Aktuelles, Experten - geschrieben von am Samstag, Oktober 12, 2019 23:25 - noch keine Kommentare

foodwatch zum Wurst-Rückruf: Informationsrechte unzureichend

Laut Verwaltungsgericht Kassel haben Verbraucher keinen Anspruch auf schnelle Auskunft über Verkaufsstellen

[datensicherheit.de, 12.10.2019] Nach Angaben des foodwatch e.V. hat das Verwaltungsgericht Kassel einen „Eil-Antrag auf Herausgabe verbraucherrelevanter Informationen zum Rückruf der Wilke-Produkte durch hessische Behörden“ zurückgewiesen. Den Beschluss hat das Gericht foodwatch demnach am 11. Oktober 2019 mitgeteilt (Aktenzeichen 4 L 2482/19.KS). Die Verbraucherorganisation hatte nach eigenen Angaben eine einstweilige Anordnung gegen den hessischen Landkreis Waldeck-Frankenberg beantragt, um diesen zur „Herausgabe von Informationen über die Verkaufs- und Abgabestellen der zurückgerufenen Produkte“ zu verpflichten. Dieser Antrag sei gescheitert. Zuvor habe das hessische Verbraucherschutzministerium gegenüber foodwatch erklärt, über eine Herausgabe der Informationen nicht eilig, sondern nur nach den gesetzlichen Regelfristen entscheiden zu wollen – damit würden die Angaben frühestens nach zwei Monaten öffentlich.

Behörden sollten Informationen über möglicherweise gesundheitsgefährdende Produkte sofort öffentlich machen

„Nach unserer Auffassung hätten die Behörden schon von sich aus alle bekannten Informationen zu Verkaufsstellen und Abnehmern der Wilke-Wurst öffentlich machen müssen. Dies haben sie nicht getan. Nach Auffassung des Gerichts haben die Verbraucher auf Antrag keinen Rechtsanspruch auf schnelle Information. Das zeigt: Die Gesetze sind nicht ausreichend, um die Menschen wirksam vor Gesundheitsgefahren zu schützen“, kritisiert foodwatch-Geschäftsführer Martin Rücker.
Die Verbraucherorganisation fordert die Bundesernährungsministerin auf, die Informationsrechte der Menschen mit einer Gesetzesänderung zu stärken. Rücker: „Die Behörden müssen ohne jeden Ermessensspielraum dazu verpflichtet werden, die ihnen vorliegenden Informationen über möglicherweise gesundheitsgefährdende Produkte und die Verkaufsstellen sofort öffentlich zu machen, damit sich Menschen schützen können.“

Behörde müssten mittlerweile auch weitere Informationen zu Endverkaufsstellen vorliegen

Das Verbraucherinformationsgesetz, auf das foodwatch seinen Antrag begründet habe, diene „nicht der akuten Verbraucherwarnung“, heißt es im Beschluss des Verwaltungsgerichts. foodwatch kritisiert, dass den Menschen damit ein Instrument fehle, um ihre Rechte durchzusetzen, wenn die Behörden nicht von sich aus alle gesundheitsrelevanten Informationen transparent machten.
foodwatch hat angekündigt zu prüfen, ob dennoch eine Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Kassel eingelegt werde. „Der Beschluss ist insofern fehlerhaft, als dass er davon ausgeht, dass die beantragten Informationen beim Landkreis nicht vorhanden sind. Tatsächlich hat der Landkreis selbst angegeben, dass eine Abnehmerliste von Wilke existiere, zudem müssen der Behörde mittlerweile auch weitere Informationen zu den Endverkaufsstellen vorliegen. Darüber hinaus lehnte das Gericht den Antrag ab, weil mit der Entscheidung im Eilverfahren die Hauptsache bereits vorweggenommen würde (also die Frage, ob aus dem Verbraucherinformationsrecht ein Auskunftsanspruch abzuleiten ist) und weil im Falle einer Nicht-Herausgabe der Informationen an foodwatch der Organisation keine unzumutbaren Nachteile entstünden.“ Es liege in der Natur des Verfahrens, dass nicht geprüft werde, inwieweit eine schwerer Nachteil für die Verbraucher besteht, die beispielsweise zurückgerufene Produkte verzehrt haben und dies nicht zuverlässig nachprüfen können.

Liste mit mehr als 1.100 Produktnamen aus der Produktion veröffentlicht

Der Rückruf sei am 2. Oktober 2019 „wegen einer möglichen Belastung mit Listerien erfolgt und erstreckt sich auf alle Produkte der Firma Wilke“. Zunächst hätten die hessischen Behörden nur den Herstellernamen und das sogenannte Identitätskennzeichen genannt. Scheibchenweise hätten sie auf öffentlichen Druck hin schließlich auch die Namen weiterer betroffener Marken und eine Liste mit mehr als 1.100 Produktnamen aus der Produktion von Wilke veröffentlicht.
Doch weil Wilke-Waren vor allem auch in Kantinen, Krankenhäusern oder an Wursttheken ohne entsprechende Kennungen abgegeben worden seien, reichten die Behördenangaben nicht aus: „Verbraucherinnen und Verbraucher können damit nicht sicher prüfen, ob sie die aus gesundheitlichen Gründen zurückgerufenen Produkte erworben oder bereits verzehrt haben.“

Herausgabe aller vorliegenden Informationen über Verkaufs- und Abgabestellen sowie einer vorhandenen Abnehmerliste beantragt

foodwatch hatte daher nach eigenen Angaben am 6. Oktober 2019 beim Landkreis Waldeck-Frankenberg, beim Regierungspräsidium Darmstadt und beim hessischen Verbraucherschutzministerium mit einer Frist von 48 Stunden die Herausgabe aller den Behörden vorliegenden Informationen über die Verkaufs- und Abgabestellen und einer vorhandenen Abnehmerliste der Firma Wilke beantragt.
Das hessische Umweltministerium habe daraufhin mitgeteilt, „dass es die Anfrage erst nach den Regelfristen des Verbraucherinformationsgesetzes beantworten will“ – damit hätten die Menschen frühestens nach zwei Monaten die jetzt benötigten Informationen erhalten. Landkreis und Regierungspräsidium hätten bis zum 11. Oktober 2019 gar nicht auf den Antrag geantwortet. Der Eil-Antrag an das Verwaltungsgericht Kassel habe darauf abgezielt, den Landkreis Waldeck-Frankenberg als für die Firma Wilke zuständige Lebensmittelkontrollbehörde zur schnellen Auskunft zu verpflichten.

Weitere Informationen zum Thema:

foodwatch e.V.
Beschluss des Verwaltungsgerichts Kassel

datensicherheit.de, 11.04.2019
foodwatch: Neue Nährwertkennzeichnung der Industrie irreführend



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