Aktuelles, Experten - geschrieben von am Freitag, September 14, 2012 20:20 - noch keine Kommentare

Reform des Melderechts: Entgegenkommen gegenüber Adress- und Inkassowirtschaft führt zu erhöhtem Prüfaufwand

Durchführung von Stichproben bei behaupteten Einwilligungen und Kontrollieren von mehr Einzelanfragen sowie Beschwerden ein zu hoher Preis

[datensicherheit.de, 14.09.2012] Nur wenig Begeisterung hätten die Vorschläge des Innen- und des Rechtsausschusses des Bundesrates zum „Gesetz zur Fortentwicklung des Meldewesens“ beim Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) ausgelöst. Vorausgegangen waren ein Entwurf der Bundesregierung vom November 2011 und eine Änderung durch den Bundestag mit der Mehrheit der Regierungsfraktionen Ende Juni 2012. Hintergrund der Änderung ist Lobbyarbeit der Werbe- und Inkassowirtschaft, die Adressdaten der hoheitlichen Melderegister bei Vorliegen von früheren Adressen erhalten möchte, ohne dass die Betroffenen dem wirksam widersprechen können, geschweige denn gefragt werden.
Dieser in einer „Nacht- und Nebelaktion“ unter fragwürdigen Umständen zustandegekommene Beschluss sei auf große öffentliche Empörung gestoßen, so der ULD. Daraufhin hätten Vertreter der Regierungsparteien ihre Bereitschaft signalisiert, die bisher von der Bundestagsmehrheit beschlossene Regelung in der Sitzung des Bundesrates am 21. September 2012 zu stoppen und den Vermittlungsausschuss anzurufen, um die privatwirtschaftliche Nutzung von Meldedaten datenschutzkonform zu regeln. Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder habe hierzu mit Entschließung vom 22. August 2012 konstruktive Vorschläge gemacht, die beispielsweise den Verzicht auf die Mitwirkung des Wohnungsgebers vorsähen. Statt nun demgemäß eine umfassende datenschutzrechtliche Überarbeitung des Meldegesetzentwurfes vorzunehmen, beschränkten sich die Bundesratsvorschläge auf den konkreten öffentlichen Aufreger – sie versuchten weiterhin, den Datenbedürfnissen von Werbung und Adresshändlern entgegenzukommen, kritisiert der ULD.
Das Entgegenkommen gegenüber der Adress- und Inkassowirtschaft hätte zur Folge, dass auf die Melde- und die Datenschutzbehörden ein erhöhter Prüfaufwand zukomme, warnt Thilo Weichert, Leiter des ULD. Die Durchführung von Stichproben bei behaupteten Einwilligungen und das Kontrollieren von absehbar mehr Einzelanfragen und Beschwerden seien ein hoher Preis dafür, dass der Privatwirtschaft insbesondere für Werbezwecke hoheitliche Meldedaten bereitgestellt würden.
Die von den Ausschüssen dem Bundesrats-Plenum vorgeschlagenen drei Alternativen berücksichtigten in unterschiedlichem Maße das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der betroffenen Bürgerinnen und Bürger. Nach Ansicht des ULD müssten zumindest folgende Aspekte bei der Behandlung im Bundesrat am 21. September 2012 berücksichtigt werden:

  • Sicherstellung, dass die Einwilligungen zu Datenübermittlungen für Werbe- und Adresshandelszwecke tatsächlich freiwillig erteilt werden,
  • Nachweispflicht auf Verlangen der Meldebehörden über das Vorliegen einer Einwilligung,
  • Sicherstellung der Zweckbindung beim Auskunftsempfänger,
  • Protokollierung der Zwecke bei den Meldebehörden,
  • Verbot des bisher von einigen Firmen praktizierten Adresspoolings, bei dem für Dritte abgefragte Adressdaten für eigene Auskunfteizwecke zweckentfremdet werden,
  • Bußgeldregelungen bei Verletzung der Zweckbindung.

Weitere Informationen zum Thema:

Unabhängiges Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein, 14.09.2012
Ausarbeitung des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) vom 14.09.2012 anlässlich der öffentlichen Diskussion über die Reform des Melderechts / Das Melderecht und der Adresshandel

Bundesrat
Gesetz zur Fortentwicklung des Meldewesens / Datum der Herausgabe: 10.09.12
http://www.bundesrat.de/cln_236/nn_8336/SharedDocs/Drucksachen/2012/0401-500/489-1-12,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/489-1-12.pdf

Unabhängiges Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein, 22.08.2012
Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder einigte sich mit Datum vom 22.08.2012 auf die folgende Entschließung: Melderecht datenschutzkonform gestalten!
https://www.datenschutzzentrum.de/melderecht/entschliessung-der-konferenz.htm



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