Aktuelles, Branche - geschrieben von dp am Mittwoch, April 23, 2025 0:26 - noch keine Kommentare
Ringen um die Vorherrschaft im KI-Bereich: Wenn China und USA den Takt angeben
Jan Bernecke zieht historische Analogie vom „Space Race“ im Kalten Krieg zum heutigen Wettlauf um die KI-Vorherrschaft
[datensicherheit.de, 23.04.2025] Jan Bernecke, IT-Fachredakteur bei der PR- und Kommunikationsagentur PR-COM, widmet sich in seiner aktuellen Stellungnahme dem globalen Wettbewerb um die Vorherrschaft im Bereich Künstlicher Intelligenz (KI). Er betrachtet hierzu eine zeitgeschichtliche Analogie aus der Zeit des sogenannten Kalten Krieges: „Der historische Startschuss fiel am 29. Juli 1955. An diesem Tag sprach US-Präsident Dwight D. Eisenhower erstmals über die Möglichkeit von Satelliten im Weltraum – der Auftakt zum Wettrennen ins All mit der Sowjetunion als Gegenspieler.“ Die darauf folgenden, teils dramatischen Ereignisse prägten die Geschichte der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts – vom ersten künstlichen Erdtrabanten der Sowjets über gegenseitige Spionage und eine massive Aufrüstungsspirale bis hin zur ersten US-Mondlandung. Dieses „Space Race“ sei weit mehr als eine spannende Anekdote aus vergangenen Zeiten – vielmehr könnten wir für aktuelle Herausforderungen erneut aus der Historie lernen. Bernecke führt aus: „Denn in der Gegenwart erleben wir ein neues Rennen: Diesmal geht es nicht um die Eroberung des Weltraums, sondern um die Vorherrschaft im Bereich der Künstlichen Intelligenz.“

Foto: PR-COM
Jan Bernecke moniert: Neben fehlendem Wagniskapital vor allem Innovationsmüdigkeit der Unternehmen, die zur schleppenden KI-Verbreitung in Deutschland führt
Wettlauf um KI-Vorherrschaft – mit EU und Deutschland lediglich in einer Nebenrolle
Was John F. Kennedy zu Beginn der 1960er-Jahre als „New Frontier“ bezeichnete, weist laut Bernecke deutliche Überschneidungen zur aktuellen KI-Debatte auf: „Demnach muss ,Neues Grenzland’ erschlossen werden, Technologie sollte die großen ungelösten Fragen der Menschheit lösen, etwa Armut und Frieden beenden. Bereits damals bestand das kulturelle Spannungsfeld zu Europa, von dessen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen sich die USA seit jeher stark abgrenzten.“
65 Jahre später habe sich daran wenig verändert. „Die USA haben den Anspruch, geopolitisch und in Sachen KI als das ,Maß der Dinge’ zu gelten. Als Gegenspieler auf dieser zunehmend digitalen Bühne hat China die einstige Sowjetunion abgelöst.“ Aus dem „Space Race“ sei nun ein Wettlauf um die KI-Vorherrschaft geworden, bei dem die EU und Deutschland bislang lediglich eine Nebenrolle einnähmen. Die hitzigen Debatten drehten sich hier weniger um Einsatz und Fortschritt der KI, sondern vor allem um Regularien, Datenschutz und ethische Leitlinien rund um die KI.
