Aktuelles, Experten - geschrieben von am Dienstag, Mai 17, 2022 17:59 - noch keine Kommentare

BKA: Tatortgruppe und Identifizierungskommission feiern Jubiläum

Seit 50 Jahren BKA-Experten für Spurensicherung und Identifizierung

[datensicherheit.de, 17.05.2022] Experten der sogenannten Tatortgruppe (TOG) des Bundeskriminalamtes (BKA), zu der auch die „Identifizierungskommission“ (IDKO) gehört, begehen am 17. Mai 2022 ihr 50. Jubiläum mit einem Festakt in Wiesbaden. In ihrem Alltag sichern sie demnach Fingerspuren an Tatorten oder auf Asservaten, vermessen Tatorte und erstellen davon 3D-Rekonstruktionen – „sie sind Expertinnen und Experten für Blutspuren, Entschärfung oder für die Identifizierung von unbekannten Toten“. Sie suchten nach forensischen Spuren in „Cold Cases“: Die TOG, bestehend aus Spezialisten für die allgemeine Tatortarbeit, Entschärfern, Sprengstoffermittlern, Experten für die Bearbeitung von Sprengtatorten und Profis für Spezialfotografie. Die TOG- Mitarbeiter hätten Spezialkenntnisse in der forensischen Archäologie und der Leichensuche in „Cold Cases“. Andere seien Experten bei der Spurensuche in Drogenlaboren und der Untersuchung von sichergestellten synthetischen Drogen sowie Cannabis-Plantagen.

IDKO als besonderer TOG-Bereich – eine aus ca. 130 Personen bestehende Aufrufeinheit im Nebenamt sowie 6 BKA-Hauptamtlichen

Die IDKO sei ein besonderer TOG-Bereich: Eine aus rund 130 Personen bestehende Aufrufeinheit des BKA im Nebenamt, darunter externe Rechts- und Zahnmediziner, Psychologen, sowie sechs hauptamtlich für diese Einheit arbeitende BKA-Beamte. Die IDKO werde aktiv, „wenn nach Unglücken oder Anschlägen unbekannte Opfer identifiziert werden müssen“. Dabei gingen die IDKO-Mitglieder nach einem von INTERPOL standardisierten Identifikationsprozess vor – immer mit dem Ansinnen, die Würde der Opfer zu wahren, den Toten ihre Namen wiederzugeben und den Angehörigen Gewissheit. Bis heute hat die IDKO nach BKA-Angaben 52 Einsätze im In- und Ausland bewältigt.

Mit modernsten Methoden sicherten die TOG-Experten Spuren wie Hautschuppen, Blut und Haaren an Tatorten. Sie machten aber auch im Labor Fingerspuren auf sichergestellten Gegenständen sichtbar. Um bei chemischen und physikalischen Methoden auf dem neusten wissenschaftlichen Stand zu sein, kümmere sich die TOG ebenfalls um die Forschung, Entwicklung und Erprobung von Methoden der Fingerspurensicherung. „Mit Verfahren der Laser-Vermessung können Expertinnen und Experten zudem 2D- und 3D-Modelle von Tatorten erstellen und mit Virtual-Reality-Technik Tatorte und potenzielle Tathergänge rekonstruieren.“

Die TOG agiere als Servicestelle für das BKA, die Bundesländer, die Bundespolizei und die Zolldienststellen – beim Einsatz bei bestimmten Kriminalfällen, bei der Aus- und Fortbildung und der Standardisierung von Methoden der Spurensicherung.

Zukunftsthema für die TOG laut BKA: Stärkung der Einsatzfähigkeit an chemisch, biologisch oder radio-nuklear kontaminierten Tatorten

Für die TOG sei die Zusammenarbeit mit den Polizeien der Bundesländer besonders wichtig: „Im Rahmen der Kommission Kriminalwissenschaft und -Technik/Erkennungsdienst wurde in jüngerer Zeit deshalb ein Maßnahmenkatalog für die Tatortarbeit bei Anschlagszenarien oder großen Katastrophenfällen erarbeitet.“

Ein Zukunftsthema für die TOG sei zudem – zusammen mit weiteren Bundesbehörden – die Stärkung der Einsatzfähigkeit bei der Arbeit an chemisch, biologisch oder radio-nuklear (CBRN) kontaminierten Tatorten. „Die Herausforderungen für den Bereich Tatortarbeit sind in den vergangenen Jahren viel breiter geworden. Wissenschaftliche Neuerungen, spezielle Labortätigkeiten und auch Anforderungen im Hinblick auf CBRN-Tatorte erfordern eine breite Aufstellung und Expertise, erläutert BKA-Vizepräsidentin Martina Link.

