Aktuelles, Branche - geschrieben von dp am Sonntag, April 22, 2018 23:16 - noch keine Kommentare
Vorratsdatenspeicherung: Verstoß gegen EU-Recht
SpaceNet AG muss keine Verbindungsdaten ihrer Kunden speichern
[datensicherheit.de, 22.04.2018] Die sogenannte anlasslose Vorratsdatenspeicherung sei mit EU-Recht nicht vereinbar, hat das Verwaltungsgericht (VG) Köln am 20. April 2018 zugunsten der SpaceNet AG entschieden (Az. 9 K 3859/16) entschieden. Das Gericht stellte demnach fest, dass die SpaceNet AG keine Verbindungsdaten ihrer Kunden speichern muss.
Grundsatzentscheidung zur Vorratsdatenspeicherung herbeigeführt
Wenige Gesetze sind so umstritten wie das zur Einführung der Speicherpflicht für Verkehrsdaten vom Dezember 2015. Die mit Spannung erwartete Entscheidung gelte zunächst nur für SpaceNet, werde aber über den Einzelfall hinaus richtungsweisend für das gesamte Internet sein.
Geklagt hatte die Münchener SpaceNet AG, einer der ersten Internetprovider Deutschlands, gemeinsam mit eco, dem Verband der Internetwirtschaft, und Prof. Dr. Matthias Bäcker von der Universität Mainz mit dem Ziel, eine Grundsatzentscheidung zur Vorratsdatenspeicherung herbeizuführen.
Jetzt wurde es bestätigt: Die SpaceNet AG ist nicht zur Speicherung der Verbindungs- und Standortdaten ihrer Kunden verpflichtet.
Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster bestätigt
In ihrem aktuellen Urteil vom 20. April 2018 folgten die Kölner Richter im vollen Umfang der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Münster, das bereits am 22. Juni 2017 die SpaceNet AG von der Verpflichtung zur Vorratsdatenspeicherung befreit hatte. Nur wenige Tage später hatte damals die Bundesnetzagentur die Pflicht zur Vorratsdatenspeicherung auch für alle anderen Provider ausgesetzt.
Die Kölner Verwaltungsrichter haben entschieden, dass eine nationale gesetzliche Regelung, die eine massenhafte Speicherung von Daten verlangt, ohne diese in konkreten Zusammenhang zur Verbrechensbekämpfung zu setzen, europarechtlich unzulässig sei.
Schon im Dezember 2016 hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) zur schwedischen und englischen Vorratsdatenspeicherung geurteilt, dass die Speicherung personenbezogener Daten eine Ausnahme bleiben und auf das absolut Notwendige beschränkt werden müsse.
Den bisherigen, umstrittenen gesetzlichen Regelungen zufolge hätten Internetprovider, Mobilfunk- und Kommunikationsunternehmen alle Standortdaten vier Wochen sowie alle Verbindungsdaten ihrer Kunden zehn Wochen lang speichern und diese an Polizei, Staatsanwaltschaft und Nachrichtendienste auf Verlangen übergeben müssen.
Dagegen hatte die SpaceNet AG, unterstützt von eco, dem Verband der Internetwirtschaft, bereits im April 2016 vor dem Verwaltungsgericht Köln geklagt.
Gegen das aktuelle Urteil des VG Köln könne Berufung eingelegt werden, die Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig sei zugelassen.
Vorratsdatenspeicherung könnte zwar Bürger ausspähen, aber sicher keine Terroristen fangen helfen
„Es ist meine feste Überzeugung, dass die Vorratsdatenspeicherung mit rechtsstaatlichen Standards nicht vereinbar ist“, so Prof. Dr. Matthias Bäcker, Universitätsprofessor für Öffentliches Recht und Verfasser der Klageschrift.
„Es ist schön zu sehen, dass wir Erfolg mit unserer Klage haben und zeigt, unsere Hartnäckigkeit ist berechtigt. Das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung verpflichtet uns, alle Verbindungsdaten unserer Kunden zu speichern und gegebenenfalls Polizei, Staatsanwaltschaft oder Nachrichtendiensten darüber Auskunft zu geben. Diesem Vertrauensbruch hätten wir niemals freiwillig zugestimmt. Bei massiven Eingriffen in bürgerliche Grundrechte, vor allem im Digitalen, waren wir schon immer wachsam und haben eindeutig Stellung bezogen. Daher freuen wir uns sehr über das Urteil“, kommentierte Sebastian von Bomhard, Vorstand der SpaceNet AG. Mit der Vorratsdatenspeicherung könne man zwar Bürger ausspähen, aber sicher keine Terroristen fangen.
„Wir freuen uns über den Ausgang des Verfahrens und über das heutige Urteil, das ein so wichtiges Signal an die gesamte Internetbranche sendet. Wir sehen unsere grundsätzlichen Bedenken, hinsichtlich der Wiedereinführung der VDS, damit bestätigt. Die Bundesregierung muss jetzt umgehend reagieren und diese kostspielige Odyssee für die Unternehmen endlich beenden. Wir brauchen endlich Rechts- und Planungssicherheit“, forderte Oliver Süme, eco-Vorstandsvorsitzender.
Weitere Informationen zum Thema:
datensicherheiit.de, 29.06.2017
Vorratsdatenspeicherung: Nicht nur Aussetzen, sondern aufheben
datensicherheit.de, 22.06.2016
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