Aktuelles, Experten, Studien - geschrieben von am Dienstag, April 5, 2016 22:45 - noch keine Kommentare

Mit Vitaminen beworbene Lebensmittel zu 90 Prozent ungesund

Laut foodwatch-Studie entspricht überwiegende Mehrheit nicht den WHO-Standards für ausgewogene Lebensmittel

[datensicherheit.de, 05.04.2016] Laut den Ergebnisse einer aktuellen foodwatch-Studie führten Lebensmittelhersteller Verbraucher im Supermarkt mit Gesundheitswerbung systematisch in die Irre, denn 90 Prozent der mit Vitaminen beworbenen Lebensmittel seien ungesund. In Deutschland seien demnach 190 von 214 Produkten, die auf der Verpackung mit Vitaminen werben, zu süß, zu fettig oder zu salzig und entsprächen nicht den Kriterien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für ausgewogene Lebensmittel. Beispiele seien Fruchtgummis, Traubenzucker, Soft- und Energy-Drinks, aber auch süße Milchdrinks renommierter Anbieter.

Mit Vitaminwerbung Verbraucher bewusst in die Irre führen

Die Lebensmittelindustrie setze Hunderten Produkten für winzige Cent-Beträge künstlich Vitamine zu, um Süßigkeiten, Zuckergetränken oder „anderem Junkfood“ einen gesunden Anstrich zu verpassen. Mit Vitaminwerbung würden Verbraucher bewusst in die Irre geführt und ihr Bemühen um eine gesunde Ernährung torpediert, so Michaela Kruse von foodwatch.
Die Verbraucherorganisation fordert eine gesetzliche Regelung, so dass nur noch solche Produkte mit Gesundheitsbotschaften beworben werden dürften, die den WHO-Kriterien für ausgewogene Lebensmittel genügen.

Untersuchung in Deutschland und den Niederlanden

foodwatch hat nach eigenen Angaben 214 Produkte in Deutschland und 430 Produkte in den Niederlanden unter die Lupe genommen, auf deren Verpackungsvorderseite mit Vitaminen geworben wurde. Das Ergebnis sei deutlich, denn in Deutschland entsprächen 90 Prozent der Lebensmittel nicht den Standards der WHO, und auch in den Niederlanden seien drei Viertel der Produkte ungesund.
Unter den Produkten in Deutschland befänden sich gesüßte Getränke (75 Produkte), besonders bei Kindern beliebte Süßigkeiten (42 Produkte), aber auch Säfte (34 Produkte) und Joghurts (18 Produkte). In 85 Prozent der Fälle seien die Vitamine künstlich zugefügt worden. Obwohl die meisten Menschen in Deutschland laut Deutscher Gesellschaft für Ernährung (DGE) mit Vitaminen ausreichend versorgt seien. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) warne in einigen Fällen sogar vor einer Überdosierung und rate von einer Anreicherung von Lebensmitteln mit Vitamin A und Vitamin D ab.

Hochprofitables Geschäft mit der Verbraucherangst

Wider besseres Wissen spiele die Lebensmittelindustrie mit den Ängsten der Verbraucher, denn Deutschland sei „kein Vitaminmangel-Land“. Für die Hersteller sei dies ein profitables Geschäft, denn Zuckergetränke und Süßigkeiten seien günstig zu produzieren und versprächen hohe Gewinnspannen: „Durch den künstlichen Zusatz von billigen Vitaminen können die Produkte dann auch noch als besonders gesund vermarktet werden“, erklärt Kruse.

Derzeit rund 250 „Health Claims“ erlaubt

Zwar müssten sich Lebensmittelhersteller seit 2012 ihre gesundheitsbezogenen Werbeaussagen durch die EU genehmigen lassen; so seien derzeit rund 250 „Health Claims“ (gesundheitsbezogene Angaben) erlaubt. Auch für den Gebrauch von nährwertbezogenen Angaben wie „Vitamin C“ oder „fettarm“ gebe es Vorgaben. Doch welche Produkte die Hersteller mit dieser Werbung schmücken dürfen, sei bislang nicht geregelt. Eigentlich hätte die EU schon 2009 sogenannte „Nährwertprofile“ mit Mindestanforderungen an die Nährwertzusammensetzung vorlegen müssen. Doch das sei bis heute nicht passiert. Auf Druck der Lebensmittellobby sollten diese Nährwertprofile nun sogar komplett aus der Verordnung zu „Health-Claims“ gestrichen werden – über einen entsprechenden Antrag stimme das Europäische Parlament am 12. April 2016 ab.
foodwatch fordert die EU-Abgeordneten auf, den Vorschlag abzulehnen und das Nährwertmodell der WHO zu übernehmen, nach dem nur jene Produkte, die dessen Kriterien erfüllen, künftig mit Vitaminwerbung vermarktet werden dürften.

Konkrete WHO-Vorgaben für ausgewogene Produkte

Das WHO-Regionalbüro für Europa hatte Anfang 2015 konkrete Vorgaben für ernährungsphysiologisch ausgewogene Produkte definiert. Dabei spielen unter anderem die Anteile von Fett, Zucker und Salz, aber auch der Kaloriengehalt oder zugefügte Süßstoffe eine Rolle.
Die WHO hat das Modell ursprünglich für die Beschränkung beim Kindermarketing entwickelt, empfiehlt den Einsatz von Nährwertprofilen jedoch auch in anderen Zusammenhängen zur Förderung einer gesunden Ernährung. Auch der Europäische Verbraucherverband (BEUC) fordert, das WHO-Modell als Grundlage für die EU-Verordnung zu „Health Claims“ zu übernehmen.

Weitere Informationen zum Thema:

foodwatch
foodwatch-Studie / Vitamine und Naschen? Wie die Lebensmittelindustrie Verbraucher mit Vitaminzusätzen in die Irre führt

foodwatch
Irreführende Gesundheitswerbung stoppen!



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