Ampel – datensicherheit.de Informationen zu Datensicherheit und Datenschutz https://www.datensicherheit.de Datensicherheit und Datenschutz im Überblick Wed, 30 Nov 2022 16:53:19 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=5.6.14 eco-Umfrage: Ampel-Koalition sollte Digitale Transformation entschiedener vorantreiben https://www.datensicherheit.de/eco-umfrage-ampel-koalition-auftrag-digitale-transformation-entschiedenheit-vorantrieb https://www.datensicherheit.de/eco-umfrage-ampel-koalition-auftrag-digitale-transformation-entschiedenheit-vorantrieb#respond Wed, 30 Nov 2022 16:53:19 +0000 https://www.datensicherheit.de/?p=42713 Nach einem Jahr sieht Großteil der Deutschen noch nicht erhofften Digitalen Aufbruch

[datensicherheit.de, 30.11.2022] Der eco, Verband der Internetwirtschaft e.V., geht in seiner aktuellen Stellungnahme auf das Ergebnis einer von ihm beauftragten Umfrage ein: Demnach sieht nach einem Jahr „Ampel“-Regierung sieht ein Großteil der Deutschen nicht den erhofften Digitalen Aufbruch. Dies zeigt demnach eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im eco-Auftrag von: Rund 72 Prozent der Befragten hätten angegeben, dass die „Ampel“-Koalition die Digitale Transformation in Deutschland entschiedener vorantreiben müsse. Civey habe in der Zeit vom 28. bis zum 29. November 2022 rund 2.500 Personen befragt – die Ergebnisse seien repräsentativ für die Einwohner der BRD ab 18 Jahren (der statistische Fehler liege bei 3,5 Prozent).

Oliver Süme, Vorstandsvorsitzender des eco – Verbands der Internetwirtschaft e. V.

Bild: eco

Oliver Süme: Der erhoffte Turbo für die Digitale Transformation in Deutschland ist bislang ausgeblieben!

eco-Vorstandsvorsitzender fordert, dass Maßnahmen und Ressorts stärker ineinandergreifen sollten

Knapp 15 Prozent zeigten sich unentschieden. Nur 13 Prozent der Befragten hätten den Eindruck, „dass die ,Ampel’-Regierung die Digitalisierung entschieden vorantreibt“. Unter den Wählern der drei Koalitionsparteien wünschten sich vor allem Anhänger der Freien Demokraten mehr Fortschritt bei der Digitalen Transformation: Für 77,4 Prozent der FDP-Wähler gehe dieser Prozess noch nicht schnell genug.

„Der erhoffte Turbo für die Digitale Transformation in Deutschland ist bislang ausgeblieben, ein Paradigmenwechsel in der Digitalpolitik nicht erkennbar“, bilanziert der eco-Vorstandsvorsitzende, Oliver Süme. Grundsätzlich seien Wille und Anstrengung sichtbar, zentrale digitalpolitische Fragestellungen strategisch umzusetzen. Doch müssten hierfür verschiedene Maßnahmen und Ressorts stärker ineinandergreifen. „Die Zersplitterung der digitalpolitischen Zuständigkeiten in verschiedene Ressorts hat sich bereits in den letzten Wahlperioden als Bremsklotz bei zentralen Weichenstellungen für die Digitale Transformation am Standort Deutschland erwiesen“, unterstreicht Süme.

Leider habe es die „Ampel“-Regierung – wie auch schon die „Große Koalition“ vor ihr – verpasst, dem Thema Digitalisierung im Rahmen ihrer Ressortaufteilung eine strategische Schlüsselrolle beispielsweise in Form eines echten Digitalministeriums mit Budgetverantwortung und koordinierender Funktion für die Digitalpolitik, zuzuweisen.

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Abbildung: eco

CIVEY-Umfrage: „Ampel“-Koalition und Digitale Transformation

eco moniert: Energieeffizienzgesetz kontraproduktiv für Digitalstandort Deutschland

Dieses Problem setze sich nun auch in dieser Legislaturperiode fort: „Zentrale Fragen für die Internetwirtschaft gehen im Streit verschiedener Ressorts unter“, moniert Süme und erläutert:. „Aktuell kann man das am Beispiel des Vorschlags für das neue Energieeffizienzgesetz sehen, das neue Regelungen für Rechenzentren aufgreift: Der jetzige Entwurf könnte sich mehr als schädlich für die Entwicklung des Digitalstandorts Deutschland erweisen und zur Abwanderung der Branche ins Ausland führen, da er technisch nicht machbare Anforderungen an Rechenzentrumsbetreiber formuliert.“

Mehr als die Hälfte der Deutschen (56,6%) forderten zudem, dass die Bundesregierung die Betreiber Kritischer Infrastruktur wie Rechenzentren im Zuge der Energiekrise stärker als bisher unterstützen sollte – so ein weiteres Ergebnis der aktuellen Civey-Umfrage.

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Deutscher Mittelstands-Bund moniert Digitalpolitik: Durcheinander der Zuständigkeiten befürchtet https://www.datensicherheit.de/deutscher-mittelstands-bund-kritik-digitalpolitik-durcheinander-zustaendigkeiten-befuerchtung https://www.datensicherheit.de/deutscher-mittelstands-bund-kritik-digitalpolitik-durcheinander-zustaendigkeiten-befuerchtung#respond Fri, 17 Jun 2022 12:06:17 +0000 https://www.datensicherheit.de/?p=41911 Hohe Erwartungen des Mittelstands an die Digitalstrategie der Bundesregierung

[datensicherheit.de, 17.06.2022] Der Deutsche Mittelstands-Bund (DMB) blickt nach eigenen Angaben „skeptisch auf die Regelungen“: Demnach wird nun „Kompetenzgerangel statt Tempo“ befürchtet – denn die „Ampel-Regierung“ habe die Zuständigkeiten im Bereich Digitalisierung neu aufgeteilt. Die Erwartungen an die Digitalstrategie der Bundesregierung seien indes „hoch“.

Deutscher Mittelstands-Bund hatte sich unter beschworenem Aufbruch etwas Anderes vorgestellt

„Die ,Ampel‘-Regierung ist im vergangenen Herbst mit einem ambitionierten Koalitionsvertrag angetreten und wollte einen umfassenden digitalen Aufbruch wagen, so Marc S. Tenbieg, Geschäftsführender Vorstand des DMB, zurückblickend. Er kritisiert: „Nun haben wir sieben lange Monate darauf warten müssen, um zu erfahren, wie die Regierung intern die Zuständigkeiten verteilt. Unter ,Aufbruch‘ haben wir uns etwas Anderes vorgestellt.“

Deutschland habe in den vergangenen Jahren im internationalen Vergleich „bei der Digitalisierung an Boden verloren“. Laut Tenbieg braucht es deshalb „dringender denn je und vor allem zügig“ eine durchgängige Digitalstrategie. Eine solche habe die Bundesregierung für Juli 2022 angekündigt.

