Aktuelles, Branche - geschrieben von dp am Donnerstag, April 25, 2024 18:43 - noch keine Kommentare
DORA ante portas: Verbindliche Richtlinie für das Risikomanagement im Finanzsektor rückt näher
Viele Finanzorganisationen müssen in neue Lösungen investieren – insbesondere für den Wiederanlauf nach einem Notfall
[datensicherheit.de, 25.04.2024] Der „Digital Operational Resilience Act“ (DORA) soll ein wichtiges Problem bei der Regulierung von Finanzinstituten in der Europäischen Union (EU) lösen helfen: Diese neue Gesetzgebung soll als verbindliche Richtlinie für das Risikomanagement im Finanzsektor dienen und darauf abzielen, die digitale Widerstandsfähigkeit zu verbessern. Als Stichtag für alle betroffenen Organisationen zur Erfüllung der Vorschriften gilt der 17. Januar 2025. Um nun den Schutz ihrer eigenen IT-Infrastruktur zu gewährleisten und hohe Standards für die Verfügbarkeit von Daten und Diensten aufrechtzuerhalten, müssen viele Finanzorganisationen offensichtlich in neue Lösungen investieren – insbesondere für den Wiederanlauf nach einem Notfall (Disaster Recovery / DR). Reinhard Zimmer von Zerto fasst in seiner aktuellen Stellungnahme zusammen, wie Finanzinstitute moderne DR-Technologien nutzen können, um die operative Resilienz ihrer IT-Systeme zu verbessern und so die neue EU Gesetzgebung zu erfüllen.
Reinhard Zimmer – „Regional Sales Manger“ bei Zerto, Spezialist für die Absicherung virtueller Infrastrukturen
DORA gilt allgemein für den EU-Finanzsektor sowie Anbieter von IT-Dienstleistungen für den Finanzbereich
„Der Digital Operational Resilience Act (DORA) löst ein wichtiges Problem bei der Regulierung von Finanzinstituten in der Europäischen Union und dient als verbindliche Richtlinie für das Risikomanagement im Finanzsektor“, betont Zimmer. Er ziele darauf ab, die digitale Widerstandsfähigkeit zu verbessern und auch für Drittanbieter – etwa „Cloud“-Service-Anbieter – verbindlich zu machen.
Diese neue Verordnung gelte allgemein für den EU-Finanzsektor sowie Anbieter von IT-Dienstleistungen für den Finanzbereich – „unabhängig davon, wo die Anbieter ihren Sitz haben“. Alle betroffenen Organisationen müssten die Vorschriften bis zum 17. Januar 2025 erfüllt haben.
EU-Finanzsektor: Verbesserung der IT-Resilienz zentrales DORA-Anliegen
Die DORA-Gesetzgebung gehe in fünf ihrer neun Kapitel detailliert auf die Verbesserung der IT-Resilienz ein: „Risikomanagement (Kapitel II), Incident Management (Kapitel III), Digital Operational Resilience Testing (Kapitel IV), Third-Party Management (Kapitel V) sowie Information Sharing (Kapitel VI).“ Dies bedeutet laut Zimmer, dass die Finanzinstitute ihre Widerstandsfähigkeit auf vielen miteinander verbundenen Ebenen gleichzeitig verbessern müssten.
Der Bereich, auf den sich die neue Gesetzgebung am meisten auswirkt, ist demnach die Wiederherstellung im Katastrophenfall, da „Disaster Recovery“ Kernanforderungen dreier Artikel dieser Verordnung erfüllen könne: „Konkret handelt es sich um Artikel 9 (Schutz und Prävention), Artikel 11 (Reaktion und Wiederherstellung) und Artikel 12 (Sicherungsstrategien und -verfahren).“ Finanzunternehmen, deren aktuelle Technologien nicht ausreichen, um die neuen Anforderungen von DORA zu erfüllen, würden daher gezwungen sein, nach geeigneteren Lösungen zu suchen.
