internetinhalten müssten auch zukünftig ernstgenommen und durch präventive Mechanismen abgesichert werden. Es bleibe äußerst bedenklich, wenn ausschließlich Unternehmen über Rechtswidrigkeit und Meinungsfreiheit entscheiden würden – „und zwar unter Androhung empfindlicher Bußgelder“ – und gleichzeitig keine effektive Strafverfolgung stattfinde.
Der eco-Vorstandsvorsitzende warnt: „So werden Täter nicht zur Rechenschaft gezogen, widerfährt Opfern keine Gerechtigkeit und droht letztlich auch eine Zersplitterung der Rechtsanwendung.“ Darum bräuchten wir nach wie vor eine gesellschaftliche und politische Diskussion darüber, ob mit einer Meldepflicht, die in der politischen Debatte adressierten Probleme wie die Eindämmung von Hass, Hetze und Rechtsextremismus überhaupt effektiv gelöst werden könnten.

Weitere Informationen zum Thema:

eco, Politik & Recht, 17.06.2020
eco: „Deutscher Gesetzgeber schießt mit reformiertem NetzDG über das Ziel einer effektiven Strafverfolgung im Netz weit hinaus“

datensicherheit.de, 04.05.2020
Netzwerkdurchsetzungsgesetz: eco veröffentlicht Leitlinien zur Reform / Verband der Internetwirtschaft forciert politische Debatte zum Umgang mit rechtswidrigen Inhalten im Internet

]]>
https://www.datensicherheit.de/netzdg-evaluierung-eco-forderung-verhaeltnismaessigkeit/feed 0
Netzwerkdurchsetzungsgesetz: eco veröffentlicht Leitlinien zur Reform https://www.datensicherheit.de/netzwerkdurchsetzungsgesetz-netzdg-leitlinien-reform-eco https://www.datensicherheit.de/netzwerkdurchsetzungsgesetz-netzdg-leitlinien-reform-eco#respond Mon, 04 May 2020 17:57:01 +0000 https://www.datensicherheit.de/?p=36127 Verband der Internetwirtschaft forciert politische Debatte zum Umgang mit rechtswidrigen Inhalten im Internet

[datensicherheit.de, 04.05.2020] Der Verband der Internetwirtschaft (ec0) unterstützt die Eindämmung von Hass, Hetze und Rechtsextremismus sowie das Vorgehen gegen rechtswidrige Inhalte im Internet. Das umstrittene Gesetz sorgt nach wie vor für heftige Diskussionen: so sieht das Gesetzespaket eine Herausgabepflicht von Passwörtern sowie eine Auskunftspflicht über Bestands- und Nutzungsdaten durch die Anbieter von Telemediendiensten vor. Zudem soll eine Meldepflicht im Netzwerkdurchsetzungsgesetz für die Betreiber sozialer Netzwerke geschaffen werden.

eco-Leitlinien zur Überarbeitung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes

Um die mit den Gesetzentwürfen beabsichtigten Ziele mit den jeweiligen Möglichkeiten der Betreiber sozialer Netzwerke in Einklang zu bringen, hat eco jetzt Leitlinien zur Überarbeitung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) formuliert. Auch wird der Verband der Internetwirtschaft am Mittwoch, dem 6. Mai an einer öffentlichen Anhörung zum „Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität“ teilnehmen.

Dazu sagt eco Vorstandsvorsitzender Oliver J. Süme:

„Die Verpflichtungen des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes müssen verhältnismäßig bleiben. Wir brauchen deshalb eine gesellschaftliche und politische Diskussion darüber, ob mit einer Meldepflicht, die in der politischen Debatte adressierten Probleme wie die Eindämmung von Hass, Hetze und Rechtsextremismus überhaupt effektiv gelöst werden können. Zudem sollte Deutschland zunächst die Möglichkeit eines EU-weit geltenden Rechtsetzungsvorhaben abwarten und nicht wie aktuell, in unkoordinierter Eigenregie handeln.“

Im Dezember 2019 legte das Bundesjustizministerium einen Referentenentwurf für ein Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität vor. Am 19. Februar 2020 ist das Gesetz vom Bundeskabinett beschlossen und wenige Tage zuvor bei der EU-Kommission zur Notifizierung eingereicht worden.

