Aktuelles, Experten, Studien - geschrieben von dp am Samstag, August 9, 2025 10:57 - noch keine Kommentare
Bitkom: Weiterhin fehlen mehr als 100.000 IT-Fachkräfte in Deutschland
Der Bitkom kommentiert die von Bitkom Research im Auftrag des Digitalverbands telefonisch durchgeführte repräsentative Umfrage in Unternehmen ab drei Beschäftigten in Deutschland
[datensicherheit.de, 09.08.2025] Laut aktuellen Bitkom-Erkenntnissen fehlen der deutschen Wirtschaft aktuell rund 109.000 IT-Fachkräfte. „Das sind zwar deutlich weniger als noch vor zwei Jahren mit 149.000, allerdings sehen die Unternehmen keine wirkliche Abmilderung des Fachkräftemangels.“ So beklagten derzeit 85 Prozent einen Mangel an IT-Fachkräften auf dem deutschen Arbeitsmarkt, nur vier Prozent sprächen von einem Überangebot und zehn Prozent sagten, dass es ausreichend IT-Fachkräfte gebe. 79 Prozent erwarten demnach, dass sich der IT-Fachkräftemangel in Zukunft sogar weiter verschärfen wird – nur vier Prozent erwarten, dass er abnimmt und 16 Prozent rechnen mit keiner Veränderung. Dies sind laut Bitkom e.V. Ergebnisse der neuen Studie zum Arbeitsmarkt für IT-Fachkräfte, „für die 855 Unternehmen aller Branchen repräsentativ befragt wurden“. Die telefonische, von Bitkom Research im Auftrag des Digitalverbands Bitkom durchgeführte Umfrage in Unternehmen ab drei Beschäftigten in Deutschland habe im Zeitraum der Kalenderwochen 20 bis KW 27 2025 stattgefunden.

Foto: Bitkom
Dr. Ralf Wintergerst: Der Fachkräftemangel darf nicht zur Digitalisierungsbremse werden!
Konjunkturelle Eintrübung und geopolitische Unsicherheiten führten zur Zurückhaltung bei Neueinstellungen
„Die konjunkturelle Eintrübung und geopolitische Unsicherheiten haben dazu geführt, dass Unternehmen bei Neueinstellungen zurückhaltend sind oder sogar IT-Stellen abgebaut haben. Zugleich schreitet die Digitalisierung der Unternehmen, aber auch in Verwaltungen und Behörden, voran, so dass dort eher mehr als weniger IT-Expertinnen und -Experten benötigt werden“, kommentiert der Bitkom-Präsident, Dr. Ralf Wintergerst.
- Er führt hierzu erläuternd aus: „Mit Blick auf die demographische Entwicklung in Deutschland, durch die sehr viel weniger junge Menschen auf den Arbeitsmarkt kommen als ältere aus dem Berufsleben ausscheiden, müssen wir mehr Anstrengungen unternehmen, die IT-Fachkräftelücke zu schließen. Der Fachkräftemangel darf nicht zur Digitalisierungsbremse werden!“
Allerdings hätten sechs Prozent der Unternehmen in den vergangenen zwölf Monaten wegen der wirtschaftlichen Lage IT-Fachkräfte entlassen müssen und 14 Prozent rechneten damit, dass dies in den kommenden zwölf Monaten in ihrem Unternehmen der Fall sein werde. Sogar 35 Prozent erwarteten, dass es in der deutschen Wirtschaft aufgrund der schwächelnden Konjunktur zu einem Stellenabbau in der IT kommen werde. Allerdings sagten auch sechs Prozent, dass sie bereits IT-Fachkräfte eingestellt hätten, welche aufgrund der wirtschaftlichen Situation anderswo ihren Job verloren haben – und 52 Prozent rechneten damit, künftig bessere Chancen bei der Suche nach IT-Fachkräften zu haben, weil anderswo Stellen gestrichen werden.

Abbildung: bitkom
Mangel an IT-Fachkräften wird sich laut aktueller Bitkom-Umfrage noch verschärfen
Jedes zwölfte Unternehmen setzt vermehrt auf KI, um IT-Fachkräftemangel entgegenzuwirken
Jedes zwölfte Unternehmen (8%) setze vermehrt Künstliche Intelligenz (KI) ein, um dem IT-Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Dabei lasse sich noch nicht sagen, welche Auswirkungen KI unter dem Strich auf den IT-Arbeitsmarkt haben wird. So rechne rund jedes vierte Unternehmen (27%) damit, dass es durch KI Stellen abbauen werde, und 16 Prozent erwarteten, dass aufgrund von KI Stellen verzichtbar würden, welche ohnehin nicht besetzt werden könnten.
