Aktuelles, Experten - geschrieben von am Donnerstag, August 7, 2025 8:31 - noch keine Kommentare

Bürger unter Generalverdacht: DAV kritisiert überbordende Befugnisse

Deutscher Anwaltverein (DAV) nimmt Stellung zum „Sicherheitspaket“ des Bundesinnenministeriums – Einsatz biometrischer Gesichtskontrolle und umstrittener Datenanalyse geplant

[datensicherheit.de, 07.08.2025] Der Deutsche Anwaltverein e.V. (DAV) hat in seiner Stellungnahme vom 6. August 2025 die Überwachungspläne des Bundesinnenministeriums (BMI) kritisiert: Im Rahmen eines neuen „Sicherheitspakets“ beabsichtigt Bundesinnenminister Dobrindt demnach Software für biometrische Gesichtserkennung und das umstrittene Datenanalyseprogramm „Gotham“ von Palantir für die Polizei verfügbar machen. Der DAV warnt eindringlich davor, Bürger unter Generalverdacht zu stellen.

DAV-Kritik: Überwachungskameras erfassen nicht nur gesuchte Personen

„Biometrische Gesichtserkennung ist ein schwerer Eingriff in das Recht auf Informationelle Selbstbestimmung“, betont die Vorsitzende des DAV-Ausschusses „Recht der Inneren Sicherheit“, Rechtsanwältin Lea Voigt. Die Kameras würden eben nicht nur gesuchte Personen erfassen, sondern alle, die den Aufnahmebereich betreten.

  • „Wir haben schon in der Vergangenheit vor solchen Maßnahmen gewarnt. Mit ihnen wird die Möglichkeit, sich anonym im Öffentlichen Raum zu bewegen, in Frage gestellt – und zwar für alle Bürgerinnen und Bürger“, so Voigt.

Gesichtserkennung werde bereits in einigen Bundesländern wie Sachsen verwendet. Mangels Statistiken zum Erfolg der Technik sei der tatsächliche Nutzen jedoch kaum zu beurteilen.

„Gotham“ – DAV sieht erhebliche grundrechtliche Problematik

Bedenken artikuliert Voigt auch beim geplanten Einsatz der Analysesoftware „Gotham“ des Anbieters Palantir: „Mit den Daten, die Palantir erfasst, könnten ‚auf Knopfdruck‘ Persönlichkeitsprofile von Bürgerinnen und Bürger erstellt werden.“

  • Dies berge erhebliche grundrechtliche Problematiken. „Noch dazu ist die Funktionsweise der Algorithmen völlig intransparent“, moniert Voigt. Es sei kaum nachvollziehbar, auf welchen Wegen die gigantischen Datenmengen miteinander verknüpft würden.

„Immer neue Überwachungsmaßnahmen unter dem Label der ‚Sicherheit‘ zu bewerben, macht sie nicht zu sinnvollen und verhältnismäßigen Instrumenten im Rechtsstaat“, betont Voigt. Sie gibt abschließend zu bedenken, dass viele Maßnahmen sich kaum rückgängig machen ließen. Es bedürfe daher einer sorgfältigen Abwägung, „bevor Befugnisse immer weiter ausgeweitet werden“.

Weitere Informationen zum Thema:

DeutscherAnwaltVerein
Anwalt der Anwälte / Interes­sen­ver­treter der deutschen Anwalt­schaft

Deutscher AnwaltVerlag, Mark A. Zöller & Robert Esser & Lea Voigt & Oliver H. Gerson & Tanja Niedernhuber (Hrsg.), 2023
Sicherheitsgesetzgebung und Überwachungsgesamtrechnung

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