Aktuelles, Experten - geschrieben von dp am Montag, Juli 20, 2020 18:10 - noch keine Kommentare
TeleTrusT: Handlungsempfehlungen nach Aus für Privacy Shield
Stellungnahme des Bundesverbandes IT-Sicherheit e.V. (TeleTrusT) zum Urteil des EuGH
[datensicherheit.de, 20.07.2020] Zum Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) betreffend die Unwirksamkeit des „Privacy Shield“-Abkommens zwischen der EU und den USA hat auch der Bundesverband IT-Sicherheit e.V. (TeleTrusT) Stellung genommen und zugleich Handlungsempfehlungen für Unternehmen, wie jetzt verfahren werden sollte, veröffentlicht.
TeleTrusT betont: Schutzniveau auf dem Level der DSGVO gefordert
Mit seinem Urteil vom 17. Juni 2020 hatte der EuGH das „Privacy Shield“-Abkommen zwischen der EU und den USA für Datenübermittlungen in die USA für unwirksam erklärt, da es kein Schutzniveau auf dem Level der DSGVO sicherstelle. Insbesondere stehe Betroffenen in den USA kein Rechtsweg zur Durchsetzung der im Unionsrecht verankerten Rechtsgarantien offen.
Die „Standardvertragsklauseln“ (SCC) für die Übermittlung an Auftragsverarbeiter hat der EuGH dagegen nicht als unwirksam angesehen. Einem Transfer von Daten in Nicht-DSGVO-Staaten könne die Entscheidung dennoch entgegenstehen. Datentransfers in die USA seien ab sofort datenschutzwidrig, wenn sie (ausschließlich) auf Grundlage einer „Privacy Shield“-Zertifizierung erfolgen. Erfasst seien nicht nur Übermittlungen an Auftragsverarbeiter, sondern auch solche innerhalb eines Konzerns oder an Geschäftspartner.
Auch konzerninterne Datenflüsse an US-Konzernunternehmen zu überprüfen, rät der TeleTrusT
Sowohl der Einsatz von Software-Tools, bei denen zumindest ein Teil der Datenverarbeitung in den USA erbracht wird, als auch die konzerninternen Datenflüsse an US-Konzernunternehmen müssten überprüft werden. Auf den Sitz der beteiligten Unternehmen komme es nicht an. Entscheidend sei allein, ob die Daten in die USA verbracht werden sollen. Auf Basis des „Privacy Shield“ sei das nicht mehr zulässig. Ob Transfers in die USA oder andere Rechtsordnungen unter den SCC zulässig sind, dürfte davon abhängen, ob dem Betroffenen auch tatsächliche wirksame Mittel der Ausübung zentraler Rechte nach der DSGVO im Zielland bereitstehen.
Umgekehrt sei nicht jede Datenübermittlung in die USA von dem EuGH-Urteil betroffen. Zulässig bleibe eine Übermittlung, die zur Erfüllung eines Vertrages (oder Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen) mit dem Betroffenen erforderlich ist. Ebenso nicht unmittelbar betroffen sei die Nutzung von US-Dienstleistern, wenn die Leistungserbringung vollständig in europäischen Rechenzentren erfolgt.
TeleTrusT-Handlungsempfehlungen:
1. Identifizierung der betroffenen Datenflüsse
2. Umstellung auf alternative Garantien:
Standardvertragsklauseln (SCC)
Die Übermittlung der personenbezogenen Daten könne nach wie vor auf die sog. Standardvertragsklauseln der EU-Kommission gestützt werden. Diese stellten grundsätzlich ein angemessenes Datenschutzniveau beim Empfänger her, sofern sie unverändert vereinbart würden. Der EuGH habe die SCC in seinem Urteil ausdrücklich als solche nicht beanstandet. Allerdings habe er zugleich auch darauf hingewiesen, dass der Verantwortliche auch bei Verwendung der SCC prüfen müsse, ob das Recht des Ziellandes einen angemessenen Schutz personenbezogener Daten bietet.
Ausdrückliche Einwilligung des Betroffenen
Besteht keine Garantie für ein angemessenes Datenschutzniveau, könne die Übermittlung ins Drittland auch auf eine Einwilligung des Betroffenen gestützt werden. Diese Einwilligung müsse aber ausdrücklich erfolgen und erfordere, dass der Betroffene auf die Risiken eines fehlenden Angemessenheitsbeschlusses oder der Garantie eines Datenschutzniveaus hingewiesen wurde.
3. Beachtung der Hinweise der Aufsichtsbehörden
Das Urteil schaffe für die betroffenen Unternehmen große Rechtsunsicherheit: Eine langfristige und verlässliche Absicherung des Datentransfers in die USA fehle. In dieser Lage sei zu erwarten, dass sich die Aufsichtsbehörden auf nationaler und europäischer Ebene zeitnah äußern und eigenen Hinweisen und Handlungsempfehlungen veröffentlichen würden. Die Berliner Behörde sei bereits vorgeprescht, obwohl hierbei eine Abstimmung der Datenschutzbehörden aller EU-Länder angezeigt wäre.
Betroffene Datenübermittlungen ab sofort rechtswidrig, unterstreicht der TeleTrusT
Das Urteil des EuGH entfalte unmittelbar Gültigkeit. Damit seien die betroffenen Datenübermittlungen ab sofort rechtswidrig. Entsprechend sollten die Maßnahmen unverzüglich ergriffen werden. Gleichzeitig sei nicht zu erwarten, dass Aufsichtsbehörden unmittelbar Bußgelder verhängen würden.
„Das Urteil betrifft in erster Linie den Datentransfer in die USA. Bereits hier sind die Auswirkungen für Unternehmen gravierend, da derzeit keine langfristige Möglichkeit der Übermittlung von Daten in die USA ersichtlich ist“, fasst RA Karsten U. Bartels LL.M., Stellv. TeleTrusT-Vorsitzender und Leiter der TeleTrusT-AG „Recht“, die Lage zusammen.
Auswirkungen laut TeleTrusT aber noch weitreichender
Die Auswirkungen seiend aber noch weitreichender, so Bartels: „Für viele typische Verarbeitungsländer bestehen die gleichen erheblichen Zweifel an entsprechendem Rechtsschutz, insbesondere nachdem der EuGH diesen ausdrücklich auch für den Arbeitsbereich der Sicherheitsbehörden fordert.“
Wer alle Risiken vermeiden möchte, werde daher auf einer Verarbeitung in Europa unter ausschließlicher Kontrolle europäischer Unternehmen bestehen müssen. „Nachdem das häufig technisch oder wirtschaftlich nicht als Option erscheint, kann auch abgewartet werden, wie die Aufsichtsbehörden die Risiken einschätzen werden“, so Bartels.
Weitere Informationen zum Thema:
TeleTrusT Bundesverbandes IT-Sicherheit e.V., 20.07.2020
Stellungnahme und Handlungsempfehlungen zum Urteil des EuGH betreffend „Privacy Shield“ (C-311/18, „Schrems II“)
datensicherheit.de, 18.07.2020
Privacy Shield: Tipps für Unternehmen nach EuGH-Urteil
datensicherheit.de, 17.07.2020
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