Aktuelles, Experten - geschrieben von dp am Samstag, März 17, 2018 20:00 - noch keine Kommentare
Schutzranzen: Ludwigsburg setzt weiter auf heftig kritisiertes Projekt
Sämtliche Fußgänger müssten zu ständig überwachten Objekten im Internet der Dinge und Dienste werden
[datensicherheit.de, 17.03.2018] In einer aktuellen Meldung informiert der Digitalcourage e.V. darüber, dass die Stadt Ludwigsburg offensichtlich trotz Kritik weiter vernetztes Fahren mit Tracking von Grundschulkindern realisieren möchte. Digitalcourage kritisiert ausdrücklich, dass Ludwigsburg trotz Kritik von Datenschutzbeauftagten, Pädagogik- und Kinderhilfe-Verbänden sowie von der Kultusministerin Baden-Württembergs Dr. Susanne Eisenmann weiter am Kinder-Tracking-Projekt „Schutzranzen“ festhält. Aktuell untersuche die Landesbeauftragte für den Datenschutz Niedersachsen, Barbara Thiel, das Projekt im Hinblick auf Datensicherheit und Datenschutz – Ergebnisse lägen noch nicht vor.
Kinder werden zu Versuchsobjekten degradiert
Mit einem Offenen Brief hat Digitalcourage an die Stadt Ludwigsburg appelliert, das Tracking von Grundschulkindern abzubrechen: Ludwigsburg und die Coodriver GmbH wollen die Ergebnisse des Kinder-Tracking-Versuchs für die Weiterentwicklung von autonom fahrenden Autos nutzen. Digitalcourage hält das für eine „offensichtliche Sackgasse der Technikentwicklung“ – Kinder seien bei diesem Projekt Versuchsobjekte.
„Autonomes Fahren muss funktionieren, ohne dass Menschen dafür getrackt werden, sonst ist es kein autonomes, sondern überwachendes Fahren“, betont Friedemann Ebelt von Digitalcourage.
Ludwigsburg setze mit dem „Schutzranzen“-Konzept darauf, zukünftig alle Personen im vernetzten Verkehr mit GPS-Sensorik zentral überwachen zu lassen. Ebelt: „Das ist weder notwendig noch zielführend und darum fordern wir den Abbruch des Projekts.“
Personen-Tracking mit GPS überflüssig
Nach Einschätzung von Digitalcourage ist das Projekt „Schutzranzen“ auf die Bedürfnisse der Autozulieferer-Industrie zugeschnitten. Einige Autohersteller setzten hingegen mit neuen Fahrzeugmodellen auf sensorische Erkennung von Personen und angepasste Fahrweise und machten damit Kinder- und Personen-Tracking mit GPS überflüssig.
Technisch sei das Modell von „Schutzranzen“ deshalb rückschrittlich: Dessen technisches Konzept verlange nämlich, dass Kinder als Verkehrsteilnehmer mit GPS-Trackern oder Apps auf Smartphones ausgestattet werden. Nur solche Kinder, die auch Trackingsensorik bei sich tragen, würden von Fahrzeugen dann „gesehen“. Überwachung sei also bei „Schutzranzen“ die Voraussetzung für Sicherheit: Das sei aber der „falsche Weg“. In der Konsequenz müssten Millionen Verkehrsteilnehmer mit Trackingsensorik als Objekte im Internet der Dinge vernetzt werden. Die technische Entwicklung werde aber in eine grundlegend andere Richtung gehen. Technisch solides Autonomes Fahren werde auf die Sensorik in den Fahrzeugen gestützt sein, damit auch Verkehrsteilnehmer ohne Trackingsensorik geschützt werden können. Autonome Fahrzeuge würden nicht nur Personen erkennen können müssen, sondern beispielsweise auch Steine auf der Fahrbahn, uneinsehbare Ecken, Wildschweine oder umgestürzte Bäume. Der Versuch, all diese Objekte und Situationen mit Trackingsensorik auszustatten, sei „untauglich“. Das Modell „Schutzranzen“ werde mittelfristig von Fahrzeugsensorik überholt werden – Investitionen in dieses Modell seien Aufwände in einen „obsoleten Ast der Technikentwicklung“.
Ignoranz gegenüber Gefahren für Kinder kritisiert
Bei „Schutzranzen“ stehe nicht die Sicherheit von Kindern an erster Stelle. Denn die Projektverantwortlichen hätten vorab keine unabhängige Studien zum möglichen Nutzen und zu möglichen Gefahren des Kinder-Trackings eingeholt. Es sei unverantwortlich, das Projekt „Schutzranzen“ im realen Straßenverkehr zu testen.
Es sei z.B. möglich, dass sich Kinder besonders unvorsichtig im Straßenverkehr bewegen, wenn ihnen gesagt wird, dass sie im Rucksack einen Sensor haben, der Fahrzeuge vor ihnen warnt – die Gefahr für Kinder würde steigen. Es sei ebenso möglich, dass Autofahrer unvorsichtiger fahren, wenn keine Warnmeldung auf ihrem Smartphone angezeigt wird – die Gefahr für Kinder würde ebenso steigen.
Die Verantwortlichen hätten zudem vorab keine unabhängige Datensicherheits- und Datenschutzprüfung veranlasst – bei sensiblen Daten von Kindern sei das aber geboten. Wenn das Konzept von „Schutzranzen“ wie geplant bundesweit zum Einsatz käme, würde die Coodriver GmbH zentral sensible Daten von Kindern in Realzeit verwalten – Risiken und Nutzen stünden in keinem Verhältnis, so Digitalcourage.
Weitere Informationen zum Thema:
digitalcourage
Offener Brief: VW muss Kinder-Tracking stoppen!
datensicherheit.de, 03.03.2018
Schutzranzen: Projektpartner halten an umstrittenem Projekt weiter fest / Digitalcourage e.V. kritisiert Verdinglichung von Kindern
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