Aktuelles, Experten - geschrieben von cp am Mittwoch, Juli 8, 2015 10:01 - noch keine Kommentare
Industrie 4.0 auf neuen Internet-Standard angewiesen
In Deutschland werde schon knapp 20 Prozent des Datentransfers von Unternehmen über IPv6 abgewickelt
[datensicherheit.de, 08.07.2015] Am Hasso-Plattner-Institut (HPI) berät an diesem Freitag (10.07.2015) der Deutsche IPv6-Rat über die Fortschritte beim Übergang zu neuen Datenverkehrsregeln im Internet. In Deutschland werde schon knapp 20 Prozent des Datentransfers von Unternehmen über den neuen Internet-Standard IPv6 abgewickelt, teilte der Ratsvorsitzende und HPI-Direktor Prof. Christoph Meinel im Vorfeld mit. „Damit steht Deutschland nach Belgien mit fast 41 Prozent und den USA mit gut 22 Prozent an dritter Stelle in der Welt“, sagte Meinel.
Der Potsdamer Informatikwissenschaftler hob in diesem Zusammenhang besonders den Beitrag der Telekommunikationsanbieter Kabel Deutschland, Kabel BW und Deutsche Telekom hervor. Diese bevorzugten jeweils schon für mehr als ein Viertel ihrer Dienste und Systeme das Internetprotokoll IPv6. Unterdessen kündigte die Telekom an, IPv6 als erster deutscher Mobilfunknetzbetreiber ab August auch im Regelbetrieb einzuführen. Beim Unternehmen SAP liege die potenzielle Verwendungsquote schon bei 57 Prozent und bei Merck sogar bei 98 Prozent, ergänzte Meinel.
Der Vorsitzende des IPv6-Expertengremiums verwies darauf, dass die für Nordamerika zuständige Vergabestelle für Internetadressen ARIN in der vergangenen Woche erstmals eine Anforderung von Adressen nach dem alten Protokoll IPv4 nicht mehr habe erfüllen können. Dies unterstreiche, wie wichtig für sämtliche Internetaktivitäten ein schneller flächendeckender Umstieg auf die moderneren Datenverkehrsregeln des IPv6-Standards sei, erklärte Meinel.
„Für das Internet der Dinge und insbesondere die Vernetzung von Produktionsanlagen zur Industrie 4.0 ist einzig und allein der neue Standard eine vernünftige und effiziente Lösung“, betonte der Potsdamer Wissenschaftler im Vorfeld des Ratstreffens. Auf der Sitzung will das HPI auch auf den riesigen Bedarf an Internet-Anschlussadressen für Sensor-Netzwerke aufmerksam machen. Dieser Bedarf ist nach dem bisherigen Standard nicht zu decken. Zudem erfordere das Nebeneinander des Einsatzes von IPv4 und IPv6 einen erhöhten Installations- und Wartungsaufwand. Daher sei eine zügige, flächendeckende Umsetzung von IPv6 nötig, so Meinel
Ziel des Deutschen IPv6-Rats ist es, Entscheidungsträger aus Industrie, Wirtschaft und Regierung zu mobilisieren, ausreichend IPv6-Expertise und Kapazitäten aufzubauen. „IPv6 als genutzten Standard zu etablieren, muss auch in den kommenden Jahren unser Ziel bleiben“, betonte Meinel. Im Gegensatz zu asiatischen und ozeanischen Ländern, wo aufgrund der Adressknappheit schon länger das neue Protokoll eingesetzt werde, hinkten westliche Länder noch hinterher. Um den Anschluss an die technologische Entwicklung in anderen Teilen der Welt nicht zu verschlafen, so der HPI-Direktor weiter, dürfe Deutschland auf dem erreichten Stand nicht stehenbleiben.
Hintergrund IPv6 – Standard für das Internet der neuen Generation
Der neue IPv6-Standard ist Voraussetzung für intelligente Lösungen bei der Heimvernetzung, in der Telemedizin, im Bereich Industrie 4.0 und generell im so genannten „Internet der Dinge“, etwa bei der Kommunikation mit und zwischen Autos. IPv6 stellt 340 Sextillionen (2128) IP-Adressen für Netzanschlüsse bereit. Zur Illustration: Das ist eine Zahl mit 39 Stellen. Mit diesem Volumen könnten umgerechnet für jeden einzelnen Quadratmillimeter Erdoberfläche rund 667 Billiarden IP-Adressen vergeben werden – ein praktisch unerschöpfliches Potenzial. Der derzeit noch verwendete Internetprotokoll-Standard IPv4 (Version 5 kam nicht zum Einsatz) begrenzt diese Zahl auf 232 und damit rund vier Milliarden Adressen. IPv4 ist rund 30 Jahre alt, stammt also aus der Pionierzeit des Internets und weist etliche Schwachstellen, z.B. im Sicherheitsbereich, auf.
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