Kein europäischer Ansatz über gemeinschaftliche Standards

Bislang existiert kein europäischer Ansatz über gemeinschaftliche Standards zum Umgang mit Hassinhalten im Internet. Da die EU-Kommission bereits eigene Aktivitäten im Rahmen des Digital Services Act angekündigt hat und entsprechende Rechtsvorschriften zeitnah verabschieden will, sollte Deutschland zunächst die Möglichkeit eines EU-weit geltenden Rechtsetzungsvorhaben abwarten, fordert eco – Verband der Internetwirtschaft e.V. und hat gleichzeitig für den weiteren Reformprozess folgende Leitlinien formuliert:

  • Der Anwendungsbereich für die Unternehmen muss eindeutig definiert werden
    Nur wenn dieser ausreichend klar bestimmt ist, können die vom Gesetzgeber intendierten Plattformbetreiber ihren Verpflichtungen gesetzeskonform nachkommen.
  • Die Berichtspflichten müssen sinnvoll ausgestaltet & verhältnismäßig sein
    Eine Anpassung der bisherigen Vorschriften darf nicht dazu führen, dass die Unternehmen verpflichtet sind, Geschäftsgeheimnisse zu offenbaren. So dürfen Betreiber sozialer Netzwerke nicht dazu gezwungen werden, die technische Funktionsweise ihrer Software und gegebenenfalls Algorithmen offenzulegen.
  • Die Pflichten zur Beschwerdebearbeitung müssen im Einklang mit den geplanten gesetzlichen Vorgaben & Zielen stehen
    Die Fristen zur Bearbeitung von Beschwerden sollten eine ordnungsgemäße und objektive Prüfung erlauben, die auch eine Bewertung einzelfallspezifischer Umstände zulässt.
  • Das Prinzip der regulierten Selbstregulierung muss gestärkt werden
    Zur Bearbeitung von Nutzerbeschwerden oder zur Abwägung einzelfallspezifischer Rechtsfragen können die Betreiber sozialer Netzwerke seit der Einführung des NetzDG anerkannte Einrichtungen der Regulierten Selbstregulierung in die Fallbearbeitung einbeziehen. Diese Unterstützung ist positiv zu bewerten und muss deshalb bei der Überarbeitung des NetzDG erhalten bleiben und darf nicht eingeschränkt werden.
  • Die Einführung einer Meldepflicht braucht rechtssichere Rahmenbedingungen
    Mit einer Meldepflicht sollen die Betreiber sozialer Netzwerke zur Ausleitung von Inhalten und Nutzerdaten aus dem Beschwerdeprozess an eine zentrale Stelle bei den staatlichen Strafverfolgungs- oder Strafermittlungsbehörden verpflichtet werden. Die Einrichtung eines solchen Meldeprozesses gilt aufgrund verschiedener Aspekte als bedenklich und bedarf unbedingt der weiteren Diskussion.
  • Die Verfahren zur außergerichtlichen Streitbeilegung müssen präzisiert werden & Rechtssicherheit garantieren
    Es gilt zu klären, ob die Bearbeitung einer Beschwerde samt der außergerichtlichen Streitbeilegung innerhalb der vom NetzDG vorgesehenen Speicherfrist von gelöschten oder gesperrten Inhalten durchgeführt werden kann. Dazu müssen auch die rechtlichen Konsequenzen der Durchführung von Streitbeilegungsverfahren, insbesondere mit Blick auf mögliche anschließende zivilrechtliche Streitigkeiten vorab geklärt werden.

Weitere Informationen zum Thema:

datensicherheit.de, 06.12.2019
Netzwerkdurchsetzungsgesetz: Rechtsunsicherheit für Soziale Netzwerke

datensicherheit.de, 26.07.2018
ROG: Netzwerkdurchsetzungsgesetz führt offenbar zu Overblocking

datensicherheit.de, 30.12.2017
Bitkom kritisiert Mogelpackung: Umsetzung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes ab 1. Januar 2018

]]>
https://www.datensicherheit.de/netzwerkdurchsetzungsgesetz-netzdg-leitlinien-reform-eco/feed 0
ROG: Netzwerkdurchsetzungsgesetz führt offenbar zu Overblocking https://www.datensicherheit.de/rog-netzwerkdurchsetzungsgesetz-overblocking https://www.datensicherheit.de/rog-netzwerkdurchsetzungsgesetz-overblocking#respond Fri, 27 Jul 2018 13:04:39 +0000 https://www.datensicherheit.de/?p=28212 Krtik von ROG / Viele Inhalte wurden gelöscht haben, die eigentlich legal sind

