Aktuelles, Branche, Gastbeiträge - geschrieben von am Freitag, November 21, 2025 16:36 - noch keine Kommentare

Domains – Digitale Identität als Chefsache

Die eigene Adresse im Netz ist ein strategisches Kern-Asset

[datensicherheit.de, 21.11.2025] Weltweit existieren derzeit rund 371,7 Millionen registrierte Domains (Berechnung von Global Domain Report 2025 und Verisign). Jede einzelne Domain kann Ziel eines Angriffs sein. Für Unternehmen bedeutet das: Die eigene Adresse im Netz ist längst nicht mehr nur ein technischer Eintrag, sondern strategisches Kern-Asset. Wer sie verliert, verliert digitale Handlungsfähigkeit, Vertrauen und oft auch Geschäft.

Zahlreiche bekannte Beispiele

Bekannte Beispiele zeigen, wie schnell es gehen kann. Microsoft verlor schon Ende der 1990er-Jahre durch Social Engineering zeitweise die Kontrolle über die eigene Domain. Google versäumte 2021 die Verlängerung von google.com.ar – ein Privatnutzer registrierte sie kurzerhand. Auch die Open-Source-Plattform perl.com wurde entführt und wochenlang auf fragwürdige Inhalte geleitet.

Solche Fälle sind keine Randnotizen, sondern Warnungen: Wenn selbst Branchenriesen straucheln, sind Mittelständler erst recht gefährdet.

Die wachsende Angriffsfläche

Das Wachstum des Domain-Bestands zeigt die Dimension: Der DNIB-Report weist für Q2/2025 einen Anstieg um 3,3 Millionen Domains im Vergleich zum Vorquartal aus. Parallel steigt die Zahl der Streitfälle. 2024 registrierte die Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) 6.168 UDRP-Verfahren aus 133 Ländern – ein neuer Höchstwert. UDRP steht für Uniform Domain-Name Dispute-Resolution Policy, ein von der ICANN entwickeltes Schlichtungsverfahren für Domain-Streitigkeiten. Auch der Domain Dispute Digest 2025 von GigaLaw meldet ein anhaltend hohes Streitvolumen. Unternehmen aller Branchen müssen ihre Rechte verteidigen – der Aufwand wächst stetig.

Domain-Hijacking ist dabei nur eine von mehreren Bedrohungen. Angreifer nutzen Social Engineering, um Mitarbeitende zur Herausgabe von Zugangsdaten zu bewegen. Sie täuschen Registrare mit gefälschten Dokumenten oder nutzen schlicht organisatorische Lücken, wenn Verlängerungen versäumt werden. Auch Reverse Hijacking, also der Missbrauch angeblicher Markenrechte, nimmt zu. Die Konsequenzen reichen von unterbrochener Kommunikation bis hin zu kompletten Reputationsverlusten.

Noch immer wird die Sicherung von Domains oft in der IT verortet – ein gefährlicher Trugschluss. Denn betroffen ist nicht nur die technische Infrastruktur, sondern die gesamte Unternehmensidentität. Kunden unterscheiden nicht, ob eine Website wegen eines Hacks oder wegen eines internen Fehlers offline ist. Sie sehen: Die Marke hat ihre Hausaufgaben nicht gemacht.

Für Vorstände und Geschäftsführung heißt das: Domain-Sicherheit gehört in die Unternehmensstrategie. Sie betrifft Marketing, Kommunikation, Compliance und IT gleichermaßen. Wer das Thema delegiert, riskiert Kontrollverlust über das zentrale Tor zur Marke.

Organisatorische und technische Hausaufgaben

Ein wirksamer Schutz beginnt mit klaren Verantwortlichkeiten:

  • Wer verwaltet das Domain-Portfolio?
  • Wie darf auf die Haupt-Domain zugreifen?
  • Wie sind Zugangsdaten dokumentiert?
  • Sind Prozesse für Verlängerungen automatisiert?

Ohne diese Grundlagen greifen auch die besten Sicherheitsmechanismen nicht.

Technisch sind mehrere Ebenen unverzichtbar. Zwei-Faktor-Authentifizierung ist Pflicht, Registrar- und Registry-Locks erschweren unautorisierte Transfers. DNSSEC (Domain Name System Security Extensions) sichert die Authentizität von DNS-Antworten ab. Monitoring-Tools schlagen Alarm, wenn Nameserver geändert oder ähnliche Domains registriert werden. Und: Alte Domains sollten nicht einfach aufgegeben werden. Wer sie löscht, öffnet Angreifern Tür und Tor zu Catch-All-Adressen, über die sensible Kommunikation abgefangen werden kann.

Der Weg zurück zur eigenen Domain ist zeitaufwendig. Verfahren wie die UDRP bei der WIPO dauern Monate und erfordern eindeutige Markenrechte. Nationale Mechanismen wie der Dispute-Eintrag bei der DENIC bieten Schutz, sind aber ebenfalls nur reaktiv. Das zeigt: Prävention ist billiger als Rückeroberung. Laut WIPO dauert ein UDRP-Fall im Schnitt mehrere Monate und verursacht Kosten von mehreren tausend US-Dollar, ganz abgesehen von Reputationsschäden, die kaum bezifferbar sind.

Resilienz als Führungsaufgabe

Das Thema gewinnt auch durch Regulierung an Relevanz. Mit der europäischen NIS-2-Richtlinie werden Unternehmen verpflichtet, digitale Assets konsequent abzusichern. Domains sind Teil davon. Für die Geschäftsführung bedeutet das: Wer hier spart, riskiert nicht nur Imageschäden, sondern künftig auch Bußgelder.

Damit wird klar: Domains sind kein technisches Anhängsel, sondern Teil der Business Continuity. Ein Ausfall bedeutet Stillstand in Vertrieb, Kommunikation und Service. Strategisch geführte Unternehmen behandeln ihre Domain-Portfolios deshalb wie andere kritische Assets – von Produktionsanlagen bis zu Finanzsystemen.

Fazit: Domains sind Chefsache

Domains sind weit mehr als Webadressen. Sie sind die Eintrittspforte zur Marke, Vertrauensanker für Kunden und Grundlage geschäftlicher Kommunikation. Ihr Verlust trifft Unternehmen ins Herz. Wer Domains nicht absichert, handelt fahrlässig – technologisch, organisatorisch und strategisch. Das Fazit ist eindeutig: Domain-Management ist Chefsache. Denn nur wenn Führungskräfte Verantwortung übernehmen, werden die nötigen Ressourcen und Prozesse geschaffen, um Angriffe abzuwehren. In einer digitalen Wirtschaft, die von Vertrauen lebt, sind sichere Domains kein Detail. Sie sind Chefsache.

Über den Autor:

Christian Dallmayer, General Manager united-domains GmbH

Christian Dallmayer, General Manager united-domains GmbH, Bild: united-domains GmbH

Christian Dallmayer verfügt über mehr als 15 Jahre Erfahrung im Web-, Technologie- und E-Commerce-Bereich, darunter bei der Q&A-Plattform gutefrage.net, dem Softwareunternehmen equinux AG und der Live-Shopping-Plattform 1-2-3.tv. Er hat einen Abschluss als Diplom-Politologe (Univ.) mit Schwerpunkt Politikwissenschaft, Marketing, Methoden der empirischen Sozialforschung an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg. Er arbeitet seit 2022 bei der united-domains GmbH und ist als General Manager für die Bereiche B2B und B2C verantwortlich.

Weitere Informationen zuzm Thema:

datensicherheit.de, 13.05.2025
Domain-Hijacking: Wie Unternehmen ihre digitale Identität verlieren können



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