DMB sieht Wettbewerbsfähigkeit des Mittelstands in Gefahr

Der DMB habe in der Vergangenheit stets die Dringlichkeit einer schnellen Digitalen Transformation betont und auf notwendige Anpassungen der Rahmenbedingungen hingewiesen. Tenbieg erläutert: „Die schleppende Digitalisierung gefährdet in einer Zeit des Wandels die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Mittelstandes! Deswegen brauchen wir dringend eine zeitgemäße und in sich schlüssige Digitalstrategie mit einem klaren Zielsystem. Das funktioniert nur mit gebündelten Zuständigkeiten und kurzen Entscheidungswegen.“

Darum fordert Tenbieg eine „zentrale Digitalpolitik mit wirtschaftlichem Sachverstand, eindeutigen politischen Zuständigkeiten und Entscheidungskompetenzen“. Abschließend betont er: „Ein so wichtiges Thema wie die Digitalisierung braucht einen durchsetzungsstarken Taktgeber. Nur wenn die Digitalpolitik ,aus einem Guss‘ kommt und alle Entscheidungswege zusammenlaufen, sind optimale Voraussetzungen für eine schnelle und effiziente digitale Transformation im Mittelstand vorhanden.“

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Konsistente Digitalisierungsstrategie für Deutschland – eco-Erwartungen an Ampel-Regierung https://www.datensicherheit.de/konsistenz-digitalisierungsstrategie-deutschland-eco-erwartungen-ampel-regierung https://www.datensicherheit.de/konsistenz-digitalisierungsstrategie-deutschland-eco-erwartungen-ampel-regierung#respond Wed, 08 Dec 2021 11:09:27 +0000 https://www.datensicherheit.de/?p=41210 eco-Vorstandsvorsitzender bezieht Stellung zur Ernennung des neuen Bundeskabinetts

[datensicherheit.de, 08.12.2021] Der eco – Verband der Internetwirtschaft e.V. befürwortet nach eigenen Angaben „ein starkes Ministerium für Digitales“. Der eco-Vorstandsvorsitzende, Oliver Süme, bezieht Stellung zur Ernennung des neuen Bundeskabinetts unter Führung von Bundeskanzler Olaf Scholz.

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Foto: eco e.V.

Oliver Süme: Der eco-Vorstandsvorsitzende freut sich auf den Austausch und die Zusammenarbeit

Digitalisierung laut eco eine der wichtigsten Querschnittsaufgaben der neuen Legislaturperiode

„Digitalisierung ist eine der wichtigsten Querschnittsaufgaben und Herausforderungen in der neuen Legislaturperiode“, betont Süme. Er hofft, „dass die neue Bundesregierung jetzt rasch Ressortzuschnitte und Zuständigkeiten klärt und eine konsistente Digitalisierungsstrategie für Deutschland entwickelt“.
Auch wenn sich „Ampel“-Koalition entschieden habe, kein eigenständiges Digitalministerium einzurichten, eröffne der künftige Ressortzuschnitt Optionen und Handlungsspielraum für eine starke und zukunftsweisende Digitalpolitik. Süme führt aus: „Aus unserer Sicht wäre es daher sehr zu begrüßen, wenn nun im Ministerium für Verkehr und Digitales möglichst viele Zuständigkeiten und Digitalthemen zusammengeführt würden und das Ressort auch das neue Digitalbudget bekäme.“

eco hofft, dass der neue Verkehrs- und Digitalminister das Digitale im Titel als Auftrag begreift

Süme wünscht sich, dass der neue Verkehrs- und Digitalminister das „Digitale“ in seinem Titel als Auftrag begreifen und die Digitalpolitik in Deutschland auf ein „neues, strategisches und ambitioniertes Level heben möge.
Der eco-Vorstandsvorsitzende freut sich auf den Austausch und die Zusammenarbeit mit ihm, „sowie selbstverständlich mit allen anderen Häusern, die das Thema in den nächsten vier Jahren weiter vorantreiben werden“.

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Online-Hauptversammlungen börsennotierter Unternehmen: Zweifel an IT-Sicherheit https://www.datensicherheit.de/online-hauptversammlungen-boersennotierung-unternehmen-zweifel-it-sicherheit https://www.datensicherheit.de/online-hauptversammlungen-boersennotierung-unternehmen-zweifel-it-sicherheit#respond Tue, 07 Dec 2021 13:25:10 +0000 https://www.datensicherheit.de/?p=41201 Prof. Melanie Volkamer vom KIT sieht die aktuell für Abstimmungen angewandten Online-Wahlsysteme sehr kritisch

[datensicherheit.de, 07.12.2021] Die „Ampel“-Parteien planten laut Koalitionsvertrag, Online-Hauptversammlungen börsennotierter Unternehmen – in der „Corona-Pandemie“ übergangsweise eingeführt – dauerhaft zu ermöglichen. Die bisher geäußerte Kritik an diesem Vorhaben befasse sich vornehmlich mit dem Rede- und Fragerecht der Aktionäre. Prof. Melanie Volkamer, IT-Sicherheitsexpertin des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), sieht nach eigenen Angaben „vor allem die bei virtuell durchgeführten Hauptversammlungen für Abstimmungen angewandten Online-Wahlsysteme sehr kritisch“.

Black-Box-Systeme für Online-Hauptversammlungen vom BSI nicht zertifiziert

„Die derzeit eingesetzten Black-Box-Systeme sind nicht nur nicht verifizierbar, sondern weisen auch diverse Schwachstellen auf. Sie sind vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, BSI, auch nicht zertifiziert“, moniert die Leiterin der Forschungsgruppe „SECUSO – Security, Usability, Society“ am KIT.
Es fehlten bislang klare Anforderungen an die Sicherheit dieser Systeme und dazu, „welche Annahmen an die Einsatzumgebung und die Angreifermächtigkeit akzeptabel sind“. Solche müssten vom BSI erst einmal entwickelt werden.
Beispielsweise basierten die eingesetzten Black-Box-Systeme auf der Annahme, dass die Endgeräte, von denen aus gewählt werde, sowie die Wahlserver nicht manipuliert würden. „Diese Annahmen scheinen allerdings unrealistisch, wenn man sich Medien-Berichte zu Cyber-Angriffen oder auch den BSI-Lagebericht anschaut.“

Notarielle Beurkundung der Online-Hauptversammlung muss zweifelsfrei möglich sein

Darüber hinaus stellt Frau Prof. Volkamer infrage, ob die für börsennotierte Aktiengesellschaften vorgeschriebene notarielle Beurkundung der Hauptversammlung unter den gegebenen Umständen überhaupt erfolgen kann:
„Notarinnen und Notare können ihrer Aufgabe bezogen auf die Abstimmungen und Wahlen nur nachgehen, wenn sie zwischen einem manipulierten und einem nicht manipulierten Ergebnis unterscheiden können.“
Dies sei mit den bisher eingesetzten Black-Box-Systemen nicht möglich. Stattdessen müssten sogenannte Ende-zu-Ende verifizierbare Systeme eingesetzt werden. Nur so könne notariell geprüft werden, „dass es keine Manipulationen gegeben hat“.

