Aktuelles, Branche, Gastbeiträge - geschrieben von am Sonntag, Mai 5, 2019 18:24 - noch keine Kommentare

Scranos: Spyware wird zum Global Player

Unternehmen müssen ihr Sicherheitsniveau verbessern, um der Gefahr ausgeklügelter APTs zu begegnen

Von unserem Gastautor Liviu Arsene, Leitender Bedrohungsanalyst, Bitdefender

[datensicherheit.de, 05.05.2019] Ausgeklügelte Bedrohungen gehören nach wie vor zu den großen Herausforderungen für Unternehmen. Mit zunehmender Komplexität der Umgebungen finden Malware-Akteure kreative Wege, um gut versteckte und ungepatchte Einstiegspunkte ins Netzwerk zu finden, sich hinter den Kulissen zu verstecken und Schaden anzurichten.

Scranos ist eine Rootkit-fähige Spyware

Die Bitdefender Cyberthreat Intelligence Labs deckten mit Scranos jüngst eine neue Spyware auf. Scranos ist eine Rootkit-fähige Spyware, die mit einem möglicherweise gestohlenen Zertifikat signiert wurde. Diese Rootkit-Malware ist eng mit dem Betriebssystem verbunden, sehr diskret und schwer zu erkennen. Scranos wird sich voraussichtlich mindestens so weit verbreiten wie die Anzeigenbetrugssoftware von Zacinlo. Zacinlo ist ein extrem ausgeklügeltes Spyware-Programm, das seit Anfang 2012 heimlich läuft, Einnahmen für seine Betreiber generiert und die Privatsphäre seiner Opfer unterwandert. Scranos infiziert aktuell Anwender weltweit, weil es plattformübergreifend bestehen kann und es eine immer größere Zahl an Unternehmensendpunkten hinzugewinnt, insbesondere durch Android-Geräte.

Liviu Arsene, Senior e-threat Analyst, Bitdefender

Bild: Bitdefender

Liviu Arsene, Senior e-threat Analyst, Bitdefender

So funktioniert Scranos

Ein Einfallstor in ein Unternehmen sind seine Mitarbeiter. Neueren Studien zufolge bleiben sie das schwächste Glied in der IT-Sicherheit von Unternehmen. Bedrohungsakteure überwinden die Hürde Mitarbeiter bei ihren Angriffen mit Leichtigkeit. Cyberkriminelle nutzen dazu auch eine Vielzahl von Drittanbietern verwendeten Tools. Zu ihren neuesten Angriffsvektoren gehören kleinere und weniger geschützte Zulieferer von Unternehmen, um über diese einfacher eindringen zu können.

Scranos wird über Trojaner verbreitet, die als gehackte Software getarnt sind, oder über Anwendungen, die sich als legitime Software ausgeben, wie etwa E-Book-Leseapplikationen, Videoplayer, Treiber oder ironischerweise sogar Antimalware-Produkte. Bei der Ausführung wird ein Rootkit-Treiber installiert, um die Malware zu tarnen und die Persistenz zu gewährleisten. Nach erfolgreicher Installation kontaktiert die Malware seinen Control- and Command-Server, um zu erfahren, welche weitere Komponenten heruntergeladen und installiert werden müssen. Die Befehls- und Kontrollserver treiben dann je nach Plattform andere Malware-Stämme voran – ein deutlicher Indikator dafür, dass das Netzwerk nun mit Dritten in Pay-per-Installationssystemen verbunden ist. Die Akteure hinter Scranos optimieren die bösartige Software kontinuierlich, fügen neue Komponenten auf bereits infizierten Geräten hinzu und verbessern die Funktionalitäten.

Schadsoftware versteckt sich vo der Systemverwaltung

Scranos ist so konzipiert, dass es sich vor der Systemverwaltung effektiv verstecken kann und Firewalls und traditionelle Antimalware auf Anweisung leicht deaktiviert. Es ist hartnäckig und nutzt die Tarnfähigkeiten, um auch nach der Erkennung und Entfernung zurückzukehren. Da die Datenexfiltration das Hauptziel ist, steht viel auf dem Spiel: von Fragen des Risikomanagements über Diebstahl geistigen Eigentums bis hin zur Schädigung der Markenreputation. Auch die Einhaltung von Compliancevorschriften ist ein großes Thema. Laut einer aktuellen Gartner-Studie hat die „beschleunigte Datenschutzregulierung“ den „Talentmangel“ als das größte Risiko für Unternehmen im ersten Quartal 2019 überholt.