- Aber 42 Prozent gingen davon aus, dass KI für einen zusätzlichen Bedarf an IT-Fachkräften im Unternehmen sorgen werde. „KI kann heute in der IT bereits eine Vielzahl von Aufgaben erfüllen, von Support-Anfragen bis hin zur Code-Erstellung. Allerdings wird auch der Bedarf an KI-Spezialistinnen und -Spezialisten steigen, wenn mehr Unternehmen Künstliche Intelligenz einsetzen und in ihre Systeme integrieren wollen“, so Wintergerst.
42 Prozent der Unternehmen erwarteten, dass durch KI neue Berufsbilder in der IT entstünden, 34 Prozent gingen davon aus, dass KI einzelne IT-Berufe und -Berufsbilder ersetzen werde. 35 Prozent gingen davon aus, dass durch KI die Produktivität steige, 20 Prozent, dass sich die Qualität der Arbeitsergebnisse verbessere – und ein Viertel der Unternehmen (24%) erwarte, dass IT-Fachkräfte ohne KI-Wissen künftig nicht mehr nachgefragt würden.
29% der Unternehmen ergreifen keine Maßnahmen gegen IT-Fachkräftemangel
Neben KI setzten die Unternehmen beim Kampf gegen den IT-Fachkräftemangel vor allem auf Weiterbildungsprogramme, um Mitarbeiter für neue Aufgaben zu qualifizieren (31%). 22 Prozent hätten spezielle Programme für den Quereinstieg, 19 Prozent verfügten über Programme, um ältere Beschäftigte länger im Job zu halten.
- 14 Prozent hätten Fördermaßnahmen für Frauen eingeführt und sieben Prozent verfügten über sogenannte Diversitäts- und Inklusionsprogramme. Zwölf Prozent setzten vermehrt auf externe IT-Fachkräfte – und drei von zehn Unternehmen (29%) täten derzeit gar nichts gegen den IT-Fachkräftemangel.
„Die Unternehmen müssen ihre eigenen Anstrengungen bei der Rekrutierung von IT-Fachkräften weiter verstärken. Gerade bei Weiterbildung, Quereinstieg und der Gewinnung von Frauen für IT-Berufe gibt es noch großes Potenzial“, betont Wintergerst.
Geld und fehlende Flexibilität als Hindernisse für Stellenbesetzung
Im Schnitt dauere es 7,7 Monate, eine freie IT-Stelle zu besetzen. Dies sei genauso lang wie noch vor zwei Jahren. Meistens gehe es dabei ums Geld: 63 Prozent sagten, dass sich die Gehaltsvorstellungen der Bewerber nicht mit deren Qualifikation deckten, bei 56 Prozent passten die Gehaltswünsche nicht in das Gehaltsgefüge des Unternehmens.
- Häufig beklagt werde zudem die fehlende Umzugsbereitschaft (44%). Umgekehrt scheitere es aber auch an der fehlenden Flexibilität der Unternehmen: 43 Prozent räumten ein, den Wünschen der Jobsuchenden nach mobilem Arbeiten nicht nachzukommen und 29 Prozent könnten die Anforderungen an flexible Arbeitszeitgestaltung nicht erfüllen.
„Unternehmen können auch auf einem umkämpften Arbeitsmarkt nicht beliebig hohe Gehälter zahlen. Umso mehr sollten sie ihre Arbeitsorganisation überprüfen, um attraktiv für Bewerberinnen und Bewerber zu sein, die sich ihre Stelle aussuchen können“, rät Wintergerst.
25% der Unternehmen erhalten praktisch keine Bewerbungen für IT-StELLEN
Weitere Schwierigkeiten bei der Besetzung von IT-Jobs seien fehlende „Soft-Skills“ der Kandidaten (38%), mangelnde Deutschkenntnisse (35%) oder Fremdsprachenkenntnisse (28%). Während 34 Prozent fachlich unterqualifizierte Bewerber beklagten, sagten umgekehrt drei Prozent, dass sie teils überqualifiziert seien.
- Bei 22 Prozent würden sehr spezifische Anforderungen an die Kenntnis neuester Technologien nicht erfüllt. Zugleich räumten 14 Prozent ein, dass sie nicht jene Weiterbildungen anbieten könnten, die sich die Kandidaten wünschen.
Sieben Prozent träfen Personalentscheidungen zu langsam und fünf Prozent seien einige Bewerber zu alt. Im Übrigen habe jedes vierte Unternehmen (25%) eine ganz grundsätzliche Schwierigkeit bei der Besetzung von IT-Stellen: Es erhalte praktisch keine Bewerbungen.
Quereinstieg fast so wichtig wie das Studium für IT-Jobs
IT-Jobs seien nicht nur Akademikern vorbehalten: Lediglich etwas mehr als ein Viertel (27%) derjenigen, die in den vergangenen zwölf Monaten in einem IT-Beruf eingestellt wurden, habe einen einschlägigen Hochschulabschluss, weitere 37 Prozent hätten eine duale IT-Berufsausbildung wie zum Beispiel der Fachinformatik abgeschlossen.