Außerdem habe sich das BKA in den vergangenen Jahren operativer aufgestellt, was die Anforderungen an die TOG zusätzlich erhöhe. Die TOG-Mitarbeiter bildeten sich ständig fort und brächten eine hohe Motivation für ihre Tätigkeit sowie eine große Einsatzbereitschaft mit. Link betont: „Das ist die Grundlage für die erfolgreiche Arbeit der Tatortgruppe und der Identifizierungskommission.“

Die Tatortgruppe des BKA im Rückblick

1972 verübte die sogenannte Baader-Meinhof-Gruppe – später „Rote Armee Fraktion“ (RAF) – Sprengstoffanschläge in Deutschland, unter anderem gegen den damaligen Bundesrichter Wolfgang Buddenberg in Karlsruhe, gegen Einrichtungen der US-Armee in Heidelberg, das Landeskriminalamt in München und das Axel-Springer-Verlagshaus in Hamburg. Als Reaktion darauf habe das BKA am 22. Mai 1972 als Teil der Sonderkommission „Baader-Meinhof“ die „Arbeitsgruppe Sprengstoff“ eingeführt.

Bekannte Einsätze für die Tatortgruppe des BKA waren im Zusammenhang mit der RAF die Ermordung von Hanns Martin Schleyer und Siegfried Buback 1977, die Attentate auf Prof. Karl Heinz Beckurts 1986 und Alfred Herrhausen 1989 sowie der Sprengstoffanschlag auf die Justizvollzugsanstalt Weiterstadt 1993.“ In den 2000er-Jahren habe ein besonderer Einsatzschwerpunkt der Tatortarbeit bei Verfahren im Zusammenhang mit dem islamistischen Terrorismus gelegen – „etwa beim versuchten Anschlag mit Kofferbomben, die 2006 in einem Regionalzug in Koblenz sichergestellt wurden, dem Axt- und Messeranschlag in einem Regionalzug in Würzburg 2016 sowie dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz 2016 in Berlin“.

Ein weiterer Schwerpunkt für die Tatortarbeit habe in Verfahren gegen rechtsextreme Kriminalität gelegen, „beispielsweise im Zusammenhang mit dem sogenannten Nationalsozialistischen Untergrund (NSU), dem Anschlag auf die Synagoge in Halle und den damit verbundenen Morden an zwei Menschen im Jahr 2019 sowie bei den Morden in Hanau 2020, bei denen der Attentäter neun Menschen erschoss, anschließend zudem seine Mutter und sich selbst“. Nach den Morden an einer Polizistin und einem Polizisten in diesem Jahr in Kusel habe die TOG mit der Spurensuche am Täterfahrzeug die Landespolizei Rheinland-Pfalz unterstützt.

Einsatz der BKA-Identifizierungskommission oft nach Flugunglücken und Flutkatastrophen

Als am 3. Dezember 1972 auf Teneriffa ein Flugzeug mit 155 Passagieren an Bord abstürzte, kamen davon die meisten aus Deutschland. Das BKA habe Spezialisten des Erkennungsdienstes auf die Kanareninsel entsandt, um die Opfer zu identifizieren. Dieses Ereignis gilt laut BKA „als Geburtsstunde der Identifizierungskommission“.

In den ersten Jahren sei die IDKO hauptsächlich nach Flugzeugabstürzen im Einsatz gewesen. „Ein Meilenstein war der Einsatz 1996 in der Dominikanischen Republik, wo 189 Menschen Opfer eines Flugzeugabsturzes geworden waren.“ Erstmals seien damals DNA-Abgleiche als Identifizierungsmethode angewendet worden.

Eine besondere Herausforderung sei 2004 und 2005 der 14-monatige Einsatz nach dem Tsunami in Südostasien gewesen. Grund dafür sei die hohe Opferzahl (552 deutsche Opfer), die lange Einsatzdauer und die Zusammenarbeit mit Mitgliedern von insgesamt 34 internationalen Teams. Schwierig sei zudem der Einsatz nach dem Flugzeugabsturz in Adis Abeba 2019 mit 158 Todesopfern gewesen. „Die Toten konnten oft nur durch DNA-Analyse identifiziert werden und die Bedingungen vor Ort waren wegen des Klimas herausfordernd.“ Schließlich sei die IDKO 2021 nach der Hochwasserkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz im Einsatz gewesen.



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