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eco-Forderung: Überwachungsgesamtrechnung darf nicht nur Ampel-Lippenbekenntnis bleiben https://www.datensicherheit.de/eco-forderung-ueberwachungsgesamtrechnung-darf-nicht-nur-ampel-lippenbekenntnis-bleiben https://www.datensicherheit.de/eco-forderung-ueberwachungsgesamtrechnung-darf-nicht-nur-ampel-lippenbekenntnis-bleiben#respond Wed, 01 Dec 2021 14:24:00 +0000 https://www.datensicherheit.de/?p=41174 eco-Vorstand Klaus Landefeld kommentiert Koalitionsvertrag

[datensicherheit.de, 01.12.2021] Der eco – Verband der Internetwirtschaft e.V. begrüßt, dass „Ampel“-Parteien die Überwachungsgesamtrechnung auf den Weg gebracht hätten. Jetzt gehe es darum, einen konkreten Fahrplan vorzugeben: „Welche Sicherheitsgesetze werden in der Überwachungsgesamtrechnung einbezogen und evaluiert, wie wird untersucht und auf welcher Datengrundlage?“ Klaus Landefeld, stellvertretender eco-Vorstandsvorsitzender wünscht sich in seiner Stellungnahme „einen strafferen Zeitplan“ und fordert darüber hinaus, „dass massive Überwachungseingriffe künftig nicht nur evaluiert, sondern auch befristet werden“. Von der „Ampel“-Koalition habe er sich zudem eine „klare politische Entscheidung gegen die Vorratsdatenspeicherung“ erhofft.

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Foto: eco e.V.

Klaus Landefeld wünscht sich einen strafferen Zeitplan

eco sieht Stärkung der bürgerlichen Freiheitsrechte

Laut Koalitionsvertrag möchten SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP bis spätestens Ende 2023 eine Überwachungsgesamtrechnung erstellen, um Sicherheitsgesetze auf ihre tatsächlichen und rechtlichen Auswirkungen sowie auf ihre Effektivität hin zu evaluieren.
Der eco begrüßt diesen Vorstoß „ausdrücklich“. Mit der geplanten Überwachungsgesamtrechnung stärke die künftige Bundesregierung die Freiheitsrechte der Bürger und schaffe eine „wichtige Grundlage für mehr Transparenz gegenüber staatlichen Überwachungsbefugnissen“.

eco-Kritik: Evaluierung bis Ende 2023 dauert zu lange

Nach Landefelds Ansicht gelte es nun, die Evaluierung von Sicherheitsgesetzen rasch zu konkretisieren, „damit die geplante Überwachungsgesamtrechnung noch deutlich vor Ende 2023 abgeschlossen ist“.
„Es ist gut, dass die ,Ampel‘-Parteien die Überwachungsgesamtrechnung auf den Weg gebracht haben. Jetzt geht es darum, einen konkreten Fahrplan vorzugeben: Welche der zahlreichen Sicherheitsgesetze auf Bundes- und Landesebene werden in der Überwachungsgesamtrechnung einbezogen und evaluiert, wie wird untersucht und auf welcher Datengrundlage?“, kommentiert Landefeld. Auf diese Fragen müsse die neue Bundesregierung möglichst schnell Antworten geben.

Erfassung staatlicher Überwachungsbefugnisse sollte laut eco unmittelbar von der Theorie in die Praxis umgesetzt werden

Landefeld sieht bereits viele gute Ansätze – jetzt müsse die Erfassung staatlicher Überwachungsbefugnisse unmittelbar von der Theorie in die Praxis umgesetzt werden. Die Überwachungsgesamtrechnung und die Evaluierung der Sicherheitsarchitektur müssten den Grundstein für die Anpassung der deutschen Sicherheitsgesetze legen. Die Überwachungsgesamtrechnung dürfe in den nächsten vier Jahren nicht nur ein Lippenbekenntnis bleiben. „Diese Pläne gilt es, zügig umzusetzen!“
Was den Zeitplan betrifft, habe er sich von der künftigen Bundesregierung mehr erhofft: „Liegt die Evaluation tatsächlich erst Ende 2023 vor, wird in dieser Legislaturperiode kaum Zeit dafür bleiben, um verfassungsrechtlich gebotene Anpassungen am BND-, G10- und BKA-Gesetz sowie der Strafprozessordnung auch wirklich umzusetzen.“

eco-Forderung: Massive Überwachungs-Eingriffe nicht nur evaluieren, sondern auch befristen

Neben einer Evaluierung spricht sich Landefeld zudem klar für eine zeitliche Befristung solcher künftigen Sicherheitsgesetze aus, welche besonders schwer in die Grundrechte der Bürger eingreifen würden. Dies sollte beispielsweise den Einsatz sogenannter Staatstrojaner durch Nachrichtendienste betreffen. Landefeld: „Führt die Bundesregierung zusätzlich eine Befristung für Sicherheitsgesetze mit besonders intensiven Grundrechtseingriffen ein, sorgt sie für eine stetige Debatte um Freiheitsrechte im Bundestag. Der politische Diskurs stärkt das Vertrauen in digitale Kommunikation.“
Gleichzeitig begrüßt Landefeld, dass die „Ampel“ das Bundespolizeigesetz laut Koalitionsvertrag ohne die Befugnis zur Quellen-TKÜ und Online-Durchsuchung novellieren wolle. Dies habe der eco bereits im Vorfeld in seiner „Internetpolitischen Agenda“ gefordert.

eco fordert klare Ansage zum Ende der Vorratsdatenspeicherung

Ein klares Signal fordert der eco demnach nun auch beim Thema Vorratsdatenspeicherung, nachdem jüngst auch EuGH-Generalanwalt Campos Sánchez-Bordona die deutschen Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung für nicht mit EU-Recht vereinbar erklärt habe.
„Unabhängig vom erst in einigen Monaten zu erwartenden EuGH-Urteil sollte die neue Bundesregierung jetzt eindeutig für die Grundrechte einstehen und die Vorratsdatenspeicherung beenden“, betont Landefeld und führt abschließend aus: „Hier hätte ich mir von der ,Ampel‘-Koalition eine klare politische Entscheidung gegen eine Vorratsdatenspeicherung erhofft. Diese Chance haben die Koalitionäre zumindest im Koalitionsvertrag bedauerlicherweise nicht genutzt.“

Weitere Informationen zum Thema:

datensicherheit.de, 23.11.2021
Vorratsdatenspeicherung: eco begrüßt Schlussanträge des EuGH-Generalanwalts / Die Vorratsdatenspeicherung ist demnach nicht mit EU-Recht vereinbar

datensicherheit.de
, 19.10.2021
Ampel-Sondierungspapier: Digitalcourage fordert Nachbesserungen / Digitalcourage formuliert 15 Prioritäten für Koalitionsverhandlungen zwischen SPD, FDP und GRÜNEN

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Freie Ärzteschaft zur ePA: Geplante elektronische Patientenakte führt in die Sackgasse https://www.datensicherheit.de/freie-aerzteschaft-epa-planung-sackgasse https://www.datensicherheit.de/freie-aerzteschaft-epa-planung-sackgasse#respond Mon, 29 Nov 2021 12:07:30 +0000 https://www.datensicherheit.de/?p=41151 Ampel-Koalitionäre zur Rücknahme der geplanten, viel kritisierten Opt-out-Option der ePA aufgefordert

[datensicherheit.de, 29.11.2021] Der Freie Ärzteschaft e.V. fordert in seiner aktuellen Stellungnahme die „Ampel“-Koalitionären zur Rücknahme der geplanten und schon jetzt viel kritisierten „Opt out“-Option bei der elektronischen Patientenakte (ePA) auf. Die ePA soll demnach 2022 an den Start gehen und nach Meinung der „Ampel“ automatisch für alle gesetzlich Versicherten von Geburt an verpflichtend als lebenslange Krankenakte angelegt werden – sofern dem nicht aktiv widersprochen wird („Opt out“). Damit gäbe es einen Paradigmenwechsel gegenüber der bisherigen Gesetzeslage.