- Zehn Prozent hätten ein IT- oder IT-nahes Studium abgebrochen und dann den Berufseinstieg ohne Studienabschluss geschafft. Den größten Umweg in die IT nähmen die vielen Quereinsteiger: 27 Prozent der IT-Jobs gingen an diese Gruppe.
36 Prozent der Unternehmen, die Quereinsteiger einstellen, gäben an, dass diese typischerweise eine Berufsausbildung außerhalb der IT mitbrächten, 21 Prozent würden einen Nicht-IT-Hochschulabschluss nennen. 43 Prozent der Unternehmen gäben an, dass Quereinsteiger über berufspraktische IT-Erfahrungen verfügten, 26 Prozent führten IT-Weiterbildungen wie etwa ein „Bootcamp“ und 25 Prozent autodidaktisch erworbenes IT-Know-How an.
US-Politik könnte Chance für Suche nach IT-Fachkräften im Ausland sein
IT-Fachkräfte im Ausland rekrutiert hätten bislang lediglich 14 Prozent der Unternehmen: Fünf Prozent praktizierten dies weiterhin, neun Prozent hätten dies in der Vergangenheit getan, diese Praxis aktuell aber eingestellt. Ein Viertel (24%) wolle sich künftig im Ausland um IT-Fachkräfte bemühen. „Für 60 Prozent war und ist dies allerdings kein Thema.“
- Dabei könne die politische Entwicklung in den USA nach Ansicht der deutschen Unternehmen eine Chance sein, mehr IT-Spezialisten nach Deutschland zu holen. 45 Prozent meinten, durch die Politik von US-Präsident Donald Trump hätten die USA an Anziehungskraft für ausländische IT-Fachkräfte verloren.
21 Prozent sähen die Chance, IT-Fachkräfte aus den USA nach Deutschland zu holen, 27 Prozent meinten, dass es nun leichter sei, IT-Fachkräfte aus Nicht-EU-Ländern nach Deutschland statt in die USA zu „routen“.
Hausaufgaben für die Politik: Arbeitszeit, Einwanderung und „Aktiv-Rente“
Mit Blick auf den Arbeitsmarkt allgemein hielten die Unternehmen drei Ankündigungen aus dem aktuellen Koalitionsvertrag für besonders erfolgversprechend: „Drei Vierteln (74%) würde eine wöchentliche statt einer täglichen Höchstarbeitszeit konkret weiterhelfen, 69 Prozent die Förderung der Fachkräfteeinwanderung und 67 Prozent die ,Aktiv-Rente’, mit der ältere Beschäftigte länger im Arbeitsleben gehalten werden sollen.“
- Erst mit deutlichem Abstand folgten weitere Maßnahmen: Jeweils einem Drittel (33%) würde die Standardisierung von Zertifikaten für Weiterbildungen helfen sowie eine verpflichtende Altersabsicherung für neue Selbstständige.
Ein Viertel (24%) verspreche sich Vorteile von einem Bundestariftreuegesetz. 17 Prozent wünschten sich eine Reform des Statusfeststellungsverfahrens für Selbstständige und neun Prozent würden die Pflicht zur elektronischen Arbeitszeiterfassung nennen.
Bitkom fordert Priorität für Maßnahmen, welche Unternehmen konkreten Nutzen bringen
„Die Politik sollte mit Priorität jene Maßnahmen umsetzen, die den Unternehmen konkreten Nutzen bringen“, folgert Wintergerst. Die Umstellung von der täglichen auf eine wöchentliche Höchstarbeitszeit würde Beschäftigten die flexiblere Gestaltung ihrer Arbeitszeit ermöglichen. Sie fördere auch einen Perspektivwechsel – weg vom Leitbild des Industriearbeitsplatzes aus dem vorigen Jahrhundert und hin zur agilen Arbeitswelt der Zukunft.
- Bei der Fachkräfte-Einwanderung plädiert der Bitkom insbesondere für die Schaffung einer „Work-and-stay-Agentur“ mit einer zentralen IT-Plattform als einheitlicher Anlaufstelle für ausländische Fachkräfte und für eine konsequente Digitalisierung und Zentralisierung aller Prozesse.
Wichtig sei ebenso die „Aktiv-Rente“: „Die ,Aktiv-Rente’ ist ein echter Paradigmenwechsel in der deutschen Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik. Erstmals diskutieren wir ernsthaft darüber, wie wir gut ausgebildete Fachkräfte länger im Berufsleben halten können – und nicht, wie wir sie möglichst früher aus dem Arbeitsmarkt verabschieden.“ Für die Unternehmen verbinde sich damit die Verpflichtung, auch ältere Beschäftigte kontinuierlich weiterzubilden und ihnen auch jenseits des Alters von 66 oder 67 Jahren eine berufliche Perspektive zu bieten.
Weitere Informationen zum Thema:
datensicherheit.de, 13.04.2024
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