Aktuelles, Experten, Studien - geschrieben von dp am Dienstag, Mai 27, 2025 0:42 - noch keine Kommentare
Meike Kamp hat BlnBDI-Jahresbericht 2024 vorgestellt
Die Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit thematisierte u.a. Datenschutzfragen bei der KI-Nutzung sowie Prüfverfahren zur Videoüberwachung und zum Einsatz biometrischer Gesichtserkennung
[datensicherheit.de, 27.05.2025] Die Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (BlnBDI), Meike Kamp, hat am 26. Mai 2025 im Abgeordnetenhaus von Berlin ihren Jahresbericht 2024 vorgestellt. Dieser behandelt unter anderem Datenschutzfragen bei der Nutzung Künstlicher Intelligenz (KI) sowie Prüfverfahren zur Videoüberwachung an der Polizeiwache Kottbusser Tor und zum Einsatz biometrischer Gesichtserkennung.
Biometrische Gesichtserkennung: BlnBDI sieht Verstoß der Staatsanwaltschaft gegen das Datenschutzrecht
Im Frühjahr 2024 wurde durch Medienberichte bekannt, dass die Berliner Staatsanwaltschaft in mehreren Verfahren ein Gesichtserkennungssystem im Öffentlichen Raum eingesetzt hat: Zur Anwendung kam demnach ein System von Kameras, welches Personen verdeckt aus der Ferne erfassen und identifizieren kann.
- „Es gleicht biometrische Merkmale wie Gesichtszüge automatisiert mit Bildern einzelner Personen ab. Die anschließende Prüfung ergab, dass die zugrundeliegende Rechtsgrundlage weder speziell den Einsatz solcher Systeme regelt noch die verfassungsrechtlichen Anforderungen erfüllt.“
Die BlnBDI hat die Staatsanwaltschaft gewarnt, dass ein zukünftiger Einsatz des Gesichtserkennungssystems gegen das Datenschutzrecht verstoßen würde. „Zudem hat die Staatsanwaltschaft gegen das Datenschutzrecht verstoßen, indem sie keine Datenschutzfolgenabschätzung für das System erstellt hat und unzureichend mit der BlnBDI zusammengearbeitet hat.“
BlnBDI: Einsatz von Gesichtserkennungssystemen greift intensiv in das Grundrecht auf Informationelle Selbstbestimmung ein
Kamp betonte: „Der Einsatz von Gesichtserkennungssystemen durch Strafverfolgungsbehörden greift intensiv in das Grundrecht auf Informationelle Selbstbestimmung ein. Biometrische Merkmale sind unveränderlich. Menschen können nicht einfach ihr Gesicht absetzen. Werden sie anhand ihrer biometrischen Merkmale in der echten Welt erfasst und identifiziert, schwinden jene Bereiche, in denen sie sich anonym und ohne Spuren zu hinterlassen bewegen können.“
- Beim Einsatz solcher Systeme im Öffentlichen Raum sei eine Vielzahl unverdächtiger Personen betroffen. „Die bestehenden gesetzlichen Regelungen bieten hierfür keine ausreichende Grundlage“, monierte Kamp.
Sie nahm sodann auch Stellung zu der von ihr 2024 geprüften „rechtswidrigen Videoüberwachung an der Polizeiwache Kottbusser Tor“. Diese Dienststelle befindet sich in einem Gebäuderiegel über der Adalbertstraße. Zur Sicherung der Wache werden in der Unterführung Videokameras eingesetzt, welche sowohl die Fußwege als auch die Fahrbahn der Adalbertstraße erfassen. Zusätzlich wird der Eingangsbereich auf der Fußgängerterrasse per Video überwacht.
BlnBDI-Forderung an die Polizei, alternative Konzepte zur Videoüberwachung zu nutzen
Kamp erläuterte, dass diese Videoüberwachung „ohne ausreichende Rechtsgrundlage“ erfolgt sei und unverhältnismäßig in die Grundrechte von Passanten und Verkehrsteilnehmern eingegriffen habe. Die Polizei habe bislang nicht ausreichend geprüft, ob die Sicherheit der Wache durch mildere Mittel wie baulichere Sicherungen oder den Einsatz von Personal erreicht werden könnte.
- „Bedenken habe ich insbesondere bei der Überwachung der Fußgängerterrasse, da sich dort auch Beratungseinrichtungen befinden. Den Hilfesuchenden muss ermöglicht werden, diese Angebote wahrzunehmen, ohne dass sie dabei gezwungen sind, sich der Videoüberwachung auszusetzen. Ich habe daher gegenüber der Polizei eine Mangelfeststellung ausgesprochen.“
Die Polizei sei aufgefordert, alternative Konzepte in Betracht zu ziehen, um einen „schonenden Ausgleich zwischen Sicherheitsinteressen und Freiheitsrechten“ zu ermöglichen.
BlnBDI-Verfahren wegen mangelnder Transparenz beim KI-Einsatz
Immer mehr Unternehmen setzten KI-Anwendungen ein. Inwiefern Berliner Unternehmen dabei die Datenschutzbestimmungen einhalten, prüfe die BlnBDI derzeit in mehreren Verfahren: Die jeweiligen Verfahren seien noch nicht abgeschlossen. Im Fokus stehe dabei auch die Transparenz:
- „Oftmals werden die betroffenen Personen bisher entweder gar nicht oder nicht ausreichend über die Verarbeitung ihrer Daten in KI-Systemen informiert.“ So habe ein Berliner Unternehmen seine gesamte Kundenkommunikation für das Training eines KI-Systems zur Bearbeitung von Kundenanfragen genutzt, ohne jedoch die Kunden auf diese Verarbeitung hinzuweisen.