ePA-Pläne ähnlich der letztlich gescheiterten Idee einer Widerspruchslösung bei der Organspende

Diese Pläne seien ähnlich der letztlich gescheiterten Idee einer Widerspruchslösung bei der Organspende aus dem Jahr 2020, wonach jeder Bundesbürger zunächst automatisch Organspender geworden wäre und später hätte widersprechen müssen.
„Auch bei der elektronischen Patientenakte können wir uns dieses Prozedere überhaupt nicht leisten, betont Dr. Silke Lüder, Vizevorsitzende der Freien Ärzteschaft und niedergelassene Allgemeinmedizinerin in Hamburg.

ePA nach wie vor völlig unausgereift

Unabhängig von der geplanten „Opt out“-Regelung sei die ePA nach wie vor „völlig unausgereift“ und nicht mehr als eine „unsortierte Sammlung von Dokumenten“, welche für Ärzte kaum nutzbar sei. „Von einer Verbesserung der Versorgung durch digitale Anwendungen kann nicht die Rede sein“, moniert Dr. Lüder.
Die Politik sollte einsehen, dass der geplante Weg „in eine Sackgasse führt“. Denn so werde es zu Chaos in den Arztpraxen bis hin zum Zusammenbruch der ambulanten Versorgung kommen, warnt Dr. Lüder und unterstreicht: „Wir wollen Patientinnen und Patienten behandeln und die Zeit nicht damit verbringen, eine zentral gespeicherte elektronische Akte, die diesen Namen nicht verdient, nach allen möglichen Befunden zu durchsuchen und zu bearbeiten.“

Patienten können ihre ePA selbst befüllen und auch Inhalte löschen

Beim kürzlich in Berlin durchgeführten Kongress der Freien Ärzteschaft, habe unter anderem Dirk Wachendorf, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht, über „Juristische Risiken für Ärztinnen und Ärzte durch die Nutzung der elektronischen Patientenakte“ referiert. Laut Wachendorf könnten Patienten ihre ePA selbst inhaltlich befüllen, „soweit dies nicht durch den Arzt erfolgt“, und auch Inhalte löschen.
Zudem könne der Patient dem Arzt ganz oder nur teilweise Zugriff auf die elektronische Patientenakte geben. Die Ärzte könnten deshalb prinzipiell nicht von einer medizinisch vollständigen Akte ausgehen. Eine unvollständige Sichtung der ePA impliziere einen Befunderhebungsfehler, dieser führe schnell zu einer Beweislastumkehr, Haftung und Verantwortlichkeiten des Arztes würden durch die ePA ausgeweitet.

ePA in geplanter Form massives Risiko für Datensicherheit in Kliniken und Praxen

„Uns Ärzte sollte diese Einschätzung aufrütteln“, so Dr. Lüder und führt weiter aus: „Wir sollten als Berufsstand alles dafür tun, uns nicht auf juristisches Glatteis zu begeben.“ Darüber hinaus gäbe es bei der ePA in der geplanten Form ein massives Risiko für die Datensicherheit in Kliniken und Praxen. Denn es könnten vom Patienten Dokumente in verschiedensten Dateiformaten eingestellt werden, womit erhebliche Risiken durch eingeschleppte Schadsoftware entstünden.
„Niemand kann es verantworten, sein Praxisverwaltungssystem einem solch unkalkulierbaren Risiko auszusetzen, und damit die Sicherheit der Patientendaten und die gesamte Funktionsfähigkeit der Praxis-EDV aufs Spiel zu setzen“, stellt Dr. Lüder klar.

Nach ePA-Einzug in Arztpraxen droht derzeit Notwendigkeit zur doppelten Aktenführung

Wieland Dietrich, Vorsitzender der Freien Ärzteschaft, teilt nach eigenen Angaben Dr. Lüders Bedenken: „Da hilft dann auch keine Datenschutzfolgeabschätzung mehr.“ Sollte diese ePA Einzug in die Arztpraxen halten, entstehe die Notwendigkeit zur doppelten Aktenführung, „weil wir uns auf die ePA alleine überhaupt nicht verlassen können – denn sie ist ja nicht verlässlich und womöglich nicht vollständig“. Deshalb, und bereits aus Dokumentationsgründen, sei die praxis- oder klinikeigene Patientenakte stets weiter zu führen.
Dietrich kritisiert: „Das wäre ein bürokratischer ,GAU‘. Die ePA bringt in der geplanten Form kaum Nutzen für den Patienten – stattdessen doppelte Aktenführung und unkalkulierbare Haftungs- und Datensicherheitsrisiken für Ärzte in Klinik und Praxen. Sie kann damit für Patienten und Ärzte allenfalls freiwillig sein.“

Weitere Informationen zum Thema:

datensicherheit.de, 02.11.2021
Forderung der Freien Ärzteschaft nach Aussetzen der Telematikinfrastruktur / Wieland Dietrich, Vorsitzender der Freien Ärzteschaft, kommentiert: „Einführung war dilettantisch und ist gefährlich.“

datensicherheit.de, 04.11.2019
Auch Freie Ärzteschaft kritisiert Digitales-Versorgungs-Gesetz / „Mit Vollgas gegen Datenschutz und Bürgerrechte“

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Vorratsdatenspeicherung: eco sieht wichtigen Meilenstein für das Ende in Deutschland https://www.datensicherheit.de/vorratsdatenspeicherung-eco-meilenstein-ende-deutschland https://www.datensicherheit.de/vorratsdatenspeicherung-eco-meilenstein-ende-deutschland#respond Mon, 15 Nov 2021 20:25:44 +0000 https://www.datensicherheit.de/?p=41084 eco-Vorstandsvorsitzender fordert Ampel-Koalition und EuGH auf, den Gläsernen Menschen unbedingt zu verhindern

[datensicherheit.de, 15.11.2021] Der eco – Verband der Internetwirtschaft e.V. sieht einen „wichtigen Meilenstein für das Ende der Vorratsdatenspeicherung in Deutschland“, denn am 18. November 2021 werde Manuel Campos Sánchez-Bordona, Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), seine Schlussanträge im Rechtsstreit zwischen der SpaceNet AG und der Bundesrepublik Deutschland vorlegen. Für den eco stellt die Vorratsdatenspeicherung nach eigenen Angaben „einen gravierenden Eingriff“ in die Rechte von Bürgern und die Vertraulichkeit digitaler Kommunikation dar. Der eco-Vorstandsvorsitzende, Oliver Süme, appelliert an den EuGH, die anlasslose und flächendeckende Vorratsdatenspeicherung zu stoppen, da sie einen „unzulässigen Eingriff in die Grundrechte“ darstelle – dieser Appell richte sich auch an die künftige Bundesregierung.

Oliver Süme, Vorstandsvorsitzender des eco – Verbands der Internetwirtschaft e. V.

Bild: eco

Oliver Süme: Vorratsdatenspeicherung ein unzulässiger Eingriff in die Grundrechte…

eco-Vorstandsvorsitzender erwartet EuGH-Absage an Vorratsdatenspeicherung

Datenschutz und Privatsphäre von Nutzern müssten auch bei der digitalen Kommunikation an erster Stelle stehen, fordert der eco-Vorstandsvorsitzende: „Ich hoffe sehr, dass Deutschland aus Luxemburg eine eindeutige Abfuhr in Sachen Vorratsdatenspeicherung erhalten wird.“ Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH zu entsprechenden Gesetzen anderer EU-Staaten wie Frankreich, Belgien, Schweden und Estland sei dies nun auch für die gesetzlichen Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung in Deutschland zu erwarten.
„Die Vorratsdatenspeicherung ist ein Grundrechtseingriff von sehr hoher quantitativer und qualitativer Intensität, hat keinen nachgewiesenen Mehrwert für die Strafverfolgung und kostet die Branche geschätzt über 600 Millionen Euro, die wir besser investieren können“, betont Süme.

