Aktuelles - geschrieben von cp am Montag, Oktober 25, 2010 16:37 - 2 Kommentare
Spamattacke wegen angeblich illegaler Musikdownloads verbreitet sich weiter
datensicherheit.de empfiehlt, Ruhe zu bewahren und das Schreiben genau zu analysieren
[datensicherheit.de, 25.10.2010] Wir hatten bereits am 23. Oktober 2010 über diesen Vorfall berichtet:
Trittbrettfahrer des Abmahnwahns in Deutschland: Neue Abzockmasche bei Spamattacken
Ein angeblicher Rechtsanwalt schüchtert ein und fordert 100 Euro wegen illegalen Musikdownloads
https://www.datensicherheit.de/trittbrettfahrer-des-abmahnwahns-in-deutschland-neue-abzockmasche-bei-spamattacken
So sieht diese absurde E-Mail dann vollständig aus, wenn man sie selbst erhält:
Guten Tag,
in obiger Angelegenheit zeigen wir die anwaltliche Vertretung und Interessenwahrung der Firma Videorama GmbH, Munchener Str. 63, 45145 Essen, an.
Gegenstand unserer Beauftragung ist eine von Ihrem Internetanschluss aus im sogenannten Peer-to-Peer-Netzwerk begangene Urheberrechtsverletzung an Werken unseres Mandanten. Unser Mandant ist Inhaber der ausschliesslichen Nutzungs- und Verwertungsrechte im Sinne der §§ 15ff UrhG bzw. § 31 UrhG an diesen Werken, bei denen es sich um geschutzte Werke nach § 2 Abs 1 Nr. 1 UrhG handelt.
Durch das Herunterladen urherberrechtlich geschutzer Werke haben sie sich laut § 106 Abs 1 UrhG i.V. mit §§ 15,17,19 Abs. 2 pp UrhG nachweislich strafbar gemacht. Bei ihrem Internetanschluss sind mehrere Downloads von musikalischen Werken dokumentiert worden.
Aufgrund dieser Daten wurde bei der zustandigen Staatsanwaltschaft am Firmensitz unseres Mandanten Strafanzeige gegen Sie gestellt.
Aktenzeichen: 230 Js 413/10 Sta Stuttgart
Ihre IP Adresse zum Tatzeitpunkt: 84.190.31.155
Illegal heruntergeladene musikalische Stucke (mp3): 13
Illegal hochgeladene musikalische Stucke (mp3): 21
Wie Sie vielleicht schon aus den Medien mitbekommen haben, werden heutzutage Urheberrechtverletzungen erfolgreich vor Gerichten verteidigt, was in der Regel zu einer hohen Geldstrafe sowie Gerichtskosten fuhrt. Genau aus diesem Grund unterbreitet unsere Kanzlei ihnen nun folgendes Angebot: Um weiteren Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und anderen offiziellen Unannehmlichkeiten wie Hausdurchsuchungen, Gerichtsterminen aus dem Weg zu gehen, gestatten wir ihnen den Schadensersatzanspruch unseres Mandanten aussergerichtlich zu loesen. Wir bitten Sie deshalb den Schadensersatzanspruch von 100 Euro bis zum 29.10.2010 sicher und unkompliziert mit einer UKASH-Karte zu bezahlen. Eine Ukash ist die sicherste Bezahlmethode im Internet und fur Jedermann anonym an Tankstellen, Kiosken etc. zu erwerben. Weitere Informationen zum Ukash-Verfahren erhalten Sie unter: http://www [dot] ukash [dot] com/de Senden Sie uns den 19-stelligen Pin-Code der 100 Euro Ukash an folgende E-Mailadresse zahlung [at] ra-giese [dot] info
* alternativ konnen Sie auch mit Paysafecard zahlen Link: http://www [dot] paysafecard [dot] com/de
Geben Sie bei Ihre Zahlung bitte ihr Aktenzeichen an!
Sollten sie diesen Bezahlvorgang ablehnen bzw. wir bis zur angesetzten Frist keinen 19- stelligen Ukash PIN-Code im Wert von 100 Euro erhalten haben(oder gleichwertiges Paysafecard Coupon), wird der Schadensersatzanspruch offiziell aufrecht erhalten und das Ermittlungsverfahren mit allen Konsequenzen wird eingeleitet. Sie erhalten dieses Schreiben daraufhin nochmals auf dem normalen Postweg.
Hochachtungsvoll,
Rechtsanwalt Florian Giese
Anmerkung: Als Absender ist „Rechtsanwalt Florian Giese <giese [at] a-giese [dot] info>“ benannt. Es sei nochmals darauf hingewiesen, dass es einen Rechtsanwalt namens Florian Giese und eine Firma Videorama tatsächlich geben soll – aber offensichtlich ein Missbrauch fremder Namen vorliegt!
Es fällt sofort auf:
- Die Antwortadresse „polymathsyt2 [at] raceinfotech [dot] com“ ist nicht identisch mit der Absenderadresse.
- Es fehlt – was bei einem wirklichen Rechtsanwalt ganz absurd wäre – das Impressum.
- Es fehlt eine ordentliche Adressierung des Abgemahnten.
- Es fehlt das eigene Aktenzeichen des Rechtsanwalts.
- Es ist absurd, dass nach angeblicher Einleitung einer Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft ein Anwalt gegen anonyme Zahlung eines Betrages das Verfahren einfach so wieder einstellen könnte – aber es zeigt den Verfall unserer Rechtskultur, denn leider scheinen einige reale Anwälte in einem Anfall von Größenwahn und Abzockgier den Grundsatz der Gewaltenteilung in einem demokratischen Staat mit verwischen zu wollen.
- „Geben Sie bei Ihre Zahlung …“ ist falsch, richtig müsste es „Geben Sie bei Ihrer Zahlung …“ In einer Branche, in der es in den Stellungnahmen auf buchstäblich jede Feinheit ankommt, sollte so ein möglicher Flüchtigkeitsfehler zumindest zum genaueren Hinsehen führen – sodann fällt auf, dass die Umlaute ü (s. „geschutzte“ statt „geschützte“) und ö (s. „loesen“ statt „lösen“) fehlen, wie auch das ß („aussergerichtlich“ statt „außergerichtlich“). Weiterer Fehler: „… gestatten wir ihnen den …“ statt „… gestatten wir Ihnen, den …“.
- Auch die Formulierung „… Urheberrechtverletzungen erfolgreich vor Gerichten verteidigt, …“ gibt Anlass zum Nachdenken – das sagt ja wohl genau das Gegenteil vom eigentlich Gemeinten aus.
Also: Das Ganze ist eine bösartige Spamattacke! Einfach löschen – und fortan kritisch sein und im Umgang mit Medien verantwortungsvoll handeln!
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