Aktuelles, Experten - geschrieben von am Samstag, September 1, 2018 14:48 - noch keine Kommentare

Vorratsdatenspeicherung: Bundesverfassungsgericht soll Einfluss auf EuGH nehmen

Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung kritisiert Ansinnen der Bundesregierung

 [datensicherheit.de, 01.09.2018] Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung hat am 31. August 2018 gefordert, den Stopp der flächendeckenden Vorratsdatenspeicherung nicht zu verzögern. Nach dem Willen der Bundesregierung solle das Bundesverfassungsgericht den Europäischen Gerichtshof zu einer Änderung seiner Rechtsprechung zur Vorratsdatenspeicherung bewegen – dies gehe aus einer Stellungnahme zu Verfassungsbeschwerden gegen das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung hervor, welche unter anderem vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung und Digitalcourage initiiert wurden.

Urteile des EuGH eindeutig

„Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mehrfach Gesetze zur Vorratsdatenspeicherung von Telefon- und Internetaktivitäten für grundrechtswidrig erklärt, weil sie flächendeckend und wahllos auch Bürger erfassten, die in keiner auch nur entfernten Verbindung zu irgend einer Straftat oder Gefahr stehen. Genau deshalb ist auch das deutsche Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung grundrechtswidrig und von Gerichten bereits außer Kraft gesetzt worden“, erläutert Werner Hülsmann vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung.
Da die Urteile des EuGH eindeutig seien, bestehe kein Anlass, „die Entscheidung über unsere Verfassungsbeschwerde durch erneute Befassung des EuGH zu verzögern“. Schon gar nicht seien dem EuGH so suggestive und verharmlosende Fragen vorzulegen wie von der Bundesregierung vorgeschlagen.

Vorratsdatenspeicherung völlig ungeeignet zum Schutz von Kindern

Hülsmann: „Fakt ist: Nach dem deutschen Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung sollen Kontakte, Bewegungen und Internetverbindungen der gesamten Bevölkerung aufgezeichnet werden – ein nie dagewesener Anschlag auf unsere Privatsphäre und Kommunikationsfreiheit.“
Die Bürgerrechtler treten nach eigenen Angaben auch der Kampagne des Bundeskriminalamts entgegen, eine Vorratsdatenspeicherung sei zur Verfolgung von „Kinderpornografie“ nötig: „Wie vierzehn Personen aus Zivilgesellschaft, Netzgemeinde, Journalismus, Recht und Wissenschaft schon vor Jahren in einem Offenen Brief auseinandergesetzt haben, ist eine Vorratsdatenspeicherung völlig ungeeignet zum Schutz von Kindern. Umgekehrt gilt, dass anonyme Kommunikation Kinder schützt, indem sie anonyme Beratung, Selbsthilfe und Anzeigen ermöglicht.“

Verdachtsunabhängige, wahllose Vorratsspeicherung höchst schädlich

Aus Sicht der im Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung zusammengeschlossenen Datenschützer, Bürgerrechtler und Internetnutzer sei eine „verdachtsunabhängige und wahllose Vorratsspeicherung von Telekommunikationsdaten für viele Bereiche der Gesellschaft höchst schädlich“: Sie beeinträchtige vertrauliche Kommunikation in Bereichen, in denen Menschen auf Vertraulichkeit angewiesen sind (z.B. Kontakte zu Psychotherapeuten, Ärzten, Rechtsanwälten, Betriebsräten, Eheberatern, Kinderwunschzentren, Drogenmissbrauchsberatern und sonstigen Beratungsstellen) und gefährde damit die körperliche und psychische Gesundheit von Menschen, die Hilfe benötigen, aber auch der Menschen aus ihrem Umfeld.
Wenn Journalisten Informationen elektronisch nur noch über rückverfolgbare Kanäle entgegen nehmen können, gefährde dies die Pressefreiheit und beeinträchtige damit elementare Funktionsbedingungen einer freiheitlichen demokratischen Gesellschaft.
Die verdachtsunabhängige und wahllose Vorratsdatenspeicherung schaffe „Risiken des Missbrauchs und des Verlusts vertraulicher Informationen über unsere persönlichen Kontakte, Bewegungen und Interessen“.
Telekommunikationsdaten seien außerdem besonders anfällig dafür, von Geheimdiensten ausgespäht zu werden und Unschuldige ungerechtfertigt strafrechtlichen Ermittlungen auszusetzen.

Weitere Informationen zum Thema:

Deutschlandfunk, 31.08.2018
Überwachung / Regierung will Vorratsdatenspeicherung vom EuGH prüfen lassen

Daten-Speicherung.de – minimum data, maximum privacy
Intelligente Strategien für ein sicheres Netz – IP-Vorratsdatenspeicherung stoppen!

datensicherheit.de, 22.04.2018
Vorratsdatenspeicherung: Verstoß gegen EU-Recht

datensicherheiit.de, 29.06.2017
Vorratsdatenspeicherung: Nicht nur Aussetzen, sondern aufheben

datensicherheit.de, 22.06.2016
Europäischer Gerichtshof: Urteil gegen anlasslose Vorratsdatenspeicherung



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