Aktuelles, Experten - geschrieben von am Freitag, August 15, 2025 0:13 - noch keine Kommentare

Gemischt: eco-Kommentar zur 100-Tage-Bilanz der neuen Bundesregierung

Digitalpolitik zwischen Selbstfindung und Altlasten – der eco fordert klare Zuständigkeiten, strategische Koordination und mutige Entscheidungen bei KI, digitaler Verwaltung und Rechenzentren

[datensicherheit.de, 15.08.2025] Der eco – Verband der Internetwirtschaft e.V. zieht in seiner Stellungnahme vom 13. August 2025 nach 100 Tagen neuer Bundesregierung seine erste – gemischte – Bilanz. Mit dem neuen Bundesministerium für Digitales und Standortpolitik (BMDS) sei zwar eine zentrale langjährige Forderung der Branche erfüllt worden – doch viele digitale Kernprojekte seien noch nicht über die Startlinie hinausgekommen. Besonders bei Künstlicher Intelligenz (KI), Rechenzentren, Verwaltungsdigitalisierung und Datenschutz siehtder  eco noch „dringenden Handlungsbedarf“. Kritisch bewertet der Verband zudem die Pläne zur Vorratsdatenspeicherung im neuen „Sicherheitspaket“. „100 Tage nach Amtsantritt darf sich Digitalpolitik nicht länger in Zuständigkeitsdebatten verlieren – wir brauchen jetzt Tempo, Führung und Gestaltungswillen!“, kommentiert Oliver Süme, der eco-Vorstandsvorsitzende.

Oliver Süme, Vorstandsvorsitzender des eco – Verbands der Internetwirtschaft e. V.

Bild: eco

Oliver Süme legt nahe: Künstliche Intelligenz muss „Chefsache“ werden – und das heißt: eindeutige Zuständigkeiten, klare Kommunikation, praxistaugliche Umsetzung

eco-Kritik zum BMDS: überfälliger Schritt mit noch offenem Zielbild

Die Einrichtung des BMDS sei ein positives Signal, doch bislang fehle es dem Haus noch an Durchgriffsmöglichkeiten. Durch das nun endlich erschienene Organigramm seien zumindest die Zuständigkeiten klarer geworden.

Für eco steht jedoch weiterhin fest: Ohne verbindliche Steuerungsverantwortung könne das BMDS seine Rolle als digitalpolitische Schaltzentrale nicht vollumfänglich erfüllen.

eco-Kritik zur KI-Governance: Fragmentierung statt Führung

Zentrale Fragen der KI-Politik seien noch ungelöst. Die Federführung liege teils beim BMDS hinsichtlich „AI Act“, internationale KI-Strategie und Standortpolitik, teils beim Bundeswirtschaftsministerium (BMWE) in Bezug auf Wettbewerbsrecht und „Digital Markets Act (DMA) und teils beim Bundesforschungsministerium (BMFTR) im Kontext der „KI-Gigafactories“ der EU. Diese Fragmentierung gefährdet aus Sicht des eco eine kohärente Umsetzung des „AI Act“ und lähme Investitionen.

„Künstliche Intelligenz muss ,Chefsache’ werden – und das heißt: eindeutige Zuständigkeiten, klare Kommunikation, praxistaugliche Umsetzung“, fordert Süme.

eco-Kritik zu Rechenzentren: Strategie angekündigt, aber noch unklare Umsetzung

Eine nationale Strategie für Rechenzentren sei zwar angekündigt worden, doch wann diese erscheinen soll und welche konkreten Entlastungen sie für die Branche beinhaltet, bleibe bislang noch unklar.

Gleichzeitig erschwerten steigende Energiepreise die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Betreiber im internationalen Vergleich. eco fordert die Überarbeitung von Energieeffizienzvorgaben sowie die Anpassung beihilferechtlicher Vorgaben, um Entlastungen bei den Energiepreisen zu ermöglichen. Zum Anderen müsse auch der Zugang zu Stromnetzanschlusskapazität gewährleistet sein.

eco-Kritik an Überwachungsplänen: Vorratsdatenspeicherung verfassungsrechtlich bedenklich und politisch rückwärtsgewandt

Trotz eindeutiger Rechtsprechung etwas des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) hat der neue Bundesinnenminister, Alexander Dobrindt, eine verpflichtende Speicherung aller IP-Adressen angekündigt.

  • Diese Form der anlasslosen Überwachung über mehrere Monate hinweg verstoße gegen EU-Recht, schaffe erhebliche Rechtsunsicherheit und belaste Infrastrukturbetreiber unnötig. Selbst das Bundeskriminalamt (BKA) gehe nach einer Studie zu Verdachtsmeldungen im Bereich der Kinderpornographie davon aus, dass die Erfolgsquote oberhalb einer Speicherverpflichtung von zwei bis drei Wochen nicht mehr signifikant ansteige.

