Aktuelles, Experten - geschrieben von am Mittwoch, Februar 17, 2021 16:19 - noch keine Kommentare

Reclaim Your Face: Europaweite Bürgerinitiative gegen Biometrische Massenüberwachung gestartet

Dr. Patrick Breyer, Bürgerrechtler und Europaabgeordneter, ruft zur Unterstützung der europaweiten Bürgerinitiative auf

[datensicherheit.de, 17.02.2021] Dr. Patrick Breyer, Bürgerrechtler und Europaabgeordneter, ruft zur Unterstützung der europaweiten Bürgerinitiative „Reclaim Your Face“ auf. Diese startet demnach am 17. Februar 2021 und setzt sich für ein „Verbot von biometrischer Massenüberwachung an öffentlichen Plätzen innerhalb der Europäischen Union“ ein. Aktuelles Ziel der von über 35 Organisationen unterstützten Initiative sei es, in einem halben Jahr eine Million Unterschriften zu sammeln, um die Europäische Kommission offiziell zur Vorlage eines gesetzlichen Verbots biometrischer Massenüberwachung zu bewegen.

reclaim-your-face

Abbildung: Reclaim Your Face campaign

Bürgerinitiative „Reclaim Your Face“: Start am 17. Februar 2021

Bürgerinitiative möchte europaweite Ächtung einfordern

Die Identifizierung und Nachverfolgung von Bürgern anhand biometrischer Erkennungsmerkmale hebe Massenüberwachung im Öffentlichen Raum auf ein neues Niveau, „dessen dystopische Ausmaße wir heute nur erahnen können“, warnt Dr. Breyer und führt aus: „Überwachungstechnologien, die auf der Auswertung unserer individuellen Körpermerkmale, wie Gesichtszügen oder Bewegungsmustern, basieren, verwandeln uns in laufende Barcodes, die jederzeit und überall ausgelesen werden können.“
Auch erzeuge die automatisierte Erkennung und Meldung auffälligen Verhaltens einen ständigen Überwachungs- und Anpassungsdruck, der mit unseren Grundrechten nicht vereinbar sei. Mit „Reclaim Your Face“ hätten Bürger nun die Möglichkeit, „die untätige EU-Kommission unter Druck zu setzen und eine europaweite Ächtung einzufordern“. Damit dies gelingt, werden laut Dr. Breyer sehr viele Unterstützer benötigt.

Bürgerinitiative warnt vor unzuverlässiger Technik

Einige Mitgliedstaaten der EU experimentierten bereits mit dem Einsatz biometrischer Überwachungstechnologien, wie etwa der Anwendung von Gesichtserkennungssoftware auf öffentlichen Plätzen. Durch Nutzung von sogenannter Künstlicher Intelligenz (KI) sei es den Behörden so möglich, Personen eindeutig zu identifizieren und ihren Aufenthaltsort genau nachzuverfolgen.
Die erfassten Körpermerkmale würden gleichzeitig mit Einträgen in weltweiten Datenbanken verglichen, um so etwa nach bekannten Straftätern zu suchen. Ein Versuch der Bundespolizei am Berliner Bahnhof Südkreuz habe gezeigt, dass wegen der unzuverlässigen Technik 99 von 100 der als „Treffer“ gemeldeten Personen unschuldig gewesen seien und zu Unrecht einer Straftat verdächtigt würden.

Bürgerinitiative befürchtet zudem Diskriminierungsgefahr

Menschenrechtsorganisationen warnten vor dem Einsatz biometrischer Überwachungstechnologien außerdem aufgrund der Diskriminierungsgefahr, die von ihnen ausgehe. Denn die Algorithmen der Gesichtserkennungstechnologien wiesen besonders hohe Fehlerquoten bei der Erkennung nicht-weißer Personen auf. In den USA habe es bereits erste Festnahmen unschuldiger Bürger auf Basis des Einsatzes biometrischer Überwachungstechnologien gegeben. Zahlreiche US-Staaten hätten daher Gesetze zum Verbot von Gesichtserkennungstechnologien verabschiedet.
In der Europäischen Union gebe es bisher keinen gesetzlichen Rahmen zur Regulierung solcher Überwachungsmethoden. Die EU-Kommission habe jedoch angekündigt, im April 2021 ein Gesetzespaket zum Umgang mit sogenannter Künstlicher Intelligenz vorzulegen. „Die Europäische Union muss dringend die Gefahren erkennen, die der Einsatz biometrischer Massenüberwachung mit sich bringt. Mit den geplanten Gesetzen zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz hat die Kommission die Chance, den zahlreichen Warnungen der Zivilgesellschaft und Menschenrechtsorganisationen Gehör zu verleihen, und den Einsatz dieser extrem fehleranfälligen Technologien zu verbieten“, so Dr. Breyers Appell.

Bürgerinitiative: Europäische Kommission soll Gesetzesvorschlag zum Verbot Biometrischer Massenüberwachung vorlegen

Die Europäische Bürgeriniaitive „Reclaim Your Face“ fordere die Europäische Kommission auf, einen Gesetzesvorschlag zum Verbot Biometrischer Massenüberwachungstechnologien vorzulegen. Die Unterschriftensammlung laufe ab dem 17. Februar 2021 für ein Jahr und sei auf der „Reclaim Your Face“-Website erreichbar.
Dr. Breyers Fraktion im Europaparlament (Grüne/EFA) werbe unter anderem mit einer Veranstaltungsreihe und Studienaufträgen für die politische Umsetzung eines solchen Verbots.

Weitere Informationen zum Thema:

RECLAM YOUR FACE
Sign the petition for a new law now

The New York Times, Kashmir Hill, 29.12.2020
Another Arrest, and Jail Time, Due to a Bad Facial Recognition Match

Süddeutsche Zeitung, 12. Juni 2020
Rassismus und Algorithmen: Warum Tech-Konzerne der Gesichtserkennung abschwören

Süddeutsche Zeitung, Christian Endt und Vanessa Wormer, 01.03.2019
Das Problem mit den Falsch-Positiven / Zunehmend setzen Sicherheitsbehörden Software ein, um Verdächtige zu erkennen…

datensicherheit.de, 15.12.2017
Pilotprojekt Gesichtserkennung am Bahnhof Südkreuz: Kritik vom Deutschen Anwaltverein / Das massenhafte Scannen von unbescholtenen Personen greift massiv in Grundrechte ein



Kommentieren

Kommentar

Kooperation

TeleTrusT

Mitgliedschaft

German Mittelstand e.V.

Mitgliedschaft

BISG e.V.

Multiplikator

Allianz für Cybersicherheit

Datenschutzerklärung