Ampel-Koalitionspartner müssten aus Sicht des eco klare Haltung zur Vorratsdatenspeicherungen beziehen

Auch die künftigen Koalitionspartner müssten aus Sicht des eco-Vorstandsvorsitzenden jetzt eine klare Haltung zur Vorratsdatenspeicherungen beziehen: Statt auf die Ansage aus Luxemburg zu warten, habe die neue Bundesregierung jetzt die Chance, für die Grundrechte der Bürger einzutreten, so Süme.
„Es kann nicht sein, dass von Seiten der EU-Kommission und geschäftsführender Bundesregierung sogar Pläne zur Ausweitung der Vorratsdatenspeicherung im Raum stehen.“ Die „Ampel“-Koalition oder der EuGH müssten den Gläsernen Menschen unbedingt verhindern und dafür sorgen, dass die Vorratsdatenspeicherung endgültig „beerdigt“ werde.

Klage zur Vorratsdatenspeicherung: eco unterstützt SpaceNet AG

Der eco unterstütze die SpaceNet AG bei dem Rechtsstreit zur Vorratsdatenspeicherung von Beginn an. Bereits 2016 habe das Unternehmen beim Verwaltungsgericht Köln Rechtsschutz gegen das Gesetz gesucht und vor dem Oberverwaltungsgericht NRW Recht bekommen. Die letzte Instanz, das Bundesverwaltungsgericht, habe im September 2019 dem EuGH die Frage nach Vereinbarkeit der deutschen Gesetze mit Unionsrecht zur Entscheidung vorgelegt.
Am 13. September 2021 habe der EuGH mündlich über die deutschen Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung verhandelt. Nach den Schlussanträgen des Generalanwalts sei voraussichtlich ab Februar 2022 mit dem Urteil zu rechnen.

Weitere Informationen zum Thema:

VERBAND DER INTERNETWIRTSCHAFT E.V. eco
Fact Sheet zur Vorratsdatenspeicherung: Was sind Verkehrsdaten?

VERBAND DER INTERNETWIRTSCHAFT E.V. eco, 15.11.2021
Bericht und Einschätzung im Hinblick auf die erwarteten Schlussanträge des Generalanwalts vom 18.11.2021 bzgl. Vorratsdatenspeicherung – BRD/SpaceNet AG, C-793/19

VERBAND DER INTERNETWIRTSCHAFT E.V. eco, 08.09.2021
Hintergrundpapier zur Vorratsdatenspeicherung anlässlich der mündlichen Verhandlung vor dem EuGH am 13.09.2021, C-793/19

datensicherheit.de, 27.10.2021
Verdachtslose Vorratsdatenspeicherung: Forderung nach Abschaffung an Ampel-Koalitionsverhandlungen / Offener Brief des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung, der Deutschen Aidshilfe und des Deutschen Journalisten-Verbands u.a.

datensicherheit.de, 13.09.2021
Digitalcourage: EuGH-Urteil zur Vorratsdatenspeicherung mit Spannung erwartet / Mündliche Anhörung zur Klage der SpaceNet AG und des eco sowie eines Parallelverfahrens der Telekom gegen Vorratsdatenspeicherung

datensicherheit.de, 19.11.2020
Vorratsdatenspeicherung: Wiedereinsetzung für Deutschland gefordert / Begriff „Verkehrsdatenspeicherung“ soll offenbar Brisanz der Vorratsdatenspeicherung verschleiern

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Verdachtslose Vorratsdatenspeicherung: Forderung nach Abschaffung an Ampel-Koalitionsverhandlungen https://www.datensicherheit.de/verdachtslosigkeit-vorratsdatenspeicherung-forderung-abschaffung-ampel-koalitionsverhandlungen https://www.datensicherheit.de/verdachtslosigkeit-vorratsdatenspeicherung-forderung-abschaffung-ampel-koalitionsverhandlungen#respond Wed, 27 Oct 2021 19:19:24 +0000 https://www.datensicherheit.de/?p=40972 Offener Brief des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung, der Deutschen Aidshilfe und des Deutschen Journalisten-Verbands u.a.

[datensicherheit.de, 27.10.2021] SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sollen in den „Ampel“-Koalitionsverhandlungen ein Ende des Gesetzes zur verdachtslosen Vorratsspeicherung von Verbindungs-, Standort- und Internetdaten durchsetzen – so die Forderung von elf Bürgerrechts- und Berufsverbände in einem Offenen Brief zum Thema Justiz und Inneres – darunter u.a. der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, die Deutsche Aidshilfe und der Deutsche Journalisten-Verband.

Verdachtsunabhängige und wahllose Vorratsdatenspeicherung schädlichste Altlast der Großen Koalition

Die „verdachtsunabhängige und wahllose Vorratsdatenspeicherung“ sei den Organisationen zufolge die „schädlichste Altlast der Großen Koalition“ und „die am tiefsten in die alltägliche Privatsphäre eingreifende und unpopulärste Massenüberwachungsmaßnahme, die der Staat jemals hervorgebracht hat“. Eine derart weitreichende „Registrierung des Verhaltens der Menschen in ganz Deutschland“ sei „für viele Bereiche der Gesellschaft höchst schädlich“, so für die Arbeit von Ärzten, Rechtsanwälten, Psychologen, Beratungsstellen und Journalisten. Die verdachtslose Datensammlung begünstige Datenpannen und -missbrauch und sei von Gerichten schon wiederholt als grundrechtswidrig verworfen worden.

„Sowohl die FDP als auch Bündnis 90/Die Grünen verstehen sich als Verteidiger von Freiheit und Bürgerrechten“, betont Ute Elisabeth Gabelmann vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung für die Initiative. Nun sei es ihre Aufgabe, „den behäbigen Partner SPD in die Spur zu setzen“. Die aktuell bestehende bloße „Aussetzung der Vollziehung“ der Vorratsdatenspeicherung sei nicht akzeptabel. Gabelmann unterstreicht: „Wir fordern von den Koalitionspartnern ein klares Bekenntnis zu Freiheit und unseren Grundrechten und damit das verbindliche Ende jeder verdachtslosen Vorratsdatenspeicherung. Auch den EU-Plänen zur Wiedereinführung muss Deutschland entschiedenen Widerstand entgegen setzen. Die gesamte Bevölkerung unter Generalverdacht zu stellen ist unerträglich!“

Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zur Vorratsdatenspeicherung steht noch aus

SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollten sich demnach am 27. Oktober 2021 mit den Themen Justiz und Inneres befassen. Liberale und Grüne forderten in ihren Wahlprogrammen ein Ende der verdachtslosen Datensammlung. Das 2015 von der sogenannten Großen Koalition beschlossene Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung sei im Juni 2017 vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen für grundrechtswidrig befunden und einstweilen ausgesetzt (Az. 13 B 238/17) worden. Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs stehe aus. Nach dem Gesetz solle verdachtslos von der gesamten Bevölkerung aufgezeichnet werden, „wer mit wem und wo per Telefon oder Handy in Verbindung gestanden oder das Internet genutzt hat“.

