Aktuelles, Experten, Studien - geschrieben von dp am Freitag, Dezember 1, 2017 14:18 - noch keine Kommentare
Digitales verdrängt das Soziales: Alltag von Jugendlichen löstgelöst von der Realität
Der Bundesverband Medien und Marketing fordert ein politisches Präventionsprogramm
[datensicherheit.de, 01.12.2017] Laut einer aktuellen Studie setzt sich diese Tendenz der zurückliegenden drei Jahre ungehindert fort: Jugendliche überfrachten demnach ihren Alltag durch dauerhafte Digitalnutzung („Das Digitale verdrängt das Soziale“). Sozialkompetenzen und Arbeitsmotivation blieben so immer öfter auf der Strecke – mit großem Schaden für die Gesellschaft und die Wirtschaft. Der Bundesverband Medien und Marketing (BVMM) fordert nach eigenen Angaben ein politisches Präventionsprogramm.
„WhatsApp“ bevorzugter Kommunikationskanal Jugendlicher
Die aktuelle, am am 1. Dezember 2017 veröffentlichte „JIM-Studie“ des Medienpädagogischen Forschungsverbundes Südwest zeige die derzeitigen Nutzungsprioritäten Jugendlicher eindrücklich – und leider auch erschreckend – auf: 94 Prozent der Jugendlichen zwischen zwölf und 19 Jahren tauschten sich in Deutschland regelmäßig über „WhatsApp“ aus.
Auf Platz 2 der mindestens mehrmals pro Woche genutzten Kommunikationsanwendungen stehe „Instagram“ (57 Prozent), knapp dahinter liege „Snapchat“ mit 49 Prozent regelmäßigen Nutzern. Damit sei das Kommunikationsverhalten Jugendlicher nunmehr komplett in die virtuelle Welt abgedriftet.
Besorgniserregende Entwicklung aufgezeigt
„Diese besorgniserregende Entwicklung muss zu einem Aufschrei in unserer Gesellschaft führen“, so Verbandspräsident Prof. Dr. Gerald Lembke und hauptamtlicher Professor für Digitale Medien an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg.
„Es ist nach der aktuellen JIM-Studie eben nicht nur die Durchdringung in der Breite der jugendlichen Zielgruppe, sondern auch in die Tiefe, gemessen in der täglichen Nutzungsdauer“, erläutert Lembke. Die aggregierte Bildschirmzeit betrage in den Spitzengruppen bis zu sieben Stunden pro Tag, durchschnittlich schauten Jugendliche in Deutschland bis zu dreieinhalb Stunden täglich auf ihr Smartphone, zum größten Teil auf „WhatsApp“ und ähnliche Dienste – und verlören somit die sie umgebende Umwelt aus dem Blick.
Jugendliche geht Bezug zur realen Welt verloren
Damit würden originäre Kulturtechniken wie das persönliche Aufeinanderzugehen in realen Welten für immer mehr Jugendliche schwieriger, weil diese Zeit durch die virtuelle Kommunikation substituiert werde. „Das wird Konsequenzen für die sozialen Kompetenzen in nahezu allen Unternehmen mit sich bringen“, warnt der BVMM-Verbandspräsident: „Die Zusammenarbeit zwischen Individuen, die in einer von Narzissmus, Egoismus und Entertainment dominierten Digitalwelt groß werden, wird in Zukunft die größte Herausforderung für die Wirtschaft, insbesondere für das Personalmanagement und die Führungskräfte werden. Noch werden die jungen Leute von älteren Führungskräften angeleitet. Das mögen die Digitalkids nicht – und die Chefs auch nicht.“
Digitale Risiken und Konsequenzen für die eigene Persönlichkeitsentwicklung aufzeigen!
Um diese Fehlentwicklungen zu stoppen, bedürfe es in allen Altersstufen staatlich geförderter Präventionsprogramme, um sozialen Devianzen in großen Teilen der Wirtschaft entgegenzuwirken, fordert Professor Lembke.
Die Wirtschaft trage nämlich mit einem erheblichen Anteil zum sozialen Frieden in unserer Gesellschaft bei – und das pausenlose Chatten und Daddeln auf dem Smartphone sei gerade nicht geeignet, Frieden und Motivation am Arbeitsplatz zu wahren, geschweige denn zu entwickeln.
Präventionsprogramme dagegen könnten systematisch und über die verschiedenen Lebensphasen der Jugendlichen hinweg die aktuellen digitalen Risiken und Konsequenzen für die eigene Persönlichkeitsentwicklung behandeln. Zudem sollte es „verpflichtende Trainingsprogramme zum Erlernen von Sozialkompetenzen schon für die Kinder und Jugendliche“ geben.
Weitere Informationen zum Thema:
mpfs
Basisuntersuchungen zur Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen / JIM-Studie 2017
datensicherheit.de, 19.09.2016
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