Scranos kann auch die Unternehmensinfrastruktur nutzen, um weitere Angriffe zu starten. Dies wirft ernsthafte rechtliche Bedenken auf und wirkt sich auf die Reputation der Marke und letztlich auf das Unternehmensergebnis aus.

Den gesamten Lebenszyklus von Bedrohungen im Blick

Bis 2020 werden laut Prognose von Juniper Research über fünf Milliarden personenbezogene Datensätze gestohlen worden sein, was einem Schaden durch Cyberkriminalität von schätzungsweise  acht Billionen Dollar entspricht. Während die Scranos-Akteure weiterhin an der Feinabstimmung von Malware-Komponenten arbeiten, werden die Möglichkeiten zum Passwort- und Datendiebstahl verfeinert und entziehen sich dem traditionellen Endpunktschutz.

Ein Box-Checking-Ansatz mit Firewalls und 8-stelligen Passwörtern reicht nicht mehr aus, um diesen heimlichen und hartnäckigen Bedrohungen zu begegnen. Die Schlüssel zur Erkennung und Blockierung ausgefeilter Angriffe sind Anti-Rootkit, Anti-Ransomware, Verhaltensanalyse, erweiterte Bedrohungskontrolle und Machine Learning. Um ihr Sicherheitsniveau zu verbessern, müssen Unternehmen auch ihre Erkennungs- und Reaktionsfähigkeiten verbessern. Die Sicherheit sollte agiler werden, so dass sie sich mit dem Unternehmen und der zunehmenden Anzahl von „Dingen“, die geschützt werden müssen, bewegt und skaliert.

Um komplexe Bedrohungen zu minimieren, benötigen Security Operations Center (SOC) einen Einblick in die Erkennung nach dem Befall mit der Malware. Eine optimale Lösung umfasst erweiterten Schutz, Erkennung und Reaktion und berücksichtigt den gesamten Lebenszyklus von Bedrohungen. SOC-Analysten können Technologien wie Sandbox Analyzer für detaillierte Analysen zu komplexen Bedrohungen, Network Traffic Security Analytics (NTSA) zur Analyse von Anomalien des Netzwerkverkehrs und des Endpunktverkehrs sowie Hypervisor-basierte Speicher-Introspektion nutzen, um Zero-Days so einfach wie jede bereits bekannte Schwachstelle zu identifizieren.

Indikatoren für einen Befall analysieren

SOC-Analysten müssen nicht nur komplexe Attacken blockieren, sondern auch die dahinterstehenden Bedrohungsakteure verstehen sowie die Reaktionen für mehrere Angriffsvektoren automatisieren. Dazu müssen sie sich Echtzeit-Einblicke verschaffen, die die Bedrohungssuche verbessern und die die Zeit für die Jagd nach „Phantomen“ verkürzen.

Bei ihrem detaillierten Einblick in die Rootkit-Funktionsweise von Scranos entdeckten die Bitdefender Analysten Hunderte von einzigartigen Indizien für einen Befall (Indicator of compromise; IoC), darunter File-Hashes, Domains, Registrierungsschlüssel, URLs und IPs.

Neben detaillierten Analysen zu Bedrohungen wie Scranos analysieren und blockieren die Bitdefender-Labs nach eigenen Angaben täglich rund 600.000 IoCs mit verschiedenen Technologien, darunter maschinelles Lernen, fortschrittliche Heuristiken und Inhaltsanalyse. Bedrohungsinformationen, die kuratierte IoC-Daten zu komplexen Bedrohungen wie Scranos enthalten, wurden kürzlich für Unternehmen und SOCs weltweit verfügbar gemacht.

Weitere Informationen zum Thema:

datensicherheit.de, 28.04.2019
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datensicherheit.de, 11.12.2018
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