DR-Technologie für Finanzinstitute: Aufrüstung mit Continuous Data Protection empfohlen
Um Ausfallsicherheit, Kontinuität und Verfügbarkeit zu verbessern, sollten Unternehmen modernere Disaster-Recovery-Lösungen in Betracht ziehen, welche auf „Continuous Data Protection“ (CDP) basieren. CDP verfolge und spiegele Datenänderungen nicht in vordefinierten Intervallen wie bei regulären Backups, sondern kontinuierlich. Dabei werde jede Version der Daten zwischen einem lokalen und einem entfernten Standort repliziert.
Diese journal-basierte Technologie protokolliere alle Änderungen und ermögliche eine punktgenaue Wiederherstellung in Schritten von Sekunden. Mit Tausenden von Wiederherstellungspunkten in der Historie des Journals minimiere CDP so das Risiko von Datenverlusten. „Die Technologie reduziert damit die Auswirkungen eines Ausfalls auf den Betrieb, unabhängig davon, ob die Ursache versehentlich oder absichtlich, natürlich oder vom Menschen verursacht wurde.“ Damit sei CDP ideal für die Erfüllung der Kernanforderungen von Artikel 9 (Belastbarkeit, Kontinuität und Verfügbarkeit von IT-Systemen).
DORA-Artikel 11 verlangt von Finanzorganisationen angemessene Kontinuitätspläne
DORA-Artikel 11 verlange von Finanzorganisationen, „dass sie angemessene Kontinuitätspläne einführen, aufrechterhalten und diese regelmäßig testen“. Nicht alle Disaster-Recovery-Lösungen böten jedoch angemessene Tests für Ausfallsicherung oder fortschrittliche Analysen. Finanzinstitute müssten daher sicherstellen, „dass ihre Disaster-Recovery-Lösungen vollautomatische, unterbrechungsfreie, skalierbare und granulare Failover-Tests in einer Sandbox-Umgebung bieten“.
Solche Testfunktionen sollten idealerweise eine Wiederherstellungsgarantie mit detaillierten Berichtsfunktionen ermöglichen, welche bei Audits und Inspektionen zum Nachweis der Sicherheit der Umgebung verwendet werden könnten. Zimmer: „Mit solchen Funktionen kann die Wiederherstellung innerhalb von Minuten von einer einzigen Person per Mausklick getestet werden, ohne die Produktion zu unterbrechen.“
Geo-Redundanz: DORA-Artikel 12 fordert, dass Finanzinstitute zweiten Standort betreiben müssen
Um sich gegen den Ausfall eines gesamten Standorts abzusichern, schreibe Artikel 12 vor, dass Finanzinstitute einen zweiten Standort betreiben müssten, welcher „mit angemessenen Ressourcen, Fähigkeiten, Funktionen und Personalkapazitäten ausgestattet ist, um die Geschäftsanforderungen zu erfüllen“. Zimmer kommentiert: „Das bedeutet, dass Organisationen Disaster-Recovery-Lösungen verwenden müssen, die eine One-to-many-Replikationsfunktion bieten, um replizierte Daten auf zwei oder mehr Cloud-Standorte zu verteilen.“
Mit einer One-to-Many-Replikation könnten Unternehmen Daten von einer einzigen Quelle auf mehrere Zielumgebungen replizieren und so Daten und Anwendungen auf flexible und effiziente Weise schützen. Mit dieser Funktion sei es möglich, lokal oder auf mehrere Ziel- oder Remote-Standorte zu replizieren, „Failover“ durchzuführen sowie bestimmte virtuelle Instanzen an einen anderen Standort zu verschieben. Im Gegensatz zur synchronen Replikation funktioniere die asynchrone Replikation auch zwischen weiter voneinander entfernten Standorten und vermeide dabei den Datenverlust, der normalerweise mit asynchronen Optionen verbunden sei. Auf diese Weise könnten Unternehmen ihre Ausfallsicherheit auf ein noch höheres Niveau heben und ganze Standorte vor regionalen Katastrophen schützen.