Abkehr vom menschenzentrierten KI-Ansatz wäre die falsche Konsequenz
Angesichts der US-amerikanischen und chinesischen Erfolge auf dem Weltmarkt – von „ChatGPT“ bis „DeepSeek“ – werden auch hierzulande die Stimmen lauter, die den gesetzlichen Rahmen als Innovationsbremse ansehen: „Bürokratie und panischer Datenschutz, so behaupten sie, würden Investitionen verhindern und die EU international isolieren. Und ja, die uns wohlbekannte Bürokratie und schleppende Prozesse in Brüssel sind ein zentraler Hemmschuh!“ Eine Abkehr vom menschenzentrierten KI-Ansatz, besonders von der deutschen Bundesregierung proklamiert, wäre allerdings die falsche Konsequenz aus dieser Erkenntnis: „Ethische Überlegungen und gesellschaftliche Bedürfnisse müssen auch weiterhin unser Handeln bestimmen!“
Wer dabei nämlich nach Bedingungen wie in den USA oder China ruft, sollte sich der „Geister“ bewusst sein, die als Folge drohen können – vor allem mit Blick auf den Datenschutz, „der zunehmend ein Alleinstellungsmerkmal europäischer Lösungen ist und großes Potenzial für einen echten Wettbewerbsvorteil bietet“. Das politisch motivierte monetäre Befeuern der KI-Branche sei darüber hinaus mit einem hohen Druck auf die Hersteller verbunden. An die Stelle einer langfristigen, auf das Gemeinwohl ausgerichteten Forschung träten so nicht selten überstürzt entwickelte Prestigeprojekte ohne langfristigen Mehrwert.
KI-Forschung in erster Linie in Bereichen mit dem größten Nutzen für die Allgemeinheit
Weitere Nebenwirkungen eines internationalen Wettlaufs lieferten erneut die Geschichtsbücher: „Die Aufbruchsstimmung und das Konkurrenzdenken der 1950er- und 1960er-Jahre trieb zwar die technologischen Innovationen voran, Sicherheit, Nachhaltigkeit und langfristige wissenschaftliche Kooperationen blieben dafür allerdings auf der Strecke.“ Der enorme Druck, so schnell wie möglich Erfolge zu liefern, habe darüber hinaus zu einer enormen Ressourcenverschwendung, redundanten Technologien und isolierten Forschungsarbeiten geführt. Auch angesichts dieser Blaupause sollten Europa und Deutschland nicht das Maß verlieren, wenn es um KI und Innovationen geht – „alles andere liegt nicht in unserer Hand“.
Bernecke erörtert die Frage: „Wie kann ein solches Maß also aussehen? Zum einen sollte staatlich subventionierte KI-Forschung in erster Linie in den Bereichen vorangetrieben werden, in denen der größte Nutzen für die Allgemeinheit besteht – etwa im Gesundheitswesen oder dem Abbau von Bürokratie.“ Der Unterschied zu den USA liege dabei gar nicht in der KI-Kompetenz oder dem Innovationsgrad der Forschung – beide seien im internationalen Vergleich hoch. Die Gründe lägen, wie immer, in der Risikobereitschaft und fehlenden Geldern, vor allem in der Wachstumsphase europäischer Start-ups. Um das zu ändern, müsse allerdings viel passieren. „Der ,AI Action Summit’ in Paris war dafür ein gelungener Auftakt: Eine Mischung aus milliardenschweren Investitionen und einem Bekenntnis zu nachhaltigen sowie ethischen Leitlinien.“
Balance finden, um Verbraucher und Unternehmen zu schützen, aber auch genügend Spielraum für effiziente KI-Forschung zu lassen
Auf der anderen Seite müssten sich aber auch die eher konservativen deutschen Rahmenbedingungen anpassen. Neben fehlendem Wagniskapital sei es vor allem die Innovationsmüdigkeit der Unternehmen, die zu einer schleppenden Verbreitung von KI in Deutschland führe. Skandinavische Länder zeigten dabei mögliche Wege auf: „Digitalisierung und Technologie sind hier feste Bestandteile der schulischen Laufbahn, ein starker Sozialstaat senkt das Risiko für Start-ups und Unternehmensgründungen. Diese Hebel sind mächtig und nachhaltig, um die oftmals vorherrschende ,Das haben wir schon immer so gemacht’-Mentalität gegen Innovationsbegeisterung und Fortschritt einzutauschen.“
Berneckes Fazit: „Kann dabei zu viel Regulierung Innovationen verhindern? Selbstverständlich! Es ist daher die Kunst, eine Balance zu finden, die sowohl Verbraucher und Unternehmen schützt als auch genügend Spielraum für eine effiziente KI-Forschung lässt.“ Dafür brauche es keinen neuen globalen Wettlauf, der gemeinsame Projekte verhindere und Wissenssilos schaffe – über 65 Jahre nach dem „Space Race“ sollten wir uns diese Lektion zu Herzen nehmen.
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