In einem anderen Fall habe eine Fotoplattform bereits ins Internet hochgeladene personenbezogene Fotos gegen Bezahlung unter anderem für das Training von KI-Modellen angeboten, ohne darüber zu informieren.
BlnBDI warnt vor Verletzung der DSGVO-Informationspflichten beim KI-Einsatz
Kamp gab zu bedenken, dass wer seine Kunden oder Beschäftigten nicht darüber informiert, dass ihre Daten in ein KI-System fließen, gegen die Informationspflichten der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verstößt.
- „In den nächsten Jahren werden wir unsere Prüfungen von KI-Systemen verstärken. Dabei liegt ein besonderes Augenmerk auf den Technischen und Organisatorischen Maßnahmen, die die Risiken für Betroffene minimieren, sowie auf den Diskriminierungen, die durch Verzerrungen in den Daten entstehen können.“
Auch in der Berliner Verwaltung solle mehr KI genutzt werden. Die Berliner Datenschutzbeauftragte unterstützt bei der datenschutzrechtlichen Bewertung von KI-Anwendungen durch juristische und technische Expertise, zum Beispiel durch die Beteiligung an der „Taskforce KI“ der Senatskanzlei. Angesichts der hohen Datenschutzrelevanz des Einsatzes von KI-Anwendungen für Bürger und Beschäftigte setze man sich dafür ein, „dass der Schutz personenbezogener Daten von vornherein Berücksichtigung findet!“
Bußgeld-Verhängung der BlnBDI wegen Sicherheitslücken in Praxismanagementsoftware
Bei einer Praxismanagementsoftware habe die BlnBDI eine Reihe von Sicherheitslücken festgestellt, welche es unter anderem angemeldeten Patienten ermöglicht habe, auf umfangreiche Daten anderer Patienten zuzugreifen.
Durch einen weiteren Programmierfehler sei es unberechtigten Dritten potenziell möglich gewesen, medizinische Dokumente einzusehen, welche von den Arztpraxen an die Patienten übermittelt wurden. Infolge sei ein Bußgeld von 60.000 Euro gegen den Anbieter erhoben worden.
BlnBDI nimm auch Informationsfreiheit im Land Berlin unter die Lupe
Kamp ist auch die Beauftragte für die Informationsfreiheit im Land Berlin und unterstützt Personen, welche ihr Recht auf Akteneinsicht gegenüber öffentlichen Stellen wahrnehmen möchten. Im letzten Jahr, 2024, habe sich erneut gezeigt, „dass einige Verwaltungen der Informationsfreiheit noch immer eine geringe Bedeutung beimessen und sie nicht als eigenständige öffentliche Aufgabe verstehen“.
„25 Jahre nach Inkrafttreten des Berliner Gesetzes sollten Behörden die Informationsfreiheit nicht als Bürde, sondern als originäres Aufgabengebiet betrachten und behandeln“, unterstrich Kamp.
Datenschutz von Anfang an: Beratung und Bildungsangebote der BlnBDI
Um es erst gar nicht zu Datenschutzverstößen kommen zu lassen, wendet die BlnBDI nach eigenen Angaben „viel Zeit für die Beratung, Schulung und Sensibilisierung zum Datenschutz“ auf. 2024 habe sie sich beispielsweise an der Entwicklung des digitalen Datenschutzwegweisers für Kitas – „Datenschutz im Kitaalltag – digitaler Wegweiser für Fachkräfte“ – beteiligt und die Erarbeitung von verschiedenen Handlungsleitfäden zum Kinderschutz begleitet. „Mit den Materialien werden Fachkräfte unterstützt, die Datenschutzbestimmungen kompetent umzusetzen und die Rechte der Kinder konsequent zu wahren.“
Für Vereine, Startups und Kleinunternehmen habe sie die kostenlosen Schulungen der „Starthilfe Datenschutz“ angeboten, um die Grundlagen des Datenschutzes zu vermitteln. Auch an Schulen sei die Datenschutzbeauftragte 2024 wieder präsent gewesen und habe in knapp 40 Workshops an Grundschulen Schüler über ihre Rechte, den verantwortungsvollen Umgang mit Medien und die Auswirkungen der KI-Nutzung aufgeklärt.
BlnBDI meldet Höchststand an Eingaben und Datenpannen
Im Jahr 2024 habe die Behörde „ein neuer Höchststand“ an Eingaben von Bürgern erreicht: „In Summe wandten sich Betroffene in 6.063 Fällen mit einer Beschwerde oder Beratungsanfrage an die Berliner Datenschutzbeauftragte.“
Einen neuen Rekord gab es auch bei den Datenpannen: „Insgesamt meldeten private und öffentliche Stellen 1.262 Datenpannen – das sind mehr als drei am Tag.“ Die Behörde habe 104 Verwarnungen und 164 Geldbußen in Höhe von insgesamt 80.190 Euro erlassen.
Weitere Informationen zum Thema:
Di Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, 26.05.2025
Jahresbericht 2024
rbb 24, 26.05.2025
Kottbusser Tor in Berlin Videoüberwachung an Kotti-Wache laut Datenschutzbeauftragter rechtswidrig
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Datenschutz im Kitaalltag – digitaler Wegweiser für Fachkräfte
Di Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit
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Datenschutz im Kitaalltag – digitaler Wegweiser für Fachkräfte
NETZPOLITIK.ORG, Sebastian Meineck, 23.08.2024
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