Erkennung in Echtzeit: Finanzorganisationen müssen über Mechanismen verfügen, um anomale Aktivitäten umgehend zu erkennen
Noch besser als die schnelle und einfache Wiederherstellung von Daten und Workloads nach einem erfolgreichen Angriff sei es, gar nicht erst Opfer eines Angriffs zu werden oder erfolgreiche Angriffe so früh wie möglich zu erkennen, bevor sie größeren Schaden anrichten. Artikel 10 von DORA ziele darauf ab, diese Erkennung zu verbessern: „Finanzorganisationen müssen über Mechanismen verfügen, um anomale Aktivitäten […] umgehend zu erkennen, einschließlich automatisierter Warnmechanismen für Mitarbeiter, die für die Reaktion auf IKT-bezogene Vorfälle zuständig sind.“ Präventive Cyber-Sicherheits-Tools seien ideal, um Angriffe zu erkennen und zu stoppen, wie zum Beispiel Ransomware-Angriffe.
Zimmer erläutert: „,Tools‘ zur Erkennung von Ransomware in Echtzeit nutzten algorithmische Intelligenz, um Unternehmen innerhalb von Sekunden vor einer Verschlüsselungsanomalie zu warnen. So verkürzt eine solche Lösung die Zeit, in der Cyber-Kriminelle Daten verschlüsseln können, um ein Vielfaches.“ In Verbindung mit den Wiederherstellungspunkten von CDP und dem Journal, „das diese Punkte automatisch sichert“, wird es einfacher, die vor der Anomalie erstellten Wiederherstellungspunkte von denen danach erstellten zu unterscheiden. „Das bedeutet, dass man nach einem Angriff genau weiß, wo sich der richtige Wiederherstellungspunkt befindet“, so Zimmer. Dadurch reduzierten sich Datenverluste und Ausfallzeiten nach einem Angriff drastisch.
Wiederaufnahme des Betriebs einer Finanzinstitution innerhalb von Minuten dank Applikations-Gruppen
Zimmer führt aus: „So wichtig CDP für einen geringstmöglichen Datenverlust ist, reicht es alleine nicht aus, um den Betrieb von komplexen, verteilten Applikationen schnell wieder aufzunehmen!“ Vielmehr würden hierfür „Virtual Protection Groups“ (VPGs) benötigt, welche es ermöglichten, verschiedene Komponenten einer Applikation (z.B. Datenbank sowie Applikations- und Web-Server) als eine einzige, absturzsichere Einheit zu gruppieren.
Anders als in dem zuvor beschriebenen Backup-Ansatz, bei dem jede Komponente einen anderen Zeitstempel habe und so die Wiederherstellung um ein Vielfaches länger dauere, hätten innerhalb einer VPG alle gruppierten VMs die gleichen konsistenten Zeitstempel. Mithilfe von Orchestrierung und Automatisierung lasse sich so mit wenigen Klicks ein Failover eines gesamten Standorts mit Tausenden von Applikationen durchführen – ohne eine längere Unterbrechung des Betriebs.
Fazit: DORA ist eine weitreichende EU-Verordnung, für die es keine Einheitslösung gibt
Zusammenfassend stellt Zimmer klar: „DORA ist eine weitreichende EU-Verordnung, für die es keine Einheitslösung gibt. Finanzinstitute werden zahlreiche Bereiche ihrer IT verbessern müssen, um alle Anforderungen zu erfüllen. Im Idealfall werden sie sich auf Lösungen verlassen wollen, die weite Bereiche der Gesetzgebung abdecken können.“
Die Wiederherstellung im Katastrophenfall sei einer der Bereiche, welcher mehrere Artikel und deren Anforderungen abdecken könne. Um dies zu erreichen, benötigten Organisationen Lösungen zur Wiederherstellung, welche über die begrenzten Möglichkeiten der meisten Backup-Lösungen hinausgingen. „Moderne DR-Lösungen mit ,Continuous Data Protection’ und ,Virtual Protection Groups’ bieten heute bereits viele fortschrittliche Funktionen, die zur Einhaltung der neuen DORA-Vorschriften beitragen können“, so Zimmers Fazit.
Weitere Informationen zum Thema:
BaFin Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, 18.01.2024
DORA – Digital Operational Resilience Act
datensicherheit.de, 20.11.2023
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