[datensicherheit.de, 26.07.2018] Reporter ohne Grenzen (ROG) geht angesichts neu veröffentlichter Zahlen von einem Overblocking legaler Inhalte bei Facebook und Google aus. Das Anfang 2018 in Kraft getretene Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) verpflichtet soziale Netzwerke unter Strafandrohung, illegale Inhalte rasch zu entfernen. Nach Auffassung der Organisation hat dieser Druck offensichtlich dazu geführt, dass die Unternehmen viele Inhalte gelöscht haben, die eigentlich legal sind. Sie wollen damit sichergehen, nicht nach dem NetzDG bestraft zu werden. Bei den Löschungen berufen sich Facebook und Google auf ihre Community Standards. Darin legen sie selbst fest, was Nutzer auf ihren Plattformen teilen dürfen und räumen sich das Recht ein, auch Inhalte zu entfernen, die von den Kommunikationsfreiheiten gedeckt sind.

Keine öffentliche Kontroller der Löschverfahren

„Die Bundesregierung hat mit dem NetzDG private Unternehmen zu Richtern über die Presse- und Informationsfreiheit im Netz gemacht, ohne eine öffentliche Kontrolle des Löschverfahrens sicherzustellen. Eine solche unabhängige Prüfinstanz braucht es aber, um ein Overblocking, also das Löschen von rechtlich zulässigen Inhalten, zu erkennen“, sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. „Facebook und Google löschen nach eigenen Regeln, weil sie sich allein als private Unternehmen begreifen und eine Art digitales Hausrecht durchsetzen wollen. Ihre Plattformen sind jedoch ein Teil der modernen Öffentlichkeit geworden, so dass Menschen dort alles sagen können müssen, was nicht gegen Gesetze verstößt.“

Tausende Löschungen wegen „Hassrede“

Google hat nach eigenen Angaben für seine Videoplattform YouTube im ersten Halbjahr 2018 Meldungen gegen rund 215.000 Inhalte nach dem NetzDG erhalten. Rund 27 Prozent der gemeldeten Inhalte entfernte Google demnach. Das Unternehmen bietet Nutzern sehr einfach die Möglichkeit, sich auf das NetzDG zu berufen: Soll ein Video gemeldet werden, kann ein Häkchen im Formular gesetzt werden. Google prüft dann zunächst, ob das Video gegen die eigenen Community Standards verstößt. Nur wenn dies nicht der Fall ist, erfolgt eine Prüfung anhand des NetzDG.

Bei Facebook gingen im selben Zeitraum nur 886 Beschwerden nach dem NetzDG ein, in denen 1.704 Inhalte beanstandet wurden. In einer Beschwerde können mehrere Inhalte gemeldet werden. Allerdings ist der Meldevorgang auch deutlich komplizierter, zum Beispiel müssen Nutzer die konkreten Straftaten in einem gesonderten Formular benennen. Facebook löschte 21 Prozent der nach dem NetzDG gemeldeten Inhalte. Wie viele Inhalte Facebook aufgrund eigener Standards in Deutschland löschte, ist unbekannt – es dürften jedoch um ein Vielfaches mehr sein. Im eigenen Transparenzbericht gibt das Netzwerk an, weltweit im ersten Quartal 2018 rund 2,5 Millionen Inhalte allein aufgrund sogenannter „Hate Speech“ entfernt zu haben. In Deutschland waren es 2017 nach Unternehmensangaben monatlich rund 15.000 Inhalte wegen „Hate Speech“.

Google. Facebook & Co. sind zu informationellen Grundversorgern geworden

Die Zahlen werfen die Frage auf, wie frei die Plattformen in der Ausgestaltung ihrer Community Standards heute noch sein dürfen. Die Unternehmen sind Informationsquellen für Milliarden Menschen. Reporter ohne Grenzen betrachtet sie als Teil der informationellen Grundversorgung der Gesellschaft, sie sind also essentiell dafür, dass sich die Menschen in einer demokratischen Öffentlichkeit frei und unabhängig informieren können. Dennoch löschen sie auf Basis ihrer Community Standards Inhalte, die nach deutschem Recht eigentlich zulässig wären. Es ist eine Art digitales Hausrecht, in das Nutzer einwilligen müssen, wenn sie die Dienste nutzen wollen.

