Aktuelles, Experten - geschrieben von dp am Freitag, Januar 22, 2021 19:53 - noch keine Kommentare
Auch Digitalcourage warnt vor Kfz-Kennzeichenerfassung
Digitalcourage sieht Regierungspläne vor Gericht scheitern
[datensicherheit.de, 22.01.2021] Auch der Digitalcourage e.V. geht in seiner aktuellen Stellungnahme auf den Plan der Bundesregierung ein, die Erfassung von Kfz-Kennzeichen weiter zu legalisieren. Die Datenbanken sollen dann offenbar von Polizei, Zoll und anderen Fahndungsbehörden genutzt werden können. Eine entsprechende Rechtsgrundlage habe das Bundeskabinett am 20. Januar 2021 auf den Weg gebracht – der Strafprozessordnung (StPO) solle dafür ein §163g hinzugefügt werden.
Digitalcourage und Chaos Computer Club erinnern an „BigBrotherAward“ für das Land Brandenburg
„Damit soll bundesweit legalisiert werden, was schon auf Länderebene äußerst umstritten ist“, so Frank Rosengarts Kommentar zu diesen Regierungsplänen.
Rosengart, der Vertreter des Chaos Computer Clubs in der Jury der „BigBrotherAwards“, habe im September 2020 den „BigBrotherAward“ an das Land Brandenburg für die anlasslose und dauerhafte Kennzeichenerfassung auf der A 12 verliehen. Auch Bayern stehe seit Längerem in der Kritik wegen der dortigen Kfz-Kennzeichenerfassung.
Digitalcourage-Vorstandsmitglied Rena Tangens warnt vor zu viel Ermessensspielraum
„Es ist zu erwarten, dass die geplante bundesweite Erlaubnis vor dem Bundesverfassungsgericht keinen Bestand hat“, meint Digitalcourage-Vorstandsmitglied Rena Tangens. Denn schon 2008 habe das höchste Gericht klargestellt, dass es enge Grenzen für die Verhältnismäßigkeit dieses Grundrechtseingriffes gebe. Diese geplante Neuerung in der StPO lasse aber vieles vage: So sollten Kfz-Kennzeichen „vorübergehend“ und „örtlich begrenzt“ beim Verdacht auf „erhebliche Straftaten“ erfasst werden können – dies sei „viel zu viel Ermessensspielraum“, warnt Tangens.
Außerdem solle es einen Richtervorbehalt offenbar nicht geben. „Eine schriftliche Anordnung der Staatsanwaltschaft soll ausreichen – bei ,Gefahr im Verzug‘ darf die Anordnung sogar mündlich und durch ,die Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft‘ ergehen.“ Die Polizei könne sich also im Zweifel selbst dazu berechtigen.
Digitalcourage erinnert an Versagen sämtlicher Kontrollmechanismen
„Das steht in keinem Verhältnis zur Schwere des Eingriffs in die Grundrechte durch Kennzeichenerfassung“, kritisiert Rosengart. Am Beispiel Brandenburg sei zu sehen, dass trotz strenger gesetzlicher Vorgaben die polizeiliche Praxis völlig aus dem Ruder gelaufen sei.
Leider hätten dort sämtliche Kontrollmechanismen versagt, so dass über viele Jahre eine grundrechtswidrige Datensammlung auf Vorrat stattgefunden habe. Rosengarts Fazit: „Die butterweiche geplante neue Regelung in der StPO wird den Missbrauch noch leichter machen.“
Weitere Informationen zum Thema:
heise.de, (Seite 16)
Gesetzentwurf der Bundesregierung / Entwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung der Strafprozessordnung und zur Änderung weiterer Vorschriften
heise online, Stefan Krempl, 12.05.2019
Kfz-Kennzeichen-Scanning: Bayern und Brandenburg speichern Fahrer auf Vorrat
WIKIPEDIA
Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft
datensicherheit.de, 21.01.2021
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