Aktuelles, Experten - geschrieben von am Dienstag, Januar 12, 2021 20:56 - noch keine Kommentare

TERREG: Umstrittene EU-Anti-Terror-Internetverordnung angenommen

Dr. Patrick Breyer sieht Meinungs- sowie Pressefreiheit in Gefahr und fordert entschlossene strafrechtliche Verfolgung des Terrorismus

[datensicherheit.de, 12.01.2021] Laut einer aktuellen Meldung der Piratenpartei Deutschland hat der Innenausschuss des Europaparlaments (LIBE) am 11. Januar 2021 mehrheitlich der sogenannten TERREG-Verordnung zur Verhinderung der Verbreitung terroristischer Inhalte im Internet zugestimmt. Ihr Europaabgeordneter, Dr. Patrick Breyer, und dessen Fraktion hätten gegen den Text gestimmt.

Terrorismus-Begriff bedenklich weitgefasst und missbrauchsanfällig

„Trotz wichtiger Teilerfolge wie der Verhinderung einer Pflicht zum Einsatz fehleranfälliger Upload-Filter, dem gesonderten Schutz von Journalismus, Kunst und Wissenschaft und einer Ausnahme für kleine und nichtkommerzielle Plattformen von der Ein-Stunden-Löschfrist, bedrohen die ultraschnellen grenzüberschreitenden Löschanordnungen ohne Richtervorbehalt die Meinungs- und Pressefreiheit im Netz“, kommentiert Dr. Breyer.
Dass EU-Regierungen künftig in Deutschland direkt Webseiten löschen lassen könnten, könnte „politisch motivierter Internetzensur“ Tür und Tor öffnen – Dr. Breyer betont, dass der Terrorismus-Begriff „bedenklich weit und missbrauchsanfällig“ sei. Anti-Terror-Gesetze würden immer wieder für ganz andere Zwecke eingesetzt. Die Meinungsfreiheit in Europa werde so auf den kleinsten gemeinsamen Nenner harmonisiert.

EU-Anti-Terror-Internetverordnung könnte freie Meinungsäußerung unverhältnismäßig einschränken

Leider drohten die grenzüberschreitenden Löschanordnungen Schule zu machen und sollten mit dem „Digital Services Act“ allgemein eingeführt werden. Entsprechend dem Gerichtsurteil zum verfassungswidrigen französischen AVIA-Gesetz dürfte auch diese beispiellose EU-Anti-Terror-Internetverordnung das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung unverhältnismäßig weit einschränken und vor Gericht keinen Bestand haben.
Nichts sei wirkungsloser gegen Terrorismus als ein aufgehobenes Gesetz. Insgesamt sei unwahrscheinlich, dass diese Verordnung terroristische Anschläge verhindern werde. Um der Radikalisierung und Rekrutierung von Terroristen vorzubeugen, wäre es sinnvoller, legitime Missstände anzugehen und die zivilgesellschaftliche Arbeit gegen Hass-Ideologie und Islamismus sowie Programme zur Entradikalisierung und Aussteigerprogramme stabil zu finanzieren.

Pflicht zur Anzeige strafbarer terroristischer Veröffentlichungen fehlt

Schließlich sei die entschlossene strafrechtliche Verfolgung des Terrorismus und der zu ihm aufstachelnden Inhalte wichtig, so Dr. Breyer. „Zu oft waren Terroristen der Polizei schon lange bekannt, aber ihre Spuren wurden nicht weiterverfolgt.“
Ausgerechnet die Pflicht zur Anzeige strafbarer terroristischer Veröffentlichungen fehle aber in dieser Verordnung, „weil den Regierungen eine konsequente strafrechtliche Verfolgung zu viel Arbeit ist – das ist skandalös.

Weitere Informationen zum Thema:

THE EUROPEAN PARLIAMENT AND THE COUNCIL OF THE EUROPEAN UNION
REGULATION OF THE EUROPEAN PARLIAMENT AND OF THE COUNCIL on addressing the dissemination of terrorist content online

Patrick Breyer. 19.11.2020
Französisches Gesetz über illegale Online-Inhalte für verfassungswidrig erklärt: Was die EU daraus lernen sollte

Patrick Breyer. 10.03.2020
Die geheimen Verhandlungen über den EU-Terrorfilter enthüllt / Der Stand der Dinge [Aktualisierung per 07.12.2020]

datensicherheit.de, 13.09.2020
EU: Dr. Patrick Breyer kritisiert verdachtslose Nachrichten-Durchleuchtung / EU-Kommission sollte besser Kinder schützen statt Bürger auszuspähen, fordert der MdEP



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