Aktuelles, Experten - geschrieben von dp am Montag, Juni 20, 2022 13:10 - noch keine Kommentare
Geleakte Daten: RFS sieht Pressefreiheit durch Bundesverfassungsgericht gestärkt
Straftatbestand der Datenhehlerei könnte journalistisches Arbeiten stark erschweren
[datensicherheit.de, 20.06.2022] Die internationale Organisation Reporter ohne Grenzen (RSF) meldet, dass das Bundesverfassungsgericht klargestellt habe, „dass sich Journalistinnen und Journalisten nicht strafbar machen, wenn sie ,geleakte‘ Daten entgegennehmen“. Es habe zwar formal eine Verfassungsbeschwerde gegen den Straftatbestand der Datenhehlerei nicht zur Entscheidung angenommen. Nach RSF-Ansicht müsse der Gesetzgeber deshalb nachbessern und mehr Rechtssicherheit herstellen. RSF begrüßt nach eigenen Angaben jedoch die Begründung des Gerichts, die deutlich mache, dass der Datenhehlerei-Paragraf Journalisten und Reporter nicht kriminalisieren dürfe. Die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) habe die Klage 2017 im Namen von RSF, „netzpolitik.org“ sowie sieben Journalisten und Bloggern erhoben, welche selbst regelmäßig investigativ und mithilfe geleakter Daten recherchierten.
Journalisten können für ihre Arbeit geleakte Daten entgegennehmen, ohne sich strafbar zu machen
„Wenn Journalistinnen und Journalisten geleakte Daten entgegennehmen, machen sie sich nicht strafbar. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist somit ein Erfolg”, betont RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. Die Ausführungen der Kammer hätte Signalwirkung und stellten klar, dass der Datenhehlerei-Paragraf nicht so ausgelegt werden dürfe, „dass dadurch wichtige Teile der Arbeit investigativer Journalistinnen und Reporter sowie ihrer Informantinnen und Helfer kriminalisiert werden“.
Zusätzliche Klarheit verspricht sich Mihr durch das weiterhin beim Zweiten Senat anhängige Verfahren und betont: „Gleichzeitig appellieren wir an den Gesetzgeber, den Wortlaut der Vorschrift im Sinne der Pressefreiheit nachzubessern und damit mehr Rechtssicherheit herzustellen, sowohl für die Arbeit investigativer Journalistinnen und Journalisten als auch für deren Hilfspersonen und Quellen.“
2015 eingeführt: Datenhehlerei-Paragraf 202d StGB
Der 2015 eingeführte Datenhehlerei-Paragraf 202d Strafgesetzbuch stellt den Umgang mit solchen Daten unter Strafe, welche zuvor rechtswidrig erlangt wurden – diese Norm sollte nach Absicht des Gesetzgebers vorrangig den Handel mit gestohlenen Kreditkarten- oder Nutzerdaten bekämpfen. Aufgrund der ungenauen Formulierung des Gesetzes erfasse sie darüber hinaus aber auch das Sich-Verschaffen, die Überlassung und Verbreitung elektronisch gespeicherter Daten, „die von Whistleblowerinnen und Whistleblowern weitergegeben wurden“.
Auch aufgrund massiver Kritik von Presse-Verbänden habe der Bundestag eine Ausnahme für Medienvertreter beschlossen. „Er beschränkte diese jedoch auf berufliche Handlungen, mit denen Daten entgegengenommen, ausgewertet oder veröffentlicht werden.“ Laut Bundesverfassungsgericht „dränge sich auf, dass ein umfassender Ausschluss journalistischer Tätigkeiten bezweckt wird“. Der Tatbestandsausschluss zielt demnach darauf ab, dass eine journalistische Handlung auch dann nicht unter Strafe gestellt wird, wenn Recherchen gegebenenfalls unergiebig sind und es im Ergebnis nicht zu einer Veröffentlichung kommt.
Auch journalistischen Hilfspersonen sollte keine Strafverfolgung wegen Datenhehlerei drohen
Die Verfassungsbeschwerden dreier weiterer Beschwerdeführer seien vom Verfahren abgetrennt worden und nun noch beim Zweiten Senat des Bundesverfassungsgerichts anhängig. Dazu gehörten der GFF-Vorsitzende Dr. Ulf Buermeyer sowie ein Anwalt und ein IT-Experte, die jeweils regelmäßig investigativ arbeitende Medien berieten. Von der ausstehenden Entscheidung erhofft sich die GFF eine Klarstellung, „dass auch journalistischen Hilfspersonen keine Strafverfolgung droht“.
Die Beschwerdeführer seien in Karlsruhe von Prof. Dr. Katharina de la Durantaye (FU Berlin) und dem Kölner Rechtsanwalt und Strafverteidiger Dr. Nikolaos Gazeas vertreten worden, die gemeinsam mit Jun.-Prof. Dr. Sebastian J. Golla (Ruhr-Universität Bochum) die Verfassungsbeschwerde verfasst hätten. Unterstützt worden seien sie von Sebastian Thess (HU Berlin) und der Humboldt Law Clinic Internetrecht (HLCI).
Weitere Informationen zum Thema:
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