Aktuelles, Branche - geschrieben von dp am Sonntag, Mai 11, 2025 0:27 - noch keine Kommentare
Schwachbrüstige digitale Innovationsfähigkeit: Datenschutz als Ausrede
Alain Blaes moniert Missbrauch des Datenschutzes als angebliches Innovationshemmnis
[datensicherheit.de, 11.05.2025] Künstliche Intelligenz (KI) als ein Megatrend stellt wieder einmal den Datenschutz zur Debatte – so steht die Behauptung im Raum, mit unseren strengen Gesetzen sei einfach keine digitale Innovation möglich. Alain Blaes, Geschäftsführer der Münchner PR- und Kommunikationsagentur PR-COM, geht in seiner aktuellen Stellungnahme erörternd auf diese Frage ein:

Foto: PR-COM GmbH
Alain Blaes: Datenschutz sollte nicht als Klotz am Bein betrachtet werden, sondern als Triebfeder für digitale Innovation und Wettbewerbsfähigkeit!
Debatte ist nicht neu: Rufe nach Lockerung des Datenschutzes werden wieder laut
„,Project Stargate’ sorgt in Deutschland und der EU für Nervosität. Wegen der großen KI-Offensive der USA fordern Experten, Branchenvertreter und Politiker eine deutliche Steigerung der KI-Investitionen. Sonst drohe Europa bei dieser Schlüsseltechnologie endgültig den Anschluss zu verlieren.“
Blaes berichtet: „Und auch Rufe nach einer Lockerung des Datenschutzes werden laut – wieder einmal, denn diese Debatte ist nicht neu.“ Sie werde vor allem in Deutschland immer wieder geführt, wenn es darum geht, „Erklärungen für die schwachbrüstige digitale Innovationsfähigkeit unseres Landes zu finden“. Der strenge Datenschutz hemme unsere Innovationskraft, so das Lamento. „Ist da wirklich was dran?“
Blaes führt weiter aus: „Fakt ist: Deutschland und die EU haben ein höheres Datenschutzniveau als die USA und erst recht als China. Bestimmte Geschäftsideen sind dadurch tatsächlich ausgeschlossen. Wenn Daten für einen digitalen Service auf unzulässige Weise erhoben, gespeichert oder verarbeitet werden müssen, ist er von vornherein zum Scheitern verurteilt.“ Dem liege aber eine bewusste Wertentscheidung zugrunde: Die Europäer wollten keine Innovation um jeden Preis. Im Konfliktfall gehe die Privatsphäre der Bürger vor. „Das heißt aber mitnichten, dass deshalb eine digitale Innovationskultur unmöglich ist!“
Indes: Innovatives Estland unterliegt wie Deutschland dem DSGVO-Rechtsrahmen
Ein Blick ins Baltikum liefert laut Blaes den Beweis: „Estland unterliegt genauso wie Deutschland dem Datenschutzrahmen der DSGVO – und ist trotzdem ein Vorreiter bei digitalen Innovationen.“ Dieser Baltenstaat weise eine hohe Start-up-Dichte auf und habe bereits mehrere „Unicorns“ hervorgebracht.
Bolt z.B. mit seinen digitalen Mobilitätsservices komme ebenso aus Estland wie Veriff mit seiner KI-gestützten Identitätsprüfung und Pipedrive mit seiner CRM-Software. Das auf Geldtransfers spezialisierte Fintech Wise habe estnische Wurzeln und Skype sei in Estland mitentwickelt worden. „Was läuft in Estland anders als bei uns? So Einiges!“
Dieses Land habe schon in den späten 1990er-Jahren ein E-Government-System aufgebaut, welches es den Bürgern ermögliche, fast alle Interaktionen mit dem Staat online abzuwickeln. „Damit macht Estland nicht nur seinen Bürgern das Leben leichter, sondern bietet auch einen guten Nährboden für technologische Innovation.“ Die bürokratischen Hürden für Start-ups und Unternehmen seien niedrig und sie hätten einen einfachen Zugang zu digitalen Lösungen, welche sie in ihre Geschäftsmodelle integrieren könnten. „Und sie haben Zugriff auf viele Daten, die von der Regierung öffentlich zur Verfügung gestellt werden, und können diese Daten für die Entwicklung neuer digitaler Services nutzen“, erläutert Blaes.
Esten nutzen Datenschutz sogar als Wettbewerbsvorteil
Für die Esten sei der Datenschutz also keineswegs ein Hemmschuh. „Doch nicht nur das: Sie nutzen ihn sogar als Wettbewerbsvorteil!“ Die digitale staatliche Infrastruktur des Landes enthalte eine moderne e-ID. Damit könnten sich die Bürger online sicher ausweisen, Verträge digital unterschreiben und ihre Steuerangelegenheiten oder Bankgeschäfte online erledigen. Mit „X-Road“ betreibe Estland eine dezentrale Datenplattform für einen sicheren Informationsaustausch zwischen Behörden, Unternehmen und Bürgern.
„Daten werden nicht zentral gespeichert, sondern direkt zwischen autorisierten Stellen ausgetauscht.“ Jeder Datenabruf werde protokolliert und sei für die Bürger einsehbar. Blockchain-Technologie verhindere die Manipulation der Daten. Diese Infrastruktur schaffe Vertrauen bei Bürgern, Unternehmen und internationalen Investoren und produziere dadurch eine attraktive digitale Wirtschaft.
Blaes unterstreicht: „Estland macht vor, wie es geht. Datenschutz sollte nicht als Klotz am Bein betrachtet, sondern als Triebfeder für digitale Innovation und Wettbewerbsfähigkeit genutzt werden!“ Dafür brauche es aber eine entsprechende digitale Infrastruktur. Natürlich falle es einem kleinen Land wie Estland, das zudem nach der Auflösung der Sowjetunion praktisch auf der grünen Wiese habe starten können, leichter, so eine Infrastruktur zu schaffen. „Aber es hilft nichts: Deutschland kommt nicht umhin, für ähnliche Rahmenbedingungen zu sorgen. Dafür müssen wir weiß Gott genug Baustellen bearbeiten. Der Datenschutz gehört nicht dazu.“
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