Wortlaut des Gemeinsamen Briefs an SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 27. Oktober 2021 lt. AK Vorrat:

Koalitionsverhandlungen: Ende der Vorratsdatenspeicherung in Deutschland

Sehr geehrte Verhandler,

mit unzähligen Überwachungsgesetzen [1] hat die „Große Koalition“ die Grund- und Freiheitsrechte schwer beschädigt. Von einem „Ampel“-Koalitionsvertrag mit den Parteien SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erwarten wir eine Beseitigung der schädlichsten Altlast der „Großen Koalition“, nämlich der Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikationsdaten in Deutschland.

Warum?

    • Die verdachtsunabhängige und wahllose Vorratsdatenspeicherung ist die am tiefsten in die alltägliche Privatsphäre eingreifende und unpopulärste [2] Massenüberwachungsmaßnahme, die der Staat jemals hervorgebracht hat. Das 2015 beschlossene Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung verpflichtet Telekommunikationsgesellschaften, Informationen über die Verbindungen ihrer sämtlichen Kunden aufzuzeichnen. Wochenlang soll nachvollziehbar sein, wer mit wem per Telefon, Handy oder E-Mail in Verbindung gestanden hat. Bei Smartphone-Nutzung ist auch der jeweilige Standort des Benutzers festzuhalten. Die Vorratsspeicherung von Internetkennungen (IP-Adressen) soll in Verbindung mit anderen Informationen nachvollziehbar machen, wer was im Internet gelesen, gesucht oder geschrieben hat.
    •  Eine derart weitreichende Registrierung des Verhaltens der Menschen in ganz Deutschland ist für viele Bereiche der Gesellschaft höchst schädlich. Ohne jeden Verdacht einer Straftat sollen sensible Informationen über die sozialen Beziehungen (einschließlich Geschäftsbeziehungen), die Bewegungen und die individuelle Lebenssituation (z.B. Kontakte mit Ärzten, Rechtsanwälten, Psychologen, Beratungsstellen) von über 80 Millionen Bürgern gesammelt werden. Damit höhlt eine Vorratsdatenspeicherung Anwalts-, Arzt-, Seelsorge-, Beratungs- und andere Berufsgeheimnisse aus und begünstigt Datenpannen und -missbrauch. Sie untergräbt den Schutz journalistischer Quellen und beschädigt damit die Pressefreiheit im Kern. Sie beeinträchtigt insgesamt die Funktionsbedingungen unseres freiheitlichen demokratischen Gemeinwesens. Die enormen Kosten einer Vorratsdatenspeicherung sind ohne Erstattungsregelung von den Telekommunikationsunternehmen zu tragen. Dies zieht Preiserhöhungen nach sich, führt zur Einstellung von Angeboten und belastet mittelbar auch die Verbraucher. Auch unter Bezeichnungen wie „Quick Freeze Plus“ ist eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung inakzeptabel. [3]
    • Es hat sich herausgestellt, dass eine verdachtsunabhängige und wahllose Vorratsdatenspeicherung zur Aufdeckung, Verfolgung und Bestrafung schwerer Straftaten überflüssig ist. Untersuchungen belegen, dass bereits die gegenwärtig verfügbaren Kommunikationsdaten ganz regelmäßig zur effektiven Aufklärung von Straftaten ausreichen. Es gibt keinen wissenschaftlichen Beleg dafür, dass eine Vorratsdatenspeicherung besser vor Kriminalität schützte. Dagegen kostet sie Millionen von Euro, gefährdet die Privatsphäre Unschuldiger, beeinträchtigt vertrauliche Kommunikation und ebnet den Weg in eine immer weiter reichende Massenansammlung von Informationen über die gesamte europäische Bevölkerung.
    • Die verdachtsunabhängige und wahllose Vorratsdatenspeicherung hat sich als grundrechtswidrig erwiesen und gerichtlicher Überprüfung wiederholt nicht standgehalten. Im Juni 2017 wurde die gesetzliche Regelung zur Vorratsdatenspeicherung vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen bereits für europarechtswidrig befunden und ausgesetzt (Az. 13 B 238/17). Die Bundesnetzagentur setzt das Gesetz nicht mehr durch. Nationale Gesetze zur Vorratsdatenspeicherung hat der Europäische Gerichtshof schon mehrfach verworfen. Bis zu einem rechtskräftigen Abschluss der laufenden Verfahren könnten jedoch noch Jahre der Rechtsunsicherheit vergehen.

Als Vertreter der Bürger, der Medien, der freien Berufe, der Justiz und der Wirtschaft lehnen wir eine flächendeckende und verdachtsunabhängige Vorratsdatenspeicherung geschlossen ab. Wir appellieren an Sie, in den Koalitionsverhandlungen ein klares Bekenntnis zur Aufhebung der Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikationsdaten (§113a ff. TKG) in Deutschland einzufordern und auch die sogenannte „freiwillige“ Vorratsdatenspeicherung der Unternehmen (§100 TKG) auf besondere Anlässe und verdächtige Aktivitäten zu beschränken [4]. Die aktuelle Missachtung der europäischen Grundrechte-Charta muss beendet und die freie Kommunikation wieder hergestellt werden. Seien Sie sich unserer Unterstützung dabei versichert.

Mit besten Grüßen

Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung

sowie die Mitunterzeichner

    • Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e.V.
    • Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main
    • Deutsche Aidshilfe
    • Deutscher Fachjournalisten-Verband AG
    • Deutscher Journalisten-Verband e.V.
    • Deutsche Vereinigung für Datenschutz e.V.
    • Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung e.V.
    • Humanistische Union e.V.
    • Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein e.V.
    • Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen (VDJ)

Weitere Informationen zum Thema:

Daten-Speicherung.de
[1] Liste von Überwachungsgesetzen

vorratsdatenspeicherung.de
[2] Der überwachte Bürger zwischen Apathie und Protest – Erste Ergebnisse

vorratsdatenspeicherung.de
[3] Stellungnahme des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung zu dem Gesetzentwurf des Bundesjustizministeriums zur Vorratsdatenspeicherung

vorratsdatenspeicherung.de
[4] Stellungnahme des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung zum Entwurf eines Gesetzes zur Erhöhung der Sicherheit informationstechnischer Systeme (IT-Sicherheitsgesetz), BT-Drucksache 18/4096

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https://www.datensicherheit.de/verdachtslosigkeit-vorratsdatenspeicherung-forderung-abschaffung-ampel-koalitionsverhandlungen/feed 0
Nährwertkennzeichnung: Große Mehrheit für Nutri-Score-Ampel https://www.datensicherheit.de/naehrwertkennzeichnung-grosse-mehrheit-fuer-nutri-score-ampel https://www.datensicherheit.de/naehrwertkennzeichnung-grosse-mehrheit-fuer-nutri-score-ampel#respond Wed, 14 Aug 2019 14:05:28 +0000 https://www.datensicherheit.de/?p=34200 foodwatch meldet, dass laut repräsentativer Forsa-Umfrage 69 Prozent der Deutschen dieses Modell als Nährwertkennzeichnung befürworten