Der eco fordert weiterhin rechtssichere und grundrechtsschonendere Lösungen, wenigstens sollte die Dauer der Speicherung von IP-Adressen aber auf ein Mindestmaß reduziert werden.

eco-Forderung: Datenschutz vereinfachen – Entlastung für Unternehmen schaffen!

Aus Sicht der Internetwirtschaft sei es jetzt entscheidender, die Vereinfachung der Datenschutzregeln für Unternehmen voranzutreiben. Der Koalitionsvertrag stelle in Aussicht, die Datenschutzaufsicht sowie Fragen der Datennutzung bei der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) zu bündeln.

  • Dies würde eine einheitliche Anwendung der europäischen Vorgaben ermöglichen. „Auch dem in diesem Zusammenhang angekündigten Datengesetz sehen wir mit Interesse entgegen.“

Die Internetwirtschaft benötige insbesondere in Deutschland dringend Entlastung – nicht nur im internationalen, sondern auch im europäischen Kontext. Das Problem indes: „Das BMDS ist nicht für den Datenschutz der Wirtschaft zuständig, auch bleiben weiterhin fragmentierte Zuständigkeiten bestehen und stellen die Wirtschaft vor Probleme.“

eco-Vorschlag: Wichtige digitalpolitische Prioritäten für die nächsten 100 Tage

Aus eco-Sicht stehen folgende Aufgaben jetzt im Fokus:

  • Bürokratie reduzieren
    Insbesondere das „Energieeffizienzgesetz“ müsse dringend nachgebessert werden, um digitale Unternehmen zu entlasten!
  • Innovation vorantreiben
    Für KI digitale Geschäftsmodelle werde ein Rechtsrahmen benötigt, welcher den Einsatz der Technologien nachvollziehbar und verhältnismäßig ermögliche, anstelle zusätzlicher Auflagen.
  • Cybersicherheit stärken
    Die Umsetzung von NIS-2 und TK-NABEG (TK-Netzausbau-Beschleunigungs-Gesetz) müsse zügig und praxisnah erfolgen.
  • Datenschutzaufsicht modernisieren
    Eine effiziente, innovationsfreundliche Neuaufstellung der Aufsichtsstrukturen sei überfällig.
  • „Digital Services Act“ (DSA) umsetzen
    Die Bundesnetzagentur (BNetzA) müsse personell so ausgestattet werden, dass sie ihre Aufgaben im Rahmen des DSA wirksam erfüllen kann.
  • Digitale Identitäten voranbringen
    Es brauche jetzt tragfähige Lösungen für den flächendeckenden und sicheren Einsatz.
  • Verwaltungsdigitalisierung beschleunigen
    Der „Deutschland-Stack“ müsse in enger Kooperation mit der Wirtschaft angegangen werden.

Weitere Informationen zum Thema:

eco VERBAND DER INTERNETWIRTSCHAFT
eco – Verband der Internetwirtschaft e.V. / Wir gestalten das Internet.

eco VERBAND DER INTERNETWIRTSCHAFT
RA Oliver J. Süme

Bundeskriminalamt, 18.01.2024
Erforderliche Speicherfristen für IP-Adressen

datensicherheit.de, 31.07.2025
Ein Jahr AI Act: eco mahnt rechtssichere Rahmenbedingungen und politischen Gestaltungswillen an / Vor einem Jahr, am 1. August 2024, ist der europäische „AI Act“ in Kraft getreten – laut eco ein historischer Meilenstein für die globale KI-Regulierung und Grundlage, um KI „Made in Europe“ zum Erfolgsmodell zu machen

datensicherheit.de, 24.07.2025
Pläne zur Massenüberwachung in der Kritik: eco-Stellungnahme zum geleakten BMI-Entwurf / Der eco warnt vor Rückbau rechtsstaatlicher Kontrolle und fordert eine grundrechtskonforme, transparente Neuausrichtung der digitalen Sicherheitspolitik

datensicherheit.de, 22.07.2025
Bitkom fordert mehr Rechenzentren: Deutschland droht sonst Anschluss zu verlieren / Ohne leistungsfähige Rechenzentren keine Digitale Souveränität – der Bitkom legt einen eigenen „Aktionsplan Rechenzentren“ vor

datensicherheit.de, 26.05.2025
Bitkom-Umfrage: Datenschutz immer öfter als Innovationsbremse empfunden / Die seit dem 25. Mai 2018 geltende DSGVO unterliegt offensichtlich gerade bei Unternehmen einer eher kritischen Wahrnehmung

datensicherheit.de, 07.05.2025
Digitalministerium: Bitkom begrüßt Signal, Digitalisierung als zentrale Aufgabe anzunehmen / Im Organisationserlass des neuen Bundeskanzlers wird ausführlich auf das künftige Digitalministerium (BMDS) eingegangen



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