Der staatlich verordnete Löschdruck durch das NetzDG hat damit offensichtlich dazu geführt, dass diese Community Standards herangezogen werden, um die Plattformen von fragwürdigen Inhalten zu „säubern“ – im Zweifel auch mit solchen, die eigentlich vom Recht gedeckt wären. Das NetzDG listet 21 Normen aus dem Strafgesetzbuch auf. Verstoßen Inhalte nach Auffassung der Unternehmen dagegen, müssen sie die Inhalte im Regelfall binnen 24 Stunden entfernen. Kommen sie dieser Verpflichtung systematisch nicht nach, drohen hohe Geldstrafen. Löschen die Unternehmen aber problematische Inhalte bereits großzügig auf Basis ihrer Community Standards, entgehen sie der Gefahr solcher Strafen. Eine unabhängige Überprüfung der Löschpraktiken gibt es nicht.

Unabhängige Aufsicht gefordert

Reporter ohne Grenzen sieht die Bundesregierung durch die nun veröffentlichen Zahlen in der Pflicht, das NetzDG umgehend zu korrigieren. ROG plädiert dafür, eine unabhängige Aufsicht zu schaffen, die über die Löschverfahren der Unternehmen wacht. Darin wären neben Betreibern, Justizvertretern und Strafverfolgern zum Beispiel auch „Anwälte der Nutzer“ und zivilgesellschaftliche Akteure vertreten. Der Aufsicht käme insbesondere die Rolle zu, die Verfahren der privaten Betreiber im Ganzen, also über Einzelfallentscheidungen hinaus, zu überwachen und Leitlinien für den Umgang mit Inhalten zu entwickeln, die als illegal gemeldet werden. Außerdem sollte sie der Öffentlichkeit berichterstatten und könnte als Schiedsstelle fungieren, wenn Nutzer einer Löschentscheidung widersprechen. Streitfälle müssten dann nicht direkt vor Gericht verhandelt werden, würden aber auch aus den intransparenten Löschverfahren der Unternehmen herausgelöst werden.

Im Koalitionsvertrag haben Union und SPD bereits angekündigt, Nutzungsbedingungen wie die Community Standards darauf prüfen zu wollen, ob sie die Verbraucherrechte der Nutzer ausreichend wahren. Diese Ankündigung muss die Große Koalition nun umsetzen. Die Notwendigkeit ergibt sich aus der Größe der Unternehmen und ihrer Relevanz für die Informationsinteressen der Gesellschaft. Mit dieser gesonderten Stellung als informationelle Grundversorge gehen besondere Sorgfaltspflichten und Kontrollbefugnisse der Öffentlichkeit einher.

Hohe Relevanz für die Pressefreiheit

Digitale Plattformen wie Facebook, Google und Twitter sind heute essentieller Bestandteil der modernen Öffentlichkeit. Für den Journalismus bieten sie enorme Potentiale, um Menschen zu informieren. Gerade in Ländern mit eingeschränkter Informations- und Pressefreiheit wird dies deutlich: In von Zensur geprägten Mediensystemen bieten Facebook & Co. Freiheitsräume, in denen unabhängige Informationen verbreitet und neue Publika erreicht werden können. Ein Beispiel aus der Arbeit von Reporter ohne Grenzen ist das ägyptische Oppositionsmedium Mada Masr, das den Großteil seiner Reichweite aus dem Social Web bezieht – und ohne dieses kaum überlebensfähig wäre.

ROG betrachtet jedoch mit Sorge, dass in Staaten auf der ganzen Welt die Freiheitspotentiale unverhältnismäßig eingeschränkt werden, etwa durch gesetzliche Verpflichtung zur massiven Löschung von Inhalten. Das NetzDG fungiert hierzu als unrühmliches Beispiel, das bereits von anderen Staaten übernommen worden ist. Umso wichtiger ist, die systematischen Fehler des Gesetzes nun zu korrigieren.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Deutschland auf Platz 15 von 180 Staaten.

Weitere Infiormationen zum Thema:

Reporter ohne Grenzen
Video-Statement von ROG-Geschäftsführer Christian Mihr zum NetzDG

Reporter ohne Grenzen
NetzDG-Verabschiedung ein Schnellschuss

datensicherheit.de, 30.12.2017
Bitkom kritisiert Mogelpackung: Umsetzung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes ab 1. Januar 2018

datensicherheit.de, 31.03.2017
Bitkom: Warnung vor Schnellschuss bei Gesetz gegen Hasskriminalität

datensicherheit.de, 24.04.2012
Christian Mihr ist neuer Geschäftsführer des Reporter ohne Grenzen e.V. in Berlin

 

]]>
https://www.datensicherheit.de/rog-netzwerkdurchsetzungsgesetz-overblocking/feed 0