[datensicherheit.de, 14.08.2019] foodwatch meldet, dass laut einer aktuellen repräsentative Forsa-Umfrage 69 Prozent der Deutschen die „Nutri-Score-Ampel“ als Nährwertkennzeichnung befürworten – vor allem Menschen mit geringerer Bildung und mit starkem Übergewicht sprechen sich demnach für die Farbkennzeichnung aus.

forsa-Umfrage: Mehr als zwei Drittel der Befragten bevorzugen Nutri-Score-Ampel

Abbildung: foodwatch

forsa-Umfrage: Mehr als zwei Drittel der Befragten bevorzugen Nutri-Score-Ampel

Nutri-Score vs. Wegweiser Ernährung: 69% zu 25%

Die Mehrheit der in Deutschland Befragten spreche sich für eine Kennzeichnung von Lebensmitteln mit der Nährwertampel „Nutri-Score“ aus – das sei das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage des Forsa-Instituts im Auftrag mehrerer medizinisch-wissenschaftlicher Organisationen und der Verbraucherorganisation foodwatch.
69 Prozent der befragten Personen bevorzugten „Nutri-Score“ gegenüber dem von Bundesernährungsministerin Julia Klöckner in Auftrag gegebenen Kennzeichnungsmodell „Wegweiser Ernährung“ – dieses sei beim Großteil der Verbraucher durchgefallen: Nur 25 Prozent hätten sich für das Modell „Wegweiser Ernährung“ ausgesprochen. So habe es die Mehrheit der Befragten im Vergleich eher als „kompliziert“ und „verwirrend“ beurteilt. Die auftraggebenden Organisationen forderten daher Ernährungsministerin Klöckner auf, „im Kampf gegen Fehlernährung keine Zeit mehr zu verlieren und schnellstmöglich den ,Nutri-Score‘ einzuführen“.

Nutri-Score zuvor in über 35 wissenschaftlichen Studien Wirksamkeit bewiesen

„Die Umfrage zeigt: Die deutschen Verbraucherinnen und Verbraucher wollen den ,Nutri-Score‘. Diese Nährwert-Ampel hat zuvor in über 35 wissenschaftlichen Studien ihre Wirksamkeit bewiesen“, berichtet Barbara Bitzer, Sprecherin des Wissenschaftsbündnisses DANK und Geschäftsführerin der Deutschen Diabetes Gesellschaft. „Wir erwarten, dass Bundesernährungsministerin Julia Klöckner den ,Nutri-Score‘ schnellstmöglich einführt. Ein Label, das die Mehrheit der Menschen als verwirrend empfindet, ist wissenschaftlich nicht akzeptabel“, so ihre Forderung.
Das Forsa-Institut hatte nach Angaben der Auftraggeber 1.003 repräsentativ ausgewählten Verbraucher online beispielhaft Lebensmittel gezeigt, die mit den beiden Nährwertmodellen gekennzeichnet waren. „Im Anschluss sollten die Teilnehmenden im direkten Vergleich beispielsweise bewerten, welches Modell verständlicher ist und die Wahl gesunder Lebensmittel eher erleichtert.“ In der Umfrage hätten sich vor allem jene besonders stark von Fehlernährung betroffenen Bevölkerungsgruppen für den ,Nutri-Score‘ ausgesprochen. Die Befragten mit geringem formalem Bildungsgrad und jene mit starkem Übergewicht bevorzugten jeweils zu drei Vierteln den „Nutri-Score“. Beide Gruppen bewerteten diesen auch häufiger als hilfreicher bei der Auswahl gesunder Produkte. Den „Wegweiser Ernährung“ hingegen habe ein besonders großer Anteil der Personen mit starkem Übergewicht „als das kompliziertere Label“ empfinden.

Nutri-Score soll helfen, Kinder vor Übergewicht zu bewahren

„Das neue Kennzeichnungssystem muss gerade für die besonders von Fehlernährung und Übergewicht betroffenen Bevölkerungsgruppen verständlich sein“, betont Prof. Dr. Berthold Koletzko, Vorsitzender der Ernährungskommission der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin. „Wenn Eltern einen geringen Bildungsstand haben oder übergewichtig sind, dann haben ihre Kinder ein deutlich erhöhtes Risiko, auch dick zu werden. Der ,Nutri-Score‘ erreicht diese Bevölkerungsgruppen offenbar gut und kann deshalb wirksam helfen, Kinder vor Übergewicht zu schützen.“
Die Umfrage habe auch erfasst, wie wichtig den Verbrauchern bestimmte Eigenschaften bei einer Kennzeichnung sind: Ein Label müsse demnach vor allem „eindeutig“ sein (72 Prozent hielten dies für „sehr wichtig“), „leicht verständlich“ (70 Prozent) und „unkompliziert“ (61 Prozent). Genau diese Eigenschaften sähen die Befragten vor allem beim „Nutri-Score“ gegeben. Detaillierte Informationen auf der Vorderseite der Verpackung wie beim „Wegweiser Ernährung“ seien den Menschen hingegen deutlich weniger wichtig (35 Prozent).

Nutri-Score kann schnelle, verständliche Orientierung beim Einkauf bieten

„Die Umfrage zeigt klar, dass der ,Nutri-Score‘ genau das liefert, was die Menschen erwarten – eine schnelle, verständliche Orientierung beim Einkauf“, so Prof. Dr. Hans Hauner, Vorsitzender der Deutschen Diabetes Stiftung und Beiratsmitglied der Deutschen Adipositas-Gesellschaft. „Die Politik muss diese wirksame Maßnahme für eine gesündere Ernährung endlich umsetzen.“
Ärzteverbände, medizinische Fachgesellschaften und Verbraucherorganisationen forderten schon seit Langem verbindliche Maßnahmen gegen Fehlernährung und Übergewicht – eine verständliche Nährwertkennzeichnung in Ampelfarben sei dabei ein wichtiger Baustein. In Ermangelung einer verbindlichen EU-weiten Regelung hätten inzwischen mehrere Länder Ampelkennzeichnungen auf freiwilliger Basis eingeführt.

Bereits in Frankreich und Belgien wird Nutri-Score verwendet

Der von unabhängigen französischen Wissenschaftlern entwickelte „Nutri-Score“ werde bereits in Frankreich und Belgien verwendet – Spanien habe seine Einführung angekündigt und auch in Portugal, Luxemburg und der Schweiz werde über die Einführung diskutiert. Das Modell nehme eine Gesamtbewertung der Nährwertzusammensetzung eines Produktes vor, „indem es ernährungsphysiologisch günstige und ungünstige Nährwertbestandteile miteinander verrechnet und auf einer von grün nach rot abgestuften Farbskala einordnet“. Mit dem „Nutri-Score“ ließen sich so die Nährwerte verschiedener Lebensmittel wie Tiefkühlpizzen, Frühstücksflocken oder Fruchtjoghurts auf einen Blick vergleichen.
Den „Wegweiser Ernährung“ habe Bundesministerin Klöckner im Mai 2019 vorgelegt – das staatliche Max Rubner-Institut habee das Modell in ihrem Auftrag entwickelt. Anders als beim „Nutri-Score“ fehle bei diesem „Waben“-Modell eine Einordnung in Ampelfarben.

