Aktuelles, Branche, Studien - geschrieben von dp am Mittwoch, Oktober 23, 2019 20:49 - noch keine Kommentare
Datenethikkommission: Bitkom kritisiert Abschlussbericht
Digitalverband hat Publikation „Blick in die Blackbox – Nachvollziehbarkeit von KI-Algorithmen in der Praxis“ veröffentlicht
[datensicherheit.de, 23.10.2019] Laut einer Stellungnahme des Digitalverbands Bitkom schießen die Vorschläge zur Regulierung von Algorithmen „über das Ziel hinaus“ – die Pflicht zur Bereitstellung von Daten muss demnach „die Ausnahme bleiben“.
Deutschland droht Rückbau zu „analogem Inselstaat“
Der Bitkom hat anlässlich des am 23. Oktober 2019 vorgelegten Abschlussberichts der Datenethikkommission der Bundesregierung vor „Regulierungswut“ gewarnt.
Bitkom-Präsident Achim Berg: „Wir begrüßen sehr, dass wir in Deutschland einen breiten gesellschaftlichen Dialog über Datenethik führen. Unser Wertekodex gilt auch in der digitalen Welt und wir müssen ihn dort konsequent zur Geltung bringen – Ziel kann aber nicht sein, den Weg in die digitale Welt zu verstellen und Deutschland zu einem analogen Inselstaat zurückzubauen.“
Bei Algorithmen, dem Umgang mit Daten und Künstlicher Intelligenz (KI) müsse man weg von einer theoretischen Diskussion, die sich nahezu ausschließlich um Risiken und Gefahren drehe und hinein in die Praxis, „um die Chancen neuer Technologien für die Lösung der großen aktuellen Herausforderungen unserer Gesellschaft zu nutzen“.
Frage des Datenzugangs berührt Innovationskraft, Datenschutz, Vertragsfreiheit und Marktentwicklungschancen
Der Bitkom begrüßt nach eigenen Angaben „bei der Debatte über einen Datenzugang das Anliegen einer möglichst breiten Beteiligung an vorhandenen Daten, etwa bei Open-Data-Initiativen“. Eine allgemeine Verpflichtung für Unternehmen, eigene Daten allgemein zur Verfügung stellen zu müssen, lehne er aber ebenso wie die Datenethikkommission ab:
„Man sollte deutsche Unternehmen nicht zwingen, die von ihnen erhobenen Daten letztlich auch der Konkurrenz zur Verfügung zu stellen. Unsere internationalen Wettbewerber klopfen sich auf die Schenkel, wenn wir ihnen unsere Datenschätze auf dem Silbertablett überreichen. Datenzugangsregeln können und dürfen nur sehr punktuell greifen“, betont Berg.
Es gehe beim Datenzugang auch um wichtige Fragen von Innovationskraft, Datenschutz sowie Vertragsfreiheit und Marktentwicklungschancen. Nach Ansicht des Bitkom sind die geltenden Gesetze und Vorschriften ausreichend – Datenzugang sollte grundsätzlich auf dem Prinzip der Vertragsfreiheit und damit der Freiwilligkeit beruhen.
Warnung davor, sämtliche Algorithmen unter „Generalverdacht“ zu stellen
Bei den Vorschlägen zur Algorithmen-Regulierung sei die Kommission „über das Ziel hinausgeschossen“. Anstatt eine enge Kategorie von Algorithmen zu identifizieren, die wegen ihres Gefährdungspotenzials einer besonderen Regulierung bedürfen könnten, würden in dem Abschlussbericht fast alle Algorithmen unter einen „Generalverdacht“ gestellt.
„Algorithmen sind bereits heute Teil unseres täglichen Lebens, von der Route des Navigationsgeräts über die Wettervorhersage bis hin zur Empfehlung eines Musiktitels. Die allerwenigsten davon bergen das Risiko von Diskriminierung oder Gefahr für Leib und Leben“, stellt Berg klar. Algorithmen seien die „Grundlage jeglicher Digitalisierung“. Eine Risikobewertung für jeden einzelnen Algorithmus sei nicht nur nicht notwendig, sondern angesichts der Fülle an Anwendungen auch in der Praxis überhaupt nicht durchführbar. Um Missbrauch oder Fehlverhalten auszuschließen, sollte zudem in den meisten Fällen das geltende Recht – wie Vertrags- und Verbraucherrecht, Antidiskriminierungsgesetze, das Haftungsrecht oder Datenschutzgesetze – ausreichend sein.
„Wir brauchen mehr Verständnis von Algorithmen, nicht mehr Verbote“, sagt Berg. Dazu gehöre eine größtmögliche Transparenz, gerade im Bereich der KI und des Maschinellen Lernen, an der nicht zuletzt die Unternehmen selbst interessiert seien.
Publikation zur Nachvollziehbarkeit von KI-Algorithmen veröffentlicht
Um das Verständnis über KI-Algorithmen zu verbessern, hat der Bitkom anlässlich der Vorstellung des Abschlussberichts der Datenethikkommission die Publikation „Blick in die Blackbox – Nachvollziehbarkeit von KI-Algorithmen in der Praxis“ veröffentlicht:
Anhand von Praxisbeispielen, etwa aus der Textilindustrie oder dem Nachweis einer Autorenschaft in einem Gerichtsverfahren, werde aufgezeigt, wann eine Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen einer KI überhaupt notwendig ist – und wie diese bereits heute mit sogenannten lokalen Erklärmodellen erreicht werde.
Darüber hinaus wird laut dem Bitkom „auf mehr als 100 Seiten unter anderem die Frage behandelt, wie man KI-Algorithmen vor bewussten Manipulationen schützen kann, und warum Rückverfolgung, Erklärbarkeit und Kommunikation von entscheidender Bedeutung für intelligente Systeme sind“.
Weitere Informationen zum Thema:
Bitkom, 23.10.2019
Leitfaden „Blick in die Blackbox: Nachvollziehbarkeit von KI-Algorithmen in der Praxis“
Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz
Datenethikkommission
Hochschule Bonn-Rhein-Sieg
Anmeldung zur Veranstaltung: „Abschlussbericht der Datenethikkommission“ 4. November 2019, 18-20 Uhr – Campus Sankt Augustin – Grantham-Allee 20 – 53757 Sankt Augustin – Audimax (Hörsaal1)
datensicherheit.de, 13.07.2019
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