Weitere Informationen zum Thema:

forsa, 18.07.2019
Meinungen zu Kennzeichnungssystemen bei Lebensmitteln

datensicherheit.de, 11.04.2019
foodwatch: Neue Nährwertkennzeichnung der Industrie irreführend / Verbraucherorganisation fordert Ende des „Kennzeichnungs-Wirrwarrs“

datensicherheit.de, 21.01.2019
foodwatch fordert Engagement für Lebensmittelampel in Deutschland / Französisches Vorbild „Nutri-Score“ informiert in Ampelfarben über ausgewogene Produkte

datensicherheit.de, 23.08.2018
Vorbild Frankreich: Belgien führt Lebensmittelampel ein / „Nutriscore“-Modell soll gesunde Ernährung fördern

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https://www.datensicherheit.de/naehrwertkennzeichnung-grosse-mehrheit-fuer-nutri-score-ampel/feed 0
foodwatch: Neue Nährwertkennzeichnung der Industrie irreführend https://www.datensicherheit.de/foodwatch-naehrwertkennzeichnung-industrie-irrefuehrend https://www.datensicherheit.de/foodwatch-naehrwertkennzeichnung-industrie-irrefuehrend#respond Thu, 11 Apr 2019 19:52:52 +0000 https://www.datensicherheit.de/?p=31405 Verbraucherorganisation fordert Ende des „Kennzeichnungs-Wirrwarrs“

[datensicherheit.de, 11.04.2019] Die Verbraucherorganisation foodwatch kritisiert entschieden den Vorschlag der Lebensmittelbranche für eine neue Nährwertkennzeichnung. Das am 11. April 2019 vom Lobbyverband der Lebensmittelwirtschaft vorgestellte Modell sei irreführend und für Verbraucher erwiesenermaßen deutlich weniger verständlich als eine Kennzeichnung in Ampelfarben. Die Lösung für eine verbraucherfreundliche Nähwertkennzeichnung liege mit der „Nutri-Score“-Ampel längst auf dem Tisch. foodwatch fordert Bundesernährungsministerin Julia Klöckner auf, sich wie ihre Kollegen in Frankreich, Belgien und Spanien „endlich“ für die Kennzeichnung mit dem „Nutri-Score“ stark zu machen. Union und SPD hätten im Koalitionsvertrag vereinbart, bis zum Sommer 2019 ein eigenes Modell zur Nährwertkennzeichnung zu erarbeiten, welches „gegebenenfalls vereinfacht visualisiert wird“. Bundesernährungsministerin Klöckner habe sich bisher gegen das Konzept einer Lebensmittelampel gestellt.

Plädoyer für existierendes, von mehreren europäischen Regierungen und der Wissenschaft getragenes Modell

„Die neue Nährwertkennzeichnung der Industrie ist ein dreister Versuch, eine verbraucherfreundliche Kennzeichnung zu verhindern. Anstatt im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher ein existierendes, von mehreren europäischen Regierungen und der Wissenschaft getragenes Modell wie den ,Nutri-Score‘ zu unterstützen, versucht die deutsche Lebensmittelindustrie mit einem eigenen Modell Verwirrung zu stiften“, kritisiert Luise Molling von foodwatch. Im Gegensatz dazu hätten sich die französische und seit letzter Woche auch die belgische Lebensmittelwirtschaft klar für den „Nutri-Score“ entschieden.
Das Industrie-Modell sieht demnach fünf Kreise auf der Vorderseite der Verpackung vor, die jeweils die im Lebensmittel enthaltene Kalorienanzahl und die Menge an Fett, gesättigten Fettsäuren, Zucker und Salz visualisieren sollen. In Form eines Tortendiagramms werde dargestellt, wie viel Prozent der empfohlenen maximalen täglichen Zufuhr dieser Nährstoffe der Verzehr von 100 Gramm beziehungsweise 100 Milliliter des Lebensmittels ausmachen.

Neues Modell weniger verständlich als die Lebensmittel-Ampel

foodwatch kritisiert nach eigenen Angaben insbesondere folgende Punkte am Vorschlag der Industrie:
– Das neue Modell sei „weniger verständlich als die Lebensmittel-Ampel“: Wissenschaftliche Studien belegten, dass eine Kennzeichnung in Ampelfarben die verständlichste Form der Nährwertkennzeichnung sei. Diese könne dazu beitragen, „dass Menschen gesünder einkaufen“. Eine einfarbige Kennzeichnung habe dagegen praktisch keinen Einfluss auf das Einkaufsverhalten – dies belege eine groß angelegte Studie der französischen Regierung, die verschiedene Kennzeichnungsmodelle unter realen Einkaufsbedingungen miteinander verglichen habe.
– Zu hoher Referenzwert für Zucker: Die Industriekennzeichnung suggeriere, man müsse täglich eine bestimmte Menge an ungünstigen Nährstoffen konsumieren. Für Zucker etwa liege „der unter Lobbyeinfluss festgelegte Referenzwert bei 90 Gramm pro Tag“. Die Weltgesundheitsorganisation empfehle dagegen, dass eine erwachsene Frau täglich nicht mehr als 50 Gramm, besser noch maximal 25 Gramm an freien Zuckern zu sich nehmen sollte.

Gesamtbewertung des Nährwertprofils eines Produktes mit „Nutri-Score“

Ärzteverbände, Krankenkassen und Verbraucherorganisationen forderten schon seit Langem verbindliche Maßnahmen gegen Fehlernährung und Übergewicht, etwa eine verständliche Nährwertkennzeichnung in Ampelfarben oder eine Steuer auf gesüßte Getränke.
In Ermangelung einer verbindlichen europäischen Regelung hätten mehrere Länder Ampelkennzeichnungen auf freiwilliger Basis eingeführt. Das von französischen Wissenschaftlern entwickelte Modell „Nutri-Score“ finde dabei gegenwärtig immer mehr Unterstützer: Es sei bereits in Frankreich und Belgien eingeführt worden, auch Spanien habe seine Einführung angekündigt.
Das Modell sei von unabhängigen Wissenschaftlern entwickelt worden und nehme eine Gesamtbewertung des Nährwertprofils eines Produktes vor, indem günstige und ungünstige Nährwertbestandteile mit Punkten bewertet und dann miteinander verrechnet würden. Lebensmittel wie Tiefkühlpizzen, Frühstücksflocken oder Fruchtjoghurts ließen sich mit dem „Nutri-Score“ auf einen Blick vergleichen.

Weitere Informationen zum Thema:

BLL Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e.V., 11.04.2019
Nährwerte auf der Schauseite: Spitzenverband der Lebensmittelwirtschaft entwickelt neues Kennzeichnungsmodell

foodwatch die Essensretter
Fragen & Antworten zum „Nutri-Score“

nutrients, 01.10.2018
Objective Understanding of Front-of-Package Nutrition Labels: An International Comparative Experimental Study across 12 Countries

REPUBLIQUE FRANCAISE, MINISTERE DES AFFAIRES SOCIALES ET DE LA SANTE, 21.04.2017
Simplified nutrition labelling / Implementation of the Law on Modernising our Health System (article 14-II) / Report of the steering committee for assessment under actual buying conditions

datensicherheit.de, 21.01.2019
foodwatch fordert Engagement für Lebensmittelampel in Deutschland

datensicherheit.de, 23.08.2018
Vorbild Frankreich: Belgien führt Lebensmittelampel ein / „Nutriscore“-Modell soll gesunde Ernährung fördern

datensicherheit.de, 31.01.2018
Produktwarnungen: foodwatch kritisiert unzureichende Information der Verbraucher

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https://www.datensicherheit.de/foodwatch-naehrwertkennzeichnung-industrie